Neue Erkenntnisse über den Fettstoffwechsel von Tumorzellen eröffnen Möglichkeiten bei der Behandlung therapieresistenter Krebserkrankungen.
Viele Krebserkrankungen sind mittlerweile gut therapier- und heilbar. Ein großes Problem sind allerdings metastasierende Tumore, die Ableger abseits des ursprünglichen Erkrankungsherdes bilden. Das erschwert die Behandlung nicht nur und zieht sie in die Länge. Solche Krebsarten entwickeln auch oft Resistenzen gegen Chemotherapeutika. Das macht viele metastasierende Tumorerkrankungen nahezu unheilbar – zumindest bislang.
Umwandlungsprozess
Einen neuen Angriff gegen die streuenden Tumorzellen, die Metastasen bilden, präsentiert eine Studie des Michael-Popp-Instituts der Universität Innsbruck, der Universität Erlangen-Nürnberg, der Universität Würzburg und des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Schlüssel dazu ist der Umwandlungsprozess, den Zellen durchlaufen, wenn sie sich vom ursprünglichen Tumor lösen. Dabei werden aus sogenannten epithelialen Zellen, aus denen kompakte Krebsgeschwüre bestehen, mesenchymale Zellen, die häufig resistenter gegen klassische Chemotherapie-Medikamente sind. Diese Zellen lösen sich vom eigentlichen Tumor ab und wandern über den Blutkreislauf durch den Körper, wo sie Metastasen bilden.
Schwachstelle
Im Zuge dieser Umwandlung ändern die Zellen auch ihren Stoffwechsel und bauen zunehmend mehrfach- statt einfach ungesättigte Fettsäuren in ihre Zellmembran ein. Das gibt ihnen zwar Struktur, macht die sie aber auch anfällig für die Ferroptose – einen erst 2012 entdeckten und noch nicht vollständig entschlüsselten Mechanismus. „Die Ferroptose ist ein durch Eisen und Sauerstoffradikale vermittelter nicht-programmierter Zelltod, der auch in Zusammenhang mit neurologischen und anderen degenerativen Krankheiten steht“, erklärt Studienautor Thomas Brabletz, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Medizin I an der Universität Erlangen-Nürnberg. „Dabei oxidieren die Fettsäuren, schädigen die Zellmembran und zerstören schließlich die gesamte Zelle.“
Kombination
Im Labor ist es bereits gelungen, diese mesenchymalen Zellen dank der Ferroptose abzutöten – selbst wenn sie bereits eine gewisse Resistenz dagegen entwickelt haben. Die Studie legt damit den ersten Grundstein für die Entwicklung von Wirkstoffen gegen aggressive Krebsarten mit hohem Metastasierungspotenzial abseits klassischer Chemotherapiemedikamenten. Kombiniert mit bereits etablierten Chemo- und Immuntherapien, die den ursprünglichen Tumor angreifen, dessen Zellen sich noch nicht umgewandelt haben, könnte MedizinerInnen so bald eine wirksame Waffe gegen resistente Krebserkrankungen zur Verfügung stehen.