Mit Virtual Reality zu mehr Gesundheit? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein aktuelles Forschungsprojekt der fh gesundheit: Im Rahmen einer mehrwöchigen Studie wird untersucht, wie effektiv ein VR-basiertes Training im Kampf gegen Schmerzen und Bewegungsmangel ist.
Knapp ein Viertel der Erwachsenen in Österreich leidet regelmäßig unter Rückenschmerzen. Der Grund dafür sind häufig mangelnde Bewegung und eine schwache Rumpfmuskulatur – und genau hier setzt die fh gesundheit mit ihrem aktuellen Forschungsprojekt an: Sie lässt Probanden aus verschiedenen Altersstufen sechs Wochen lang dreimal wöchentlich mit dem Virtual-Reality-Trainingssystem Icaros Pro trainieren, um zu evaluieren, welchen Effekt so ein Training haben kann. „Wir haben hier keine Schmerzpatienten, sondern gesunde Probanden, die ab und zu Nacken- und Rückenschmerzen haben“, erklärt Studienleiter Armin Stegmayr. „Da schauen wir jetzt, wie stark das Training die Muskulatur verbessert und so die Schmerzen reduziert.“
Kurz, aber intensiv
Bei den jeweils nur zehnminütigen Einheiten begeben sich die mit einer VR-Brille ausgerüsteten Probanden in der Plank- oder Knee-Plank-Position auf das Trainingsgerät und absolvieren in der Zeit mindestens drei Einheiten, unterbrochen durch kurze Pausen. „Man fliegt dabei in einer virtuellen Welt wie ein Adler durch eine Gebirgsgegend und muss einen vorgegebenen Kurs abfliegen, wo Ringe einzusammeln sind“, erzählt Stegmayr. Je nachdem, wie fit und schnell die Probanden sind, könne man die Geschwindigkeit und Intensität der Einheiten anpassen – die Gesamtlänge bleibe aber immer bei zehn Minuten.
Der große Vorteil von Virtual Reality sei in diesem Fall, dass das Training so einen sehr spielerischen Charakter bekomme und sich weniger anstrengend anfühle, als das sonst bei den gleichen Übungen der Fall wäre. „Wenn man sich drei Minuten in der Plank-Position befindet, ist das extrem anstrengend, aber wenn man das in diesem Spiel macht, ist man von der Umgebung abgelenkt und nimmt die Belastung gar nicht so wahr“, so der Studienleiter. Für die virtuelle Umgebung setzt man auf eine HTC-Vive-VR-Brille, die mit ihrer starken Auflösung und hohen Bildwiederholungsrate sehr eindrückliche virtuelle Realitäten erzeugen kann.
Für Jung und Alt
Die Idee zur Studie ist Stegmayr bei einem Besuch der FH Kufstein gekommen, wo er die Technologie von Icaros – einem Münchner Start-up – selbst ausprobieren konnte und dessen Potenzial erkannte, nicht nur zur Prävention und Behandlung von Nacken- und Rückenschmerzen, sondern auch als möglicher Lösungsansatz für die Bewegungskrise bei Kindern und Jugendlichen. „Bewegungsmangel ist besonders bei jungen Menschen ein Problem, das geht so weit, dass man von Turnlehrern immer wieder hört, dass Schüler deshalb auch Koordinations- und Gleichgewichtsprobleme haben“, sagt Stegmayr.
Das VR-Training wäre eine Möglichkeit, Koordination und Muskelaktivität mit relativ geringem Aufwand zu schulen, und ließe sich beispielsweise gut in die Nachmittagsbetreuung integrieren. „Die vorläufigen Ergebnisse zeigen schon, dass man trotz der kurzen Trainingszeit einen relativ hohen Output hat, und Jugendliche würden VR vermutlich sehr gut annehmen.“ Aber auch am anderen Ende des Altersspektrums sieht Stegmayr Chancen: „Wir können uns die Verwendung dieser Technologie auch für ältere Personen vorstellen, weil durch diese Trainings gezielt die Reaktivität und Funktionalität der Muskulatur geschult werden, was als Sturzprophylaxe helfen kann.“ Die jetzige Studie wird aufgrund einiger pandemie-bedingter Verzögerungen voraussichtlich im Februar 2022 abgeschlossen, darauf aufbauend sollen dann weitere Forschungsprojekte folgen, um die Trainings¬einheiten zu optimieren und für bestimmte Zielgruppen zu adaptieren.
Zur Person:
Armin Stegmayr ist seit 2007 Teil der fh gesundheit. Er lehrt und forscht im Rahmen des Studiengangs Radiologietechnologie, arbeitet aber auch als Radiologietechnologe an der Universitätsklinik für Nuklearmedizin in Innsbruck. Er interessiert sich besonders für Möglichkeiten der Gesundheitsförderung und Strahlenreduktion im Gesundheitsbereich und arbeitet an der Erforschung neuer Radiopharmaka für die Tumortherapie mit.