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Helioplant

Strom dank Sonne, Wind und Schnee

Helioplant

Strom dank Sonne, Wind und Schnee

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Solaranlagen im Hochgebirge können gerade in Skiregionen viele Probleme lösen. Doch das Gebirgsklima stellt sehr hohe Anforderungen. Drei Tiroler haben mit Helioplant ein System entwickelt, das den alpinen Bedingungen nicht nur trotzt, sondern sie sich zunutze macht.

Eigentlich wäre das Hochgebirge der ideale Ort, um Solarenergie zu gewinnen: Über der Baumgrenze, nah an der Sonne, weitab von Ballungsräumen und mit viel verfügbarer Fläche bieten sich die Alpen regelrecht an – wären da nicht die harschen Bedingungen, die in den Bergen herrschen. Bislang wurden am Rande von Skigebieten vor allem sogenannte Tischanlagen gebaut – in langen Reihen, mehr oder weniger flach oder in einem Winkel zum Boden montierte Paneel auf stählernen Unterkonstruktionen.

Eingeschneit

„Optimal ist das nicht“, meint Florian Jamschek, einer der drei Gründer der Entwicklergruppe. „Der Bodenbedarf solcher Anlagen ist groß. Und weil das Gelände im Gebirge selten gleichmäßig verläuft müssen die Stützen nach Maß angefertigt werden, was teuer ist.“ Doch das größte Problem ist der Schnee, egal mit welchem Abstand zum Boden und in welchem Winkel die Paneele montiert werden. Ist der Winter schneereich genug, werden die Solarzellen eingeschneit – gerade dann, wenn eigentlich Hochbetrieb herrscht und die Lifte und Anlagen am meisten Strom benötigen. „Dem kann man zwar mit ein paar Tricks entgegenwirken“, meint er. „Aber das hat alles seine Grenzen.“

Hoch statt flach

An einer Lösung für all diese Probleme arbeitet Jamscheck gemeinsam mit Alexander Ploner und Thomas Sönser mit Helioplant. Das Resultat ist eine Solaranlage, die für den Einsatz im Hochgebirge maßgeschneidert ist. Anstelle flach montierter Zellen besteht jede Helioplant-Einheit aus vier sechs Meter hohen und zwei Meter breiten Flügeln, die senkrecht an einem Masten fixiert sind, sodass aus der Vogelperspektive eine X-Form entsteht.

Helioplant

Die kreuzförmige Anordnung der Solarpaneele optimiert die Oberfläche und minimiert den Bodenverbrauch.

Freigeblasen

Mit dieser Anordnung machen sich die Entwickler ein Phänomen zunutze, das im alpinen Raum im Winter zu beobachten ist: „Wenn Wind auf ein Hindernis trifft, kommt es zu Verwirbelungen“, erklärten die Entwickler. „Diese Wirbel verwehen Schnee zu sogenannten Kolkringen: Mulden in der Schneedecke, die sich zum Beispiel um einen Stein oder einen alleinstehenden Baum bilden – oder eben auch um eine Helioplant-Einheit.“ Dieser Effekt tritt bereits bei geringen Windgeschwindigkeiten auf. So bleiben die Solarpaneele immer schneefrei, egal wie hoch sich die Schneemassen um sie herum türmen.

Helioplant

Dank der Form der Anlagen werden die Paneele vom Wind schneefrei gehalten und von allen Seiten bestrahlt.

Von allen Seiten

Doch das ist noch nicht alles: Der umgebende Schnee wirkt wie ein Parabolspiegel, der einfallende Sonnenstrahlen auf die Paneele reflektiert. Um das zusätzlich zu verstärken, werden die Zellen mit einem Meter Abstand zum Boden montiert. „So bleibt eine lückenlose Schneeschicht am Boden, die die Paneele von allen Seiten bestrahlt“, beschreibt Jamschek. „Und weil wir bifaziale Module verwenden – also mit Zellen, die Sonnenenergie von beiden Seiten aufnehmen –, können wir das Maximum an reflektierten Strahlen absorbieren und in Strom umwandeln.“ Das geht sogar so weit, dass Helioplant-Anlagen an bewölkten Tagen mit diffuser Einstrahlung mehr Ertrag erzielen als bei perfektem Kaiserwetter, bei dem die Sonne nur aus einer Richtung scheint.

Reduzierter Störfaktor

Auch abgesehen von ihrer Fähigkeit, Licht bei nahezu jedem Wetter in Strom zu verwandeln, bringt Helioplant Vorteile: Anstelle einer komplexen Unterkonstruktion benötigt jedes Element nur einen Masten, der gänzlich ohne Betonfundament auskommt. Stattdessen wird er mit vier sogenannten Mikroankern – drei bis sechs Meter langen Stahlpfählen, mit einem Durchmesser von rund vier Zentimetern im Boden verankert. So benötigt eine Anlage gerade einmal einen Quadratmeter Fläche – und kann auch deutlich flexibler angeordnet werden: „Anstatt gerader Reihen können wir sie beliebig verteilen“, meint Jamschek. In der Regel liegen acht bis zwölf Meter Platz zwischen den einzelnen Masten. „Damit fügen sich größere Helioplant-Solaranlagen optisch ins Gelände ein, was nicht nur für Gäste und den Tourismus von Vorteil ist, sondern auch für die Fauna. Vereinfacht gesagt sind unsere Helioplant für die Tierwelt nichts anderes als Bäume.“Helioplant

Helioplant

Anders als Tischanlagen lassen sich Helioplant-Einheiten beliebig im Gelände verteilen, ohne es zu sehr zu verändern.

Ausgeglichen

Zudem hilft Helioplant, Produktionsspitzen zu dämpfen: Eine perfekt in Südlage eingerichtete Solaranlage mit regulären Tischpanelen – was in der Praxis ohnehin schwierig und teuer zu erzielen ist – liefert in einem kleinen Zeitraum um Mittag herum einen sehr hohen Peak. Sämtliche Leitungs- und Transformatoreninfrastruktur muss auf diese Spitze ausgelegt sein, obwohl sie nur sehr kurz im Verlauf des Tages eintritt. Weil die Helioplant-Anlagen individuell aufgestellt und ausgerichtet werden können, lässt sich dieser Peak glätten, sodass in den Randzeiten mehr und zu Mittag weniger Strom geliefert wird. Damit flacht die Kurve der Tagesproduktion ab, es wird früher ausreichend Strom geliefert und die Anforderungen an Leitungen und mehr sind geringer, was die Infrastruktur kostengünstiger macht.

Große Pläne

Dass all das funktioniert, zeigen die Anlagen bereits an drei Teststandorten in Sölden, am Hochzeiger und am Schweizer Simplon Pass. Dort hat das System außerdem bewiesen, dass es sich mit regulären Solar-Farmen auch bei der Leistung messen kann: „Was die Nennleistung betrifft, sind wir Tischanlagen zumindest ebenbürtig“, meint der Entwickler. „Unter praktischen Bedingungen haben wir vermutlich aber sogar die Überhand und könnten in der Lage sein, bei gleicher Fläche zehn bis 20 Prozent herauszuholen.“ Das ist aber erst der Anfang. Aktuell arbeitet das Team an der Skalierung und daran, dem Projekt öffentliche Sichtbarkeit zu verleihen – unter anderem mit der Hilfe der Standortagentur Tirol. Die nächsten Entwicklungsschritte stehen in Sölden mit der Umsetzung einer 6 Megawatt-Anlage und am Pitztaler Gletscher bevor. Dort soll die bisherige Tischanlage am Gletscher, die aktuell 1 Megawatt produziert, um Helioplant-Systeme mit einer Nennleistung von 4 Megawatt ergänzt werden. „Mit Sonnenenergie und Wasserkraft sind wir in den Alpen definitiv auf dem richtigen Weg“, ist Jamschek überzeugt. „Windenergie trifft im Gebirge schnell an ihre Grenzen. Aber wenn es uns gelingt, unser Solarpotenzial ausreichend zu nutzen, können wir viel zur Energiewende beitragen.“

  Florian-Jamschek

Zur Person:

Florian Jamschek ist ausgebildeter Elektroingenieur und war erst für Fiegl und Spielberger tätig, bevor er sich mit dem Ingenieurbüro Ehoch2 selbstständig gemacht hat, das sich auf die Planung von Fotovoltaikanlagen spezialisiert. Gemeinsam mit Alexander Ploner und Thomas Sösner entwickelt er aktuell auch Helioplant.

26. August 2024 | AutorIn: Daniel Feichtner | Foto: HELIOPLANT

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