Wer sich auch nur ein wenig mit dem Thema Wirtschaft beschäftigt, kann sich schnell des Eindrucks nicht erwehren, dass heute ohne „Management“ nichts mehr geht. Doch was macht ManagerInnen aus? Wozu sind sie eigentlich da? Und wie wird man selbst Teil des illustren Kreises der „MacherInnen“? Antworten darauf gibt Markus Kittler, Management-Experte am MCI.
Herr Kittler, wozu braucht es Management?
Dazu müssten wir uns zuerst überlegen, was wir mit Management eigentlich meinen. Meinen wir die „da oben“, also eine höhere Hierarchieebene, dann sehen wir das Management als eine Art Kollektiv, das ein Unternehmen steuert. Hier werden Entscheidungen über den Einsatz von Ressourcen getroffen. Diese Ressourcen sind oft knapp und müssen daher klug eingesetzt und kombiniert werden. Das Management übernimmt diese wichtige Rolle.
Wir können Management auch auf der individuellen Ebene festmachen. Bereits im eigenen Leben geht es um den Einsatz knapper Ressourcen. Wie oft versuchen wir, möglichst viel in den Tag zu packen und kommen dabei unter Druck. Wir „managen“ dann, indem wir Abläufe überdenken, um die knappe Ressource Zeit möglichst geschickt zu nutzen. Wenn wir im Unternehmen Leitungsfunktionen übernehmen, dann dehnen wir diese Steuerung auf Dritte aus. Management können wir dann als typische Handlungsmuster von Führungskräften verstehen. Management wäre aus dieser Sicht einfach das, was Führungskräfte tun.
Was sind die grundlegenden Aufgaben von ManagerInnen?
Aus meiner Sicht fassen die Begriffe „Koordination“ und „Entscheiden“ die Summe grundlegender Aufgaben recht gut zusammen. ManagerInnen koordinieren Aktivitäten im Unternehmen, beispielsweise das Zusammenwirken mehrerer Menschen im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel. Oft fallen dazu Worte wie Planen, Organisieren und Kontrollieren, aber auch Begriffe wie Leitung und Delegation. Wollen wir spezifischer werden, dann merken wir, dass die Aufgaben sehr stark vom jeweiligen Kontext abhängen und sich ständig verändern. ManagerInnen müssen permanent neue Situationen einschätzen, Entscheidungen treffen und auf deren Umsetzung achten. Je nach Führungsebene besteht unterschiedlich große Autonomie und somit auch unterschiedliche Tragweite bezüglich der Entscheidungen, die zu treffen sind.
Wie treffen ManagerInnen Entscheidungen?
Die Wissenschaft setzt sich schon sehr lange damit auseinander, wie Menschen Entscheidungen treffen. Die wissenschaftliche Diskussion ist disziplinübergreifend und entwickelt sich ständig weiter. Stark vereinfacht können wir argumentieren, dass Entscheiden unterschiedliche mentale Prozesse beanspruchen kann und bei der Entscheidungsfindung sowohl Rationalität als auch Intuition eine Rolle spielen können. Wenn beispielsweise wenig Zeit bleibt, um eine Entscheidung zu treffen – und ein solcher Handlungsdruck ist im Alltag von ManagerInnen nicht untypisch - dann ermöglicht es Intuition, sich schneller zwischen unterschiedlichen Optionen zu entscheiden. Diese beschleunigte Urteilsfindung ist dann zunächst effizienter, kann aber auch zu Fehlentscheidungen führen.
Worauf müssen oder sollten sie dabei achten?
Entscheidungen haben immer Konsequenzen. Je wichtiger die Entscheidungssituation, desto informierter sollte auch die Entscheidungsfindung erfolgen. Aber sowohl bei stärker analytisch fundierteren als auch bei mehr intuitiv getroffenen Entscheidungen kann es letztlich zu Fehlern kommen. Die Erklärungen dazu sind vielschichtig. Meine Doktorandin Rosa Paulina López Pérez untersucht zum Beispiel derzeit in ihrer Doktorarbeit, wie Fehler bei intuitiven Entscheidungen von Führungskräften entstehen und welche Konsequenzen aus solchen „intuitive misses“ resultieren können.
Was sind klassische Fehler im Management?
Das lässt sich nicht wirklich übergreifend beantworten. Aber ich kann hier eine Kategorisierung anbieten: Fehler erster und Fehler zweiter Art. Stellen wir uns dazu die Frage vor, ob Mitarbeitende zur Ausführung einer bestimmten Tätigkeit geeignet sind. Ist die Person nicht geeignet und ich teile ihr die Tätigkeit trotzdem zu, dann ist das ein Fehler der zweiten Art. Ich entscheide mich hier für die falsche Person. Ich kann mich aber auch gegen die richtige Person entscheiden. Das wäre ein Fehler erster Art. Wenn wir in Unternehmen Fehler als Gelegenheit begreifen, daraus zu lernen und künftige Entscheidungen besser zu treffen, dann spielt die Art der Fehler eine Rolle. Aus meinem Beispiel wird klar, dass mir Fehlertyp II spätestens dann auffällt, wenn Leistung ausbleibt oder Probleme auftreten. Ich erkenne, dass meine Entscheidung falsch war und kann für künftige Entscheidungen lernen. Die Entscheidung gegen die richtige Person wird mir im Nachhinein oft kaum als Fehler bewusst. Sind mir Fehler nicht bewusst, dann lerne ich auch nicht.
"Aktuell tun sich viele Unternehmen eher schwer dabei, Führungspositionen gut zu besetzen."
Markus Kittler
Wie lernt man Management?
Eigene Erfahrungen in der Praxis und die Möglichkeit, aus eigenen Erfolgen und auch aus Fehlern lernen zu können, sind sicher wichtige Faktoren. In Kombination mit einem Studium oder gezielten Weiterbildungsmaßnahmen lassen sich managementrelevante Kompetenzen noch systematischer entwickeln. Auch Wissen spielt nach wie vor eine wichtige Rolle. ManagerInnen müssen nicht nur Entscheidungen treffen können, sondern auch verstehen, welche Fragen für die Entscheidungsfindung relevant sind und welche Lösungswege es gibt. Nehmen wir die Frage ob ein Team angemessene Leistung bringt. Falls nicht: Warum? Wo kann ich als Führungskraft einwirken. Hier wäre ein möglicher Denkansatz, dass Leistung als Produkt von Leistungsbereitschaft, Leistungsfähigkeit und Leistungsmöglichkeit erklärt werden kann. Das sollte ich wissen. Die Kenntnis dieses Konzepts gibt ManagerInnen dann drei Hebel, um anzusetzen.
Kann Jede/r ManagerIn werden?
Diese Frage kann ich gleich mit den drei Faktoren Bereitschaft, Fähigkeit und Möglichkeit überlegen. Gibt es ausreichend Möglichkeiten für ManagerInnen? Auf jeden Fall. Unternehmen benötigen auf unterschiedlichsten Ebenen Menschen, die nach Autonomie und Verantwortung streben und Entscheidungen treffen wollen. Aktuell tun sich viele Unternehmen eher schwer dabei, Führungspositionen gut zu besetzen. Ist jeder „bereit“ für Managementaufgaben? Hier bin ich eher skeptisch. Wir beobachten derzeit, dass die Lust auf Führungsaufgaben abgenommen hat. Die Erklärungen sind vielschichtig. Oft fühlen sich vor allem junge Menschen nicht ausreichend befähigt, was deren Bereitschaft weiter senkt. Das wäre dann aber mit der Frage nach Kompetenz verknüpft. Hier bin ich überzeugt, dass fast jeder seine Befähigung für Managementaufgaben weiterentwickeln kann, sofern auch die Bereitschaft da ist.
Zur Person:
Markus Kittler ist seit 2017 Professor am Department für Management & Recht am MCI in Innsbruck. Neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit leitet er den Zertifikatslehrgang Personalmanagement und das englischsprachige „PhD Program for Executives“.