… oder wie man das System Benko am Beispiel Kaufhaus Tyrol besser verstehen lernt.
Groß war der Stolz, als das neue Kaufhaus Tyrol 2010 eröffnete, und das völlig zu Recht. Denn damit war René Benko wirklich etwas Großartiges gelungen, und auch Innsbruck ist immer noch stolz auf sein ebenso modernes wie zeitloses Innenstadt-Shoppingcenter.
Die Baukosten damals wurden mit rund 155 Millionen Euro angegeben, dem gegenüber standen jährliche Mieteinnahmen von geschätzten 12,5 Millionen Euro. Eine solide Kalkulation, nach der die Baukosten heute – 13 Jahre später – mehr als gedeckt wären.
Die Eigentümerschaft des Kaufhaus Tyrol selbst ist, wie bei Benko anscheinend üblich, nicht ganz leicht zu durchschauen. Am Ende gehört das Kaufhaus Tyrol jedenfalls fast zur Gänze der Signa Prime Selection AG, die sich wiederum auf elf Aktionäre mit unterschiedlichen Beteiligungshöhen aufteilt. Deutlich mehr als die Hälfte dieser AG gehört sechs Signa-Firmen (19,93 % übrigens der jetzt insolventen Signa Holding), der Rest teilt sich auf Investoren wie Kühne oder Peugeot auf.
So weit alles gut, oder? Na ja. Im Frühjahr 2015 musste das Kaufhaus Tyrol laut Grundbuchsauszug als Pfandgeber für die Bayerische Versorgungskammer, die zahlreiche deutsche Vorsorge- und Pensionskassen verwaltet, herhalten. Die lange Liste umfasst unter anderem die „Bayerische Ärzteversorgung“, die „Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen“ oder auch die „Versorgungsanstalt der Kaminkehrergesellen mit Pensionskasse des Schornsteinfegerhandwerks“. Die Höhe des Pfandrechts, das damals eingetragen wurde, hat es in sich: 180 Millionen Euro. Oder anders formuliert: Diese Vorsorge- und Pensionskassen verwenden das Kaufhaus Tyrol als Sicherheit für eine Summe von bis zu 180 Millionen Euro. Oder nochmals anders formuliert: Würde das Kaufhaus Tyrol verkauft werden, müsste man zuerst die aktuell offene Summe bei den Deutschen bedienen, bevor die Eigentümer zum Zug kämen. Es scheint, als hätte man hier dringend eine Sicherheit für ein anderes Geschäft gebraucht und das Kaufhaus Tyrol als solche angeboten.
Wenn wir von einer Erfolgsstory sprechen, ist es zumindest verwunderlich, dass man schon 2015 zu solchen Verknüpfungen greifen musste. Warum muss bei der Signa alles so kompliziert, verschachtelt und undurchschaubar ablaufen? Weil alles so großartig ist, wie immer kommuniziert wurde? Oder weil man schon vor vielen Jahren jonglieren und kreativ werden musste, damit sich dieses riesige Rad der Undurchschaubarkeiten weiterdrehen konnte?
Angesichts solcher Konstellationen bleibt jedenfalls die Frage, ob Investoren und Banken ihre Geschäfte mit der Signa ausreichend geprüft haben, bevor sie diese mit derart viel Kapital ausstatteten, was schlussendlich zur größten Pleite Österreichs führte. Auch der Rolle der Aufsichtsräte, allen voran jener unseres Ex-Kanzlers Alfred Gusenbauer, wird man mehr Beachtung schenken müssen. Was die fürstlich entlohnten Herren genau getan haben, ist nicht bekannt. Ihrer Rolle als Aufsichtsrat nachzukommen, war es offensichtlich nicht.
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