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Dämmen für eine bessere Energie-Zukunft

Die Geschäftsführung. Ute Steinbacher und Roland Hebbel

Dämmen für eine bessere Energie-Zukunft

Die Geschäftsführung. Ute Steinbacher und Roland Hebbel

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Das Tiroler Familienunternehmen Steinbacher zählt zu den drei führenden Dämmstoffproduzenten Österreichs. Top.tirol hat mit Geschäftsführer Roland Hebbel über innovative Lösungen und die Kunst, Luft zu produzieren, gesprochen.

Sie behaupten, die Klimawende könne nur aus einer Wärmewende plus einer Verbrauchswende resultieren. Wie meinen Sie das konkret?

2,5 Millionen Gebäude in Österreich haben eine schlechte Energiebilanz. Wir haben verschiedenste Rahmenbedingungen aus der Vergangenheit analysiert, und kommen auf ca. 3,9 bis 4,1 Millionen Wohneinheiten, die in Österreich in den letzten 40 bis 50 Jahren errichtet worden sind. Gebäude, die in den vergangenen zehn Jahren errichtet wurden, sind technisch auf dem neuesten Stand. Alles, was davor gebaut wurde, ist sanierungsbedürftig. Im gemeinnützigen Wohnbau wurde in den letzten zehn bis 15 Jahren relativ viel saniert. Einfamilienhaus-BesitzerInnen hinken da hinterher.

Wird sich das in Zukunft ändern?

Ich denke, dass in den nächsten Jahren die steigenden Energiepreise zu einem Wandel in der Immobilienbranche führen werden. Es wird jeder intensiv darüber nachdenken, wie Energiekosten reduziert werden können.

Was verstehen Sie unter dem 360° Dämmstoff Know-how?

Es gibt zwei Bereiche, die in allen Gebäuden relevant sind: einmal die Gebäudehülle mit der flächigen Isolierung, also die Fassadendämmung, das klassische Styropor, und auf dem Dach Polyurethan und EPS.

Sie versucht die Energie, die in diesem Haus benötigt und produziert wird, zu reduzieren. Auf der anderen Seite geht es darum, dass speziell in den Sommermonaten so wenig Wärme wie möglich in das Gebäude hineinkommt.

Aber es gibt natürlich auch die Haustechnik, die gedämmt werden muss. Das sind die Rohrisolierungen rund um die Warmwasser- und Kühlleitungen, von der Wärmepumpe oder vom Heizkessel weg hin zum Spender, egal ob Fußbodenheizung oder Heizkörper. Aber auch kalte Energie muss geschützt werden: Das betrifft Kühlanlagen im Gewerbebereich oder Klimaanlagen. Wir bieten das Komplettpaket.

Sie verwenden unter anderem Styropor, Polyurethan und Polyethylen. Die gelten ja nicht als umweltfreundlich. Wie vereinbaren Sie das mit Ihrem Anspruch auf Umweltfreundlichkeit?

Es stimmt, dass diese Materialien Kunststoffe sind. Durch die Vielfalt an Rohstoffen, die wir verwenden, ist aber Kunststoff eigentlich viel zukunftsorientierter als alles andere. Warum? Weil es ein Rohstoff der Zukunft ist, der bereits in Verwendung ist. Es gibt das europäische Ziel mit der Vorgabe, dass man Materialien nach ihrem Gebrauch von 50 bis 70 Jahren in den Kreislauf zurückbringen muss.

Wie soll das bei Dämmstoffen funktionieren?

Auch da gibt es Lösungen: Wir können heute die Fassaden strippen. Dabei werden die Materialien durch Trennung in ihre Ursprungsmaterialien zurückführt. Das so getrennte Polystyrol kann man durch Polymerisation wieder in einen Rohstoff verwandeln. Das heißt, es ist fast ein Perpetuum mobile, wir verlieren ungefähr zwischen vier und fünf Prozent des Altmaterials durch die Verarbeitung und können es dann wieder zu einem Rohstoff machen.

Und was passiert mit Produktionsabfällen?

Wir haben bei uns im Haus keine Abfälle. Wir müssen nichts entsorgen, sondern wir führen alles in die Produktion zurück. Das heißt, es ist rein technisch möglich, zu einem Kreislauf zu finden. Wir haben jetzt schon einen Recyclinganteil, der bei 20 Prozent liegt. Da rede ich nur von den Rohstoffen. Wir haben uns das interne Ziel gesetzt, dass wir in fünf Jahren mehr als 50 Prozent unserer Rohstoffe in recycelter Art und Weise zuführen. Bei Polyethylen haben wir jetzt schon einen viel höheren Anteil. Aber: ich denke, wir bekommen viel zu wenige Altmaterialien, um die Rohstoffanteile garantieren zu können. Wir könnten jetzt schon viel mehr – technisch ist es machbar.

Das klingt sehr innovativ …

Das sind Herausforderungen, die lösbar sind. Ich bin froh, in dieser Branche zu arbeiten und eine Lösung anbieten zu können. Hier sind wir ein Vorreiter. Es ist wenig nachhaltig, Abfälle einfach zu verbrennen und thermisch zu verwerten.

In der Produktion fallen keine Abwässer an. Wie schaffen Sie das?

Wir haben keine Abwässer in dem Bereich, wir brauchen aber den Wasserdampf, denn unser Rohstoff poppt auf wie Popcorn. Die Abwärme kommt in einen Wärmetauscher und wird dann in den Kreislauf gebracht. Die Produktionsabwärme heizt die Firmengebäude. Die beste Energie ist ohnedies jene, die nicht verbraucht wird.

Ihre Exportquote liegt bei etwa 50 Prozent. Wohin liefern Sie Ihre Produkte?

Primär sind es die angrenzenden Länder. Wir produzieren Luft. Und Luft über weite Strecken zu transportieren, ist nicht nachhaltig. Die größten Absatzmärkte sind Deutschland, die Schweiz und natürlich Österreich sowie Ungarn und Tschechien. Neben der Firmenzentrale und dem Hauptproduktionsstandort in Erpfendorf betreiben wir zwei weitere Standorte in Deutschland und Polen.

Ihr Unternehmen ist regional verankert. Wie leben Sie das konkret?

Wir versuchen unsere MitarbeiterInnen in der Region zu rekrutieren – hier haben wir einen ganz anderen Stellenwert und sie haben eine engere Bindung zum Unternehmen. Außerdem versuchen wir motivierte MitarbeiterInnen mit speziellen Fachkompetenzen durch verschiedene Maßnahmen wie Firmenwohnungen in die Region zu bringen. Außerdem haben wir im Vorjahr ein Fitnessstudio eingerichtet. Auf 450 m2 stehen topmoderne Geräte für alle Trainingsansprüche bis hin zu einem Moonboard für Kletter­Innen zur Verfügung.

Mit gutem Beispiel voran

  • Steinbacher Dämmstoff heizt die Firmengebäude mit Produktionsabwärme
  • Die hauseigene Photo­voltaikanlage nimmt eine Fläche von rund 20.000 m² ein
  • Sie produziert jährlich 2,2 Millionen kWh Solarstrom
  • eine der größten Anlagen in Österreich
  • intelligentes Energiemanagementsystem
  • eigene Stromproduktion spart am Standort in Tirol 500 Tonnen CO2-Äquivalente
  • E-Stapler
  • Ladestationen für E-Autos am Parkplatz

Steinbacher Dämmstoffe

  • Gegründet: 1962
  • Geschäftsführer: Mag. Ute Steinbacher und Mag. Roland Hebbel
  • Sitz: Erpfendorf/Tirol
  • Weitere Standorte: Deutschland und Polen
  • MitarbeiterInnen: 300 in Tirol, 100 in Deutschland, 80 in Polen
  • Umsatz in der Gruppe 2021: 124 Millionen Euro
  • Exportquote: 50 %

  • Steinbacher-Dach

    Gebäudehülle. Die Fassadendämmung hält die Energie im Haus und die Wärme draußen.

01. April 2023 | AutorIn: Katharina Reitan | Foto: Florian Mitterer, Florian Kraler

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