Krisen können durch verschiedene Ereignisse ausgelöst werden. Für Unternehmen bedeuten sie unter anderem eines: jetzt richtig kommunizieren. Wie das gelingt und was die häufigsten Fehler sind, erklärt die Kommunikationsexpertin Bettina Gneisz-Al-Ani im top.tirol-Interview.
Frau Gneisz-Al-Ani, Massenentlassungen, finanzielle Schieflagen oder Produktrückrufe – über Krisen spricht niemand gerne. Warum ist die Krisenkommunikation für Unternehmen dennoch so wichtig?
Bettina Gneisz-Al-Ani: Krisenkommunikation ist ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskommunikation. Durch ihre gezielte und durchdachte Anwendung können drohende oder bereits bestehende Herausforderungen gut gemeistert werden. Sie ist aber aus verschiedenen Gründen sehr anspruchsvoll: Wir stehen unter Zeitdruck, müssen über unangenehme Themen sprechen, die möglicherweise von uns verursacht wurden oder uns direkt betreffen, und es kann natürlich auch rechtlich heikel sein.
Warum sollte man sich auf eine Krise vorbereiten?
Ohne Vorkehrungen kann es im Nachhinein nicht nur teurer, sondern auch schmerzhafter werden. Bei der Vorbereitung geht’s vor allem darum, die Mechanismen und Hebel zu verstehen, die in Krisen besonders entscheidend sind, da sie oft komplex und von Misstrauen geprägt sind. Die Erkenntnisse daraus sind aber genauso im Tagesgeschäft hilfreich, denn das Erlernte kann auch in der alltäglichen Kommunikation und im Marketing angewendet werden.
Welche Fehler treten bei der Krisenkommunikation am häufigsten auf?
Oft wird die Situation ignoriert, wodurch sich der Start verzögert, oder es wird gespart, anstatt in Lösungen zu investieren. Auch eine schlampige oder unhöfliche Kommunikation mit Vorwürfen ist ein immer wiederkehrender Fehler.
Ich weiß, dass in heiklen Situationen zu handeln, nicht einfach ist. Aber es gehört zu unseren Aufgaben wie das Erstellen von Bilanzen oder Führen von MitarbeiterInnen. Wir müssen uns mit den Themen auseinandersetzen und aktiv kommunizieren.
In Konzernen ist Krisenkommunikation mehr oder weniger an der Tagesordnung. Warum ist das Thema auch für KMUs von Bedeutung?
Es ist ein Irrglaube, dass Krisenkommunikation in kleinen Unternehmen nicht wichtig ist – denn regionale Krisen sind nicht zu unterschätzen. Auch kleine und mittlere Unternehmen, Vereine, Gemeinden, Verwaltungen oder Ämter können betroffen sein. Hier liegen die Touchpoints nahe beieinander, wodurch es sehr schnell gehen kann.
Welche Tipps geben Sie Unternehmen für eine effektive Kommunikation in Krisenzeiten?
Es ist wichtig, in Ressourcen zu investieren und die Unternehmensleitung dazu zu ermutigen, die Situation aufmerksam zu betrachten. Sorgfältige Briefings sind essenziell, ebenso wie die Zusammenarbeit mit ExpertInnen. Statt Schuldzuweisungen zu suchen, sollten die Herausforderungen aktiv angegangen werden.
Meinen KollegInnen in der Kommunikation rate ich zudem immer, auf ihr Bauchgefühl zu hören. Wenn man das Gefühl hat, dass etwas nicht stimmt, sollte es umgehend gemeldet und die Geschäftsführung sowie externe BeraterInnen hinzugezogen werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person:
Prof. Dr. Bettina Gneisz-Al-Ani ist Expertin im Bereich der Krisenkommunikation. Mit über zwei Jahrzehnten Erfahrung in leitenden Positionen sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene und ihrer mehrfach ausgezeichneten Kommunikationsarbeit unterstützt sie Unternehmen, Organisationen und Führungskräfte in herausfordernden und geschäftskritischen Situationen. Auch Interessierte aus Tirol können von ihrem Fachwissen profitieren: Am Donnerstag, den 12. Juni 2025, wird sie am Media Campus Tirol den APA-Campus Workshop „Krisenkommunikation" leiten.