Ein kleiner Rückgang bei den Nächtigungen und ein leichtes Plus bei den Gästeankünften – das zeigt die Bilanz der aktuellen Sommersaison. Dem kommenden Winter blickt die Branche zuversichtlich entgegen.
Die heurige Sommersaison, die mit 31. Oktober zu Ende geht, war für den Tiroler Tourismus keine einfache. Dennoch lässt sich ein stabiles Ergebnis erzielen. Während die Nächtigungen auf 20,3 Millionen und damit um minus 0,9 Prozent leicht zurückgegangen sind, verzeichnet der Tiroler Tourismus bei den Gästeankünften mit 5,7 Millionen ein leichtes Plus von 0,3 Prozent. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist dabei gleichgeblieben. Sie beträgt weiterhin 3,6 Tage – und sei somit ein gutes Ergebnis im internationalen Vergleich.
„Wir hatten im Vorjahr eine starke Nachfrage und das beste Sommerergebnis seit 1992. Daher sind wir zufrieden, diese sehr gute Bilanz in diesem Sommer annähernd halten zu können“, resümiert Tourismuslandesrat Mario Gerber im Rahmen der Bilanz-Präsentation.
Rückgang aus Nahmärkten
Das Nächtigungsminus zeichnet sich vor allem bei den Nahmärkten Deutschland, Österreich, Schweiz und die Niederlande ab. Es ließe sich teils auf durchwachsene Wetterperioden, teils auf sportliche Events wie Fußball-Europameisterschaft und Olympische Spiele zurückführen.
58 Prozent aller Sommergäste in Tirol stamme aus Deutschland. Heuer waren es 11,72 Millionen – ein leichter Rückgang im Vergleich zu 11,88 Millionen im Vorjahr. „Der deutsche Wirtschaftsmotor stockt. Wir müssen schauen, dass wir weiterhin für den deutschen Markt attraktiv bleiben“, konstatiert Gerber.
Gewachsen sei hingegen die Zahl der Reisenden aus Tschechien mit einem Plus von über 5,6 Prozent. Den stärksten Anstieg verzeichneten die Fernmärkte, wenngleich auf niedrigem Niveau: So gab es aus den USA bei den Nächtigungen ein Plus von 9,9 Prozent auf 200.000 und aus China von 159 Prozent auf 60.000 Nächtigungen.
Saisonales Tourismusbarometer
Annähernd stabil ist nach einer ersten Berechnung des MCI-Tourismus auch die Wertschöpfung. Diese liege in der Sommersaison 2024 bei 2,4 Milliarden Euro. Unter Berücksichtigung der Geldentwertung bedeutet dies einen minimalen Rückgang von 0,1 Prozent. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im saisonalen Tourismusbarometer wider, einer repräsentativen Befragung unter Tiroler Unterkunftsbetrieben. Darin zeigen sich 57 Prozent der Betriebe mit dem wirtschaftlichen Erfolg der abgelaufenen Sommersaison zufrieden, 24 Prozent sogar sehr zufrieden.
„Angesichts der nicht einfachen Rahmenbedingungen ist es beachtlich und erfreulich, wie stabil sich Tirols Tourismus präsentiert. Die Branche trägt sowohl wirtschaftlich als auch in puncto Freizeitmöglichkeiten und Infrastruktur maßgeblich zu Wohlstand und Qualität in unserem Land bei“, so Gerber. Der Tiroler Tourismus entlaste die Wirtschaft demnach um 13 Millionen Euro.
Touristische Gratwanderung
Tirol sei laut Gerber trotz fortschreitender Digitalisierung in Bezug auf qualitative Gastfreundschaft und Dienstleistungsthemen ein Fels in der Brandung, wie er sagt: „Der Tiroler Tourismus ist unter anderem deshalb so stark, weil es mehr Familien- als Konzernbetriebe gibt.“ Die Authentizität trage wesentlich zur Begehrlichkeit des heimischen Tourismusstandorts bei, vor allem bei den Stammgästen habe Tirol weiterhin eine hohe Anziehungskraft. „Wir bieten hochwertig qualitativen Urlaub an, das ist uns das Wichtigste“, betont Gerber.
Zu schaffen mache der Branche aber die weiterhin wachsende Kurzfristigkeit der Buchungen und Stornierungen. „Gäste buchen an mehreren Orten gleichzeitig und fahren dann dorthin, wo das Wetter am besten ist. Das erschwert die Planung der MitarbeiterInnen sowie der Ressourcen massiv“, berichtet Alois Rainer, Spartenobmann Tourismus- und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Tirol. Zudem wirken sich auch die gestiegenen Kosten bei Wareneinsatz, Energie und Löhnen weiterhin aus. Die Balance zwischen notwendigen Preisanpassungen und der Zahlungsbereitschaft der Gäste zu finden, sei laut Rainer eine Gratwanderung.
Positiv in Puncto Nachhaltigkeit
Die hohe Anziehungskraft des Urlaubslandes Tirol unterstreicht auch eine aktuelle Auswertung der Tirol Werbung, für die mittels Künstlicher Intelligenz mehr als 30.000 Gästebewertungen auf Onlineplattformen analysiert wurden. 85 Prozent davon waren positiv, 13 Prozent negativ und zwei Prozent neutral. Besonders erfreulich fällt die Einschätzung der Gäste im Bereich Nachhaltigkeit aus: Bezogen auf dieses Thema sind gleich 92 Prozent der Bewertungen positiv. Besonders häufig nennen Gäste dabei die Regionalität sowie regionale Produkte als Pluspunkte.
Zudem erarbeite die Tirol Werbung gemeinsam mit Tourismusverbänden und örtlichen Betrieben Konzepte, um die öffentliche Anreise mit dem Zug zu forcieren. Denn für Gerber gehen die ökologische und die ökonomische Nachhaltigkeit Hand in Hand. „97 Prozent der Tiroler Tourismusverbände haben die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel bereits in der Gästekarte integriert. Eine Zahl, die mir als Tourismuslandesrat viel zu wenig kommuniziert wird.“
Ausblick auf den Winter
Der kommenden Wintersaison, die am 1. November beginnt, blickt die Branche zuversichtlich entgegen. Demnach prognostizieren 76 Prozent aller Betriebe eine gute Saison. Insbesondere bei deutschen Gästen steht der Winterurlaub in Tirol hoch im Kurs: 85 Prozent der Betriebe registrieren aus dem wichtigsten Quellmarkt des Tiroler Tourismus eine gleich gute oder sogar bessere Buchungslage. Zudem investiert die Tirol Werbung rund 7,3 Millionen Euro in die Kommunikationsmaßnahmen für den kommenden Winter und ist unter anderem mit einer Werbekampagne auf acht europäischen Märkten präsent.
Ein Dauerbrenner bleibe für Spartenobmann Rainer allerdings das Thema Fachkräfte: „Aktuell hat sich die Situation etwas entschärft, es fehlen jedoch noch immer zahlreiche MitarbeiterInnen.“ Neben der Employer Branding Kampagne der Lebensraum Tirol Gruppe setzt die Wirtschaftskammer auf die Initiative „Bist Happy". Damit könnten Betriebe die Zufriedenheit ihrer MitarbeiterInnen anonym messen. „Motivierte Beschäftigte bleiben nicht nur selbst gerne im Betrieb, sondern sind auch die beste Werbung, um neue Kräfte zu gewinnen“, so Rainer.