Vor 40 Jahren wurde der Verein Wams ins Leben gerufen- und der erste sozialökonomische Betrieb eröffnet. Ein zentraler Aspekt dabei ist das Grundrecht eines jeden Menschen auf Arbeit.
Der Verein Wams feiert heuer sein 40-jähriges Bestehen. Gegründet wurde er 1984 mit dem Secondhand-Laden in Innsbruck. Seither ist der Verein tirolweit auf insgesamt zehn Betriebe gewachsen. Darunter reihen sich fünf Secondhand-Läden sowie drei Sammelstellen für Warenspenden aller Art.
Im vergangenen Jahr wurden 2.947.605 Kilogramm an Textilien abgegeben. Der ursprüngliche und nach wie vor zentrale Aspekt der Wams Betriebe ist vielen aber gar nicht bewusst. So sind die Secondhand-Läden und Sortierstellen vielmehr Mittel zum Zweck. Vorrangig geht es darum, Arbeitsplätze mit Mehrwert zu schaffen – für Menschen, die langzeitarbeitslos und am Regelarbeitsmarkt oftmals benachteiligt sind.
Aktive Arbeitsmarktpolitik
„Sozialökonomische Betriebe sind Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Österreich. Der Verein Wams war bundesweit einer der ersten“, informiert Christine Regensburger. Seit 17 Jahren ist sie bei Wams tätig. Gemeinsam mit Christian Kammeringer bekleidet sie seit 2021 das Amt der dualen Geschäftsführung. Regensburger lenkt die Geschicke in den fachlichen, pädagogischen und personellen Bereichen, während Kammeringer wiederum für Marketing und Wirtschaft zuständig ist.
„Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, finden in den Wams-Betrieben die Möglichkeit, erneut ins Berufsleben einzusteigen. Und dadurch wieder Freude, Sinn und Wertschätzung beim Arbeiten zu erfahren“, sagt Kammeringer. Der Weg in einen der Sozialökonomischen Betriebe führt dabei ausschließlich über das Arbeitsmarktservice (AMS).
Arbeitsplatz mit Mehrwert
Insgesamt sind derzeit 146 MitarbeiterInnen in den zehn Betrieben beschäftigt. 80 davon in den Sortierstellen, wo Spenden gereinigt und zum Weiterverkauf in den Secondhand-Läden vorbereitet werden. „Jede/r, der/die bei Wams einkaufen geht oder Warenspenden abgibt, unterstützt uns bei der Schaffung von wertvollen Arbeitsplätzen“, freut sich Kammeringer.
98 Stellen haben einen arbeitsmarktpolitischen Hintergrund. „Wir bieten einerseits Transitstellen, die auf ein Jahr befristet sind.“ Teil dieser Dientsverhältnisse sind neben Arbeitstraining auch sozialpädagogische Beratung, Qualifizierung sowie Jobcoaching. „Unser Ziel ist es, die Menschen wieder auf den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten“, so Regensburger. Die durchschnittliche Verweildauer auf so einem Transitarbeitsplatz liege bei sechs bis acht Monaten. Zudem bietet Wams mehrere Stellen für ältere Arbeitssuchende, die sich kurz vor dem Ruhestand befinden. „Viele Menschen haben gesundheitliche Einschränkungen oder können mit den Anforderungen und Qualifikationen des Arbeitsmarktes nicht mehr Schritt halten.“
80 MitarbeiterInnen sind in den Sortierstellen tätig, wo Spenden gereinigt und zum Weiterverkauf in den Secondhand-Läden vorbereitet werden.
Wirtschaftliche Kennzahlen
Die Eigenwirtschaftsquote beträgt rund 60-65 Prozent. Für einen Sozialökonomischen Betrieb sei das sehr hoch, der österreichweite Schnitt dafür befinde sich zwischen 28 und 34 Prozent. Die Personalkosten liegen allerdings mit über 80 Prozent höher als in anderen wirtschaftlichen Unternehmen, wie die Geschäftsführung betont: „Unser Auftrag ist, möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen und Menschen die nötige Unterstützung und Begleitung am Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Das ist natürlich personalintensiv.“
Mindestens jede/r Dritte schafft es wieder zurück auf den Regelarbeitsmarkt. „Wir haben die Vorgabe, dass 30 Prozent der TransitmitarbeiterInnen, die vom AMS zu uns gebucht werden, auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden.“
Unterstützung und Beratung
Eigens ausgebildete Fach- und SozialarbeiterInnen stehen den Menschen dabei während des Arbeitsumfeldes zur Seite. „Wir versuchen den Menschen wieder Stabilität zu geben. Nur so kann der Sprung in den ersten Arbeitsmarkt gelingen“, informiert Regensburger. Bei manchen gehe es darum, Tagesstrukturierungen und Grundarbeitsfähigkeiten wieder neu zu erlernen. Andere wiederum brauchen Hilfe in Sachen Gesundheitsförderung und -beratung. Auch familiäre Probleme, Delogierung oder Grundexistenzsicherung sind Themen in der Beratung.
„Ein weiterer Teil ist die Organisation von Kinderbetreuung für Alleinerziehende sowie die Erlernung und Erprobung von Deutschkenntnissen am Arbeitsplatz. Oder überhaupt erstmal den österreichischen Arbeitsmarkt kennenzulernen“, informiert Regensburger. Rund ein Viertel der beschäftigten Personen hat einen Migrationshintergrund.
Vorreiterrolle
„Der Verein Wams hat – wie auch andere sozialökonomische Betriebe – vor 40 Jahren bewusst sein Tätigkeitsfeld im Bereich von Secondhand angesiedelt. Da hat es das Wort Kreislaufwirtschaft noch gar nicht gegeben“, berichtet Regensburger. Wiederverwenden statt wegwerfen war damals bei der Gründung eine Grundidee. „Auch heute noch ist die Grundhaltung, sorgsam mit unseren Ressourcen umzugehen.“
Österreichweit verwerten und bearbeiten die sozialökonomischen Betriebe 60 Prozent aller bundesweit gesammelten Alt-Textilien. „Somit erbringen unsere Betriebe nicht nur eine gesellschaftliche Leistung im arbeitsmarktpolitischen Bereich, sondern es wird im Rahmen der Kreislaufwirtschaft Müll vermieden und damit CO2 eingespart“, sagt Kammeringer. „Sozialökonomische Betriebe wie der Verein Wams sind daher Vorreiter in dieser Rolle.“
Verein Wams in Tirol:
- 10 Betriebe insgesamt
- 5 Secondhand-Läden
- 3 Sortierstellen mit 80 MitarbeiterInnen
- Insgesamt 146 Beschäftigte derzeit
- 98 Stellen mit einem arbeitsmarktpolitischen Hintergrund