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Peter Pfötscher im Interview

Tradition und Moderne

Peter Pfötscher ist gelernter Goldschmied und hat mehr als 50 Jahre seine eigene Goldschmiedewerkstatt in Innsbruck geleitet.
Peter Pfötscher im Interview

Tradition und Moderne

Peter Pfötscher ist gelernter Goldschmied und hat mehr als 50 Jahre seine eigene Goldschmiedewerkstatt in Innsbruck geleitet.

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Handwerksberufe gehören seit jeher zu Tirol. Viele der Branchen plagen heute allerdings Nachwuchssorgen. Peter Pfötscher, Innungsmeister der Goldschmiede, erklärt, warum sich eine Ausbildung in einem traditionellen Handwerk heute mehr lohnt, denn je, und was man dazu mitbringen muss.

Warum sollte man heute Zeit und Energie in eine Ausbildung in einem alten Handwerk investieren?

Aus einem einfachen Grund: Weil jedes traditionelle Handwerk seit Jahrhunderten gewachsen ist, bereits viele Veränderungen durchgemacht hat und nicht nur sprichwörtlich goldenen Boden hat. Das zeigt sich gerade heute wieder. Immer mehr Menschen studieren, arbeiten in Bürojobs und sind bei Weitem nicht immer zufrieden dabei. Handwerker haben oft – zumindest aus meiner Erfahrung – ein sehr erfülltes Leben, in dem sie Dinge schaffen und etwas kreieren. Und die Bezahlung ist schon lange kein Argument mehr. Im Handwerk kann man durchaus mehr verdienen als so mancher Akademiker oder so manche Akademikerin.

Droht nicht gerade in solchen Berufen die Gefahr, von Technologie verdrängt zu werden?

Ganz im Gegenteil! Altes Handwerk wird durch moderne Technologie massiv unterstützt. Die neuen Methoden und Möglichkeiten bieten enorm viel Raum, sich zu entfalten und sich auf die Bereiche, Techniken und Kundenwünsche zu konzentrieren, wo es das eigene Können braucht. Zumindest in meinem Bereich ginge heute ohne Technologisierung und Digitalisierung nahezu nichts mehr. Ich habe schon sehr früh angefangen, erst digitales Zeichnen und später 3D-Druck in meine Arbeitsprozesse zu integrieren. Und das hat mich nicht nur wettbewerbsfähig gehalten, sondern mir auch die Zeit gegeben, mich auf Techniken zu besinnen, für die mir sonst einfach die Zeit gefehlt hätte.

Also hat Handwerk Zukunft?

Ja, ganz eindeutig: Ich würde sogar weiter gehen und sagen, dass Handwerk Zukunft IST. In unseren Branchen gehen die neuen Technologien und Möglichkeiten auf und dort werden sie zu wirtschaftlichen Faktoren. Und es zeichnet sich auch ein Umdenken bei der Jugend ab. Das hat vielleicht auch ein wenig mit der immer sichtbarer werdenden Automatisierung und KI zu tun: Der schon erwähnte Bürojob wird einfacher zu automatisieren sein als das Handwerk eines Zimmerers oder Goldschmieds. Die Hände, um ein echtes, individuelles Unikat anzufertigen wird es immer brauchen. Das heißt natürlich nicht, dass wir um die Technologie herumkommen. Im Gegenteil. Aber gute Handwerker haben seit jeher das neueste Werkzeug benutzt. Ersetzt worden sind sie davon noch nie.

Ist der Markt in vielen Bereichen nicht gesättigt?

Da erleben wir gerade ein bisschen eine Umkehr. Meine ganzen Kollegen haben mehr als genug zu tun, während der Handel mit der berüchtigten Massenware, die in den 90ern und frühen 2000ern den Markt dominiert hat, stagniert. Der Geschmack der Kunden und Kundinnen hat sich geändert. Massenproduziertes findet natürlich noch seinen Absatz – und das ist auch vollkommen in Ordnung so. Zugleich hat aber wohl auch gerade dieses bereite Angebot dazu geführt, dass individuelle Stücke wieder hoch im Kurs stehen, noch mehr, wenn sie lokal und nachhaltig gefertigt sind. Und da kommt auch wieder die Technologie ins Spiel: Wer sich damit auseinandersetzt, am Ball bleibt und sich auskennt, kann mit ihrer Hilfe heute wieder wunderbares Handwerk zu einem Preis anbieten, der leistbar ist.

Riskiert man mit einer Ausbildung in einem Nischenberuf, sich in eine Sackgasse zu manövrieren?

Ich glaube, die breit gefächerten Fähigkeiten, die man sich im Handwerk aneignet, sind ein perfektes Fundament, von dem aus man sich weiterentwickeln kann. Ich denke da natürlich im ersten Schritt an meine eigene Profession: Ich habe es mit Physik, Chemie ebenso zu tun, wie mit manuellem Geschick, aber auch mit kaufmännischen und sozialen Aspekten zu tun. Dazu kommt einfach eine generelle Haltung zum Thema Arbeit, die in allen Bereichen wichtig ist.  Ich erinnere mich, dieselbe Frage gestellt bekommen zu haben, als ich 1972 meine Lehre begonnen habe. Und die Sorge war damals so unbegründet, wie sie es heute ist.

Welche Voraussetzungen muss man für Handwerksberufe mitbringen?

Am wichtigsten ist die Liebe zur Selbstwirksamkeit. Man muss etwas tun, schaffen, gestalten und kreieren wollen. Man braucht Interesse und Enthusiasmus. Wer etwas lernen will, kann das auch. Und das kann auch jeder bis zu einem vernünftigen Maß. Talent hilft natürlich und ist nötig, wenn man wirklich herausragend sein will. Grundvoraussetzung ist es aber nicht. Und natürlich muss man sich ein wenig Selbstvertrauen erarbeiten. Aber das bedeutet nicht, dass man sich als Handwerker zwangsläufig selbstvermarkten muss. Gute Arbeit spricht für sich, auch ohne dass man sie an die große Glocke hängt. Das hat ein gutes Werk oft gar nicht nötig.

Und was braucht es, damit altes Handwerk bestehen kann?

Es gibt gewisse Branchen, die unter Nachwuchsmangel leiden. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Betriebe müssen schließen, weil niemand da ist, an den oder die das Wissen weitergegeben werden kann. Und de Nachwuchs hat Angst, sich für einen Bereich zu entscheiden, in dem Betriebe zusperren müssen. Ansonsten braucht es nicht viel. Offenheit für Neues, den Willen, Altes zu lernen und damit neue Wege zu gehen. Und natürlich Vertrauen darin, dass man einen Weg findet.

Was würden Sie jemandem empfehlen, der sich für einen klassischen Handwerksberuf interessiert?

Im Handwerk sind die Innungen der wichtigste Ansprechpartner. Wenn man sich für einen Beruf interessiert, sollte man sich an den Innungsmeister wenden und das Gespräch suchen. Dort bekommt man wertvolle Informationen und kann sich schlaumachen. Oder man kennt bereits jemanden, der in der Branche arbeitet. In unseren Berufen geht es vor allem um das Tun und Machen. Und das lernt man nur kennen, wenn man tut und macht.

Zur Person:

Peter Pfötscher ist gelernter Goldschmied und hat mehr als 50 Jahre seine eigene Goldschmiedewerkstatt in Innsbruck geleitet. Zudem war er lange an der Berufsschule in Hall tätig. Mittlerweile ist er im Halbruhestand, engagiert sich aber weiterhin als Innungsmeister und tritt auch bei der kommenden Wahl wieder an.

07. Mai 2025 | AutorIn: Daniel Feichtner | Foto: Franz Oss