Das Einzige, was man am vergangenen Kitzbühel-Wochenende öfter hören durfte, als die Universalrede unseres Landeshauptmanns, waren Witzchen über die Inhaftierung von René Benko. „Ich habe die Karten spontan von René abgekauft“, war dabei wohl der beliebteste Gag, der stets zu Diskussionen über die aktuellen Entwicklungen überleitete. Auch über Benkos sehr späten Einstieg in den Dry January wurde gewitzelt.
Während es so scheint, als habe die breite Masse recht viele Gemeinheiten zu diesem Thema parat und vergönne es dem gefallenen Immobilienhelden förmlich, dass er seine Riesenvilla gegen eine staatliche Einzimmerwohnung tauschen musste, war die Unternehmerschaft sehr gespalten.
Schadenfreude ist hier wahrlich fehl am Platz.
Jahrelang hat die Öffentlichkeit Benko verehrt und die Geschäftswelt sich sogar angebiedert. Und noch heute attestiert man ihm nicht ausschließlich kriminelle Energie, sondern auch eine Form von Genialität. Einzig seine Fähigkeit zur Selbsteinschätzung wird allgemein angezweifelt. Man darf davon ausgehen, dass sich Benko quasi keiner Schuld bewusst ist und bis zum Schluss daran glaubte, geschäftlich zu überleben. Wie sonst könnte es sein, dass er nicht schon längst geflohen ist, um genau diese Situation zu vermeiden? Mit ein, zwei Milliarden im Gepäck hätten ihn viele Länder dieser Welt dankbar aufgenommen, ihm eine neue Heimat geboten und ihn sicherlich nicht ausgeliefert: ganz Südamerika vermutlich, einige Steuerschon-Eilande sowieso und vielleicht sogar eine Trump-geführte USA.
Personen, die Benko in den letzten Monaten live erleben durften, berichten durchwegs davon, dass ein gewisser Realitätsverlust erkennbar gewesen sei. Er soll viel von neuen Ideen in der Zukunft gesprochen haben und sehr wenig von Problemen aus der Vergangenheit. Umso überraschender dürfte die Inhaftierung für ihn selbst eingetreten sein, wenngleich sie für einen großen Teil der Bevölkerung erwartbar war oder gar viel zu spät stattgefunden hat.
Die wenigen Bewunderer, die sich noch öffentlich zu Benko bekennen, fassen das Dilemma so zusammen: Er ist und bleibt ein genialer Immobilien-Entwickler, der allerdings vor krimineller Energie nur so sprüht, ohne dies aber selbst zu merken. Die Pleite hat nicht nur die Immobilienkrise verursacht, sondern seine sehr unerfolgreichen und teuren Ausflüge in die Welt des Handels (Karstadt, Kaufhof, Kika, Signa Sports, …). Letztendlich haben ihm die Pleiten in Deutschland und Österreich, die stets mit Arbeitsplatzverlusten einhergingen, die Bewunderung in der breiten Bevölkerung gekostet. Wäre Benko bei den Immobilien geblieben, wäre er vielleicht gestrauchelt, hätte wirtschaftlich aber vermutlich überlebt und die Öffentlichkeit würde ihm immer noch die Füße küssen, sind sich Immo-Insider sicher.