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Johannes Anzengruber

Nebelgranate der Woche

Die Politik betritt juristisches Neuland und rechtfertigt dies mit der Wohnungsnot in Innsbruck.
Johannes Anzengruber

Nebelgranate der Woche

Die Politik betritt juristisches Neuland und rechtfertigt dies mit der Wohnungsnot in Innsbruck.

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Gestern verhängte der Innsbrucker Gemeinderat eine Bausperre über 23 Großflächen in Innsbruck, um aus diesen anschließend Vorbehaltsflächen für den sozialen Wohnbau werden zu lassen. Die von der Stadtregierung geplanten Widmungsänderungen haben jedenfalls das Potenzial, verfassungsrechtliche Grenzen zu überschreiten. Die Politik betritt damit juristisches Neuland und rechtfertigt dies mit der Wohnungsnot in Innsbruck. Faktisch kommt diese Maßnahme einer Enteignung sehr nahe. Wenig verwunderlich also, dass Grüne und SPÖ diese Maßnahme befürworten, letztendlich aber doch überraschend, dass der vermeintlich bürgerliche Bürgermeister Johannes Anzengruber dieses Vorhaben forciert und ihm auch nichts Ungewöhnliches abgewinnen kann.

Konkret geht es derzeit um 23 Baulandflächen, die jeweils größer sind als 2.500 Quadratmeter. Vor teilweise Jahrzehnten sind diese Flächen entstanden, indem sie recht einfach von Freiland in Bauland umgewidmet werden konnten. Viele EigentümerInnen, die meisten davon mit bäuerlichem Hintergrund, sahen dennoch keinen Anlass, die Flächen zu bebauen, und nutzten sie weiter im bäuerlichen Sinne oder eben als Freiland. Aus heutiger Sicht kann man von einem Fehler sprechen, der damals passiert ist.  

Man hätte die Umwidmung an Bedingungen knüpfen und nicht ohne Not Reichtum verbreiten müssen.

Nichtsdestoweniger berechtigt dieser Umstand nicht dazu, in eine jahrzehntelang aufrechte Umwidmung im Nachhinein einzugreifen. Dem oder der privaten EigentümerIn darf aus einem Fehler aus der Vergangenheit, den nicht er begangen hat, auf keinen Fall ein Nachteil erwachsen Das bringt das Vertrauen in Rechtssicherheit und in die öffentliche Hand mehr als in Wanken.

Die Mitte-links-Koalition oder Links-sehr-links-Koalition, wie sie seit gestern auch gerne genannt wird, hat den Beschluss trotzdem durchgezogen – unter dem Deckmantel, dass alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden und Innsbruck dringend günstigen Wohnraum braucht. Zumindest die erste Behauptung stimmt schlichtweg nicht. Tatsächlich gibt es in Innsbruck nämlich zahlreiche Flächen, auf denen Hunderte Wohnungen entstehen könnten. Auf dem Campagne-Areal in der Reichenau sind erst 300 von 1.100 geplanten Wohneinheiten umgesetzt. In Pradl neben dem Tivoli sollen fast 800 neue Einheiten entstehen, im Entwicklungsgebiet Kranebitten könnte die Stadt Flächen widmen, die Platz für über 1.000 Wohnungen bieten würden – um nur einige andere Optionen zu nennen.

Es hat also fast den Anschein, als handle es sich beim gestrigen Beschluss um eine Nebelgranate, um von den eigentlichen Problemen abzulenken und den Anschein zu erwecken, dass man sich im großen Stil um das Thema Wohnraum kümmere. In Wahrheit hätte man dazu schon jetzt andere Möglichkeiten, bringt es aber offenbar nicht auf die Reihe, bestehende Projekte zu finalisieren oder überhaupt erst anzugehen. 

Die EigentümerInnen der 23 betroffenen Flächen dürfen angesichts des städtischen Wohnbautempos aber recht entspannt bleiben. Wann und ob die Umsetzung dieser massiven Eigentumsbeschränkung stattfindet, steht ebenso in den Sternen wie die Antwort auf die Frage, ob das Vorgehen einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof standhält. Die Darstellung der Flächennot, die als Grundlage für den Beschluss herhalten muss, lässt sich einfach widerlegen.

Ihr Kreuzchen bei der letzten Bürgermeisterwahl dürfte die Innsbrucker Bauernschaft aber bitter bereuen. Dass ausgerechnet einer von ihnen sich gegen sie wendet, dürfte als Hochverrat gewertet werden. Für uns Klein- und KeingrundbesitzerInnen bleiben jedenfalls ein paar Fragen offen: Warum hat man Großgründe, die im Eigentum der Kirche stehen, im Beschluss ausgelassen? Wo hört Demokratie auf und fängt Kommunismus an? Ist das Recht auf Eigentum nicht ein Grundsatz unserer Verfassung? Und wie viel ist diese in Zukunft überhaupt noch wert, wenn man sie so einfach ignorieren kann?

28. März 2025 | AutorIn: Michael Steinlechner | Foto: Franz Oss

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