Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten und bei kurzfristigem Buchungsverhalten wünscht sich so mancher Tourismusbetrieb einen Blick in die Kristallkugel. Das Preis- und Buchungsmonitoring der Tirol Werbung verspricht genau das.
Wie entwickelt sich die Nachfrage? Lohnt es sich, die Preise zu erhöhen? Wann ist der beste Zeitpunkt, um mit Angeboten gegenzusteuern?
Auf diese Fragen gab es im Tourismus bisher meist nur vage Antworten – basierend auf Statistiken und Zähldaten. „Was diese Zähldaten nicht können, ist eine Aussage darüber zu treffen, wie die Situation in 30 Tagen tatsächlich aussieht“, sagt Patricio Hetfleisch, Leiter der Abteilung Kommunikation und Marketing bei der Tirol Werbung und Initiator des Preis- und Buchungsmonitorings. Dank neuer Technologien ist es nun erstmals möglich, sehr genaue Prognosen für die kommenden Monate zu erstellen. „Unser Ziel war es, eine Prognosesicherheit mit einer Schwankungsbreite von maximal fünf Prozent zu erreichen“, erklärt Hetfleisch.
Aus dem Wunsch wurde schnell Wirklichkeit. Das seit letztem Jahr implementierte Preis- und Buchungsmonitoring (PBM) der Tirol Werbung schafft genau das – und das weltweit erstmals. „Tatsächlich hatten wir in den letzten beiden Saisonen sogar nur rund ein Prozent Abweichung von der Prognose“, betont Hetfleisch. Basis des Tools sind riesige Datenmengen aus drei Quellen: öffentliche Angebotsdaten von rund 20.000 Betrieben, statistische Erfahrungswerte und interne Informationen von Partnerbetrieben. Daraus sind zwei Applikationen entstanden: das Performance Board Tirol für GastgeberInnen und das Destination Insights für Tourismusverbände und andere Institutionen.
Performance Board Tirol
Wer als Hotel das Performance Board Tirol nutzen möchte, kann dies als Tiroler Betrieb kostenlos tun. Voraussetzung ist allerdings ein digitales Hotelmanagementsystem, in das das System integriert werden kann. „Man bekommt sozusagen ein Cockpit für den eigenen Betrieb, um künftig Preise, Auslastung und Nachfrage besser analysieren zu können“, erklärt Hetfleisch.
Damit kann zum Beispiel auch die richtige Menge an MitarbeiterInnen schon Wochen im Voraus bestimmt werden. Zudem ermöglicht das System erstmals einen Vergleich mit ähnlichen Betrieben innerhalb des eigenen Tourismusverbandes und auch mit anderen TVBs. Im Gegenzug fließen anonymisierte Werte in die übergeordnete Analyse ein, um die Qualität der Gesamtprognose zu verbessern.
Destination Insights
Während das Performance Board die Betriebe unterstützt, richtet sich Destination Insights an Institutionen wie Tourismusverbände, das Land Tirol und die Tirol Werbung. Bisher standen aktuelle Buchungszahlen erst Wochen später in Form der Tourismusstatistik zur Verfügung – zu spät für schnelle und datenbasierte Entscheidungen. Vor allem während der Coronapandemie habe sich dieser Mangel an Echtzeitdaten bemerkbar gemacht, schildert Hetfleisch. „In Zukunft werden uns diese Daten helfen, Besucherströme zu lenken, bei der Eventplanung und Verkehrssteuerung, aber auch in Fragen der Personalplanung, der benötigten Mengen an Skibussen und MitarbeiterInnen in Gastronomie und Handel.“
Mehr Plan, mehr Geld
Neben gezielteren Preisstrategien, besserer Planung und effizienterem Ressourceneinsatz soll das Analysetool natürlich auch einen direkten wirtschaftlichen Effekt haben: „Wir wissen, dass aktives Revenue Management in Tourismusbetrieben zu Umsatzsteigerungen von bis zu zehn Prozent führen kann“, sagt Hetfleisch. Bei gleichbleibenden Nächtigungszahlen bedeutet das eine enorme zusätzliche Wertschöpfung für die Branche. In Zahlen könnte das so aussehen: Bei rund 50 Millionen Nächtigungen pro Jahr in Tirol und einem Plus von zwei Euro pro Nächtigung ergeben sich rund 100 Millionen Euro mehr Umsatz – bei gleichem Aufwand. „Das sind auch im Hinblick auf die Tourismusakzeptanz und auf die Frage, wie viele Betten es braucht, gute Nachrichten“, so Hetfleisch.
Noch nicht am Ziel
Die größte Herausforderung beim Preis- und Buchungsmonitoring liege darin, bei allen Teilnehmenden ein tief gehendes Verständnis für das System zu schaffen, erklärt Hetfleisch. Nur damit könne das volle Potenzial ausgeschöpft werden. Aber auch das kontinuierliche Verbessern der Datenqualität steht auf der Agenda des Projekts. „Derzeit optimieren wir das Produkt täglich und entwickeln es weiter“, ergänzt der Marketingleiter. Langfristig soll das System Prognosen mit einem Vorlauf von bis zu zwei Jahren ermöglichen – vorausgesetzt, es treten keine Black-Swan-Ereignisse auf, die Märkte und Rahmenbedingungen unerwartet verändern.
Preis- und Buchungsmonitoring
besteht aus 2 Applikationen:
- Performance Board (für GastgeberInnen)
- Destination Insight (für TVBs, Land, Tirol Werbung)
Daten aus drei Quellen
- öffentliche Daten der 20.000 Betriebe in Tirol
- Betriebsdaten
- Erfahrungsdaten (Tourismusstatistik)
Datenmenge in Zahlen
- 20.000 Tiroler Betriebe
- 390 Tage in die Zukunft
- 1,5 Millionen Preise täglich
Was ist ein Black-Swan-Event?
Dabei handelt es sich um ein seltenes, unvorhersehbares Ereignis mit enormen Auswirkungen. Der Risikoanalyst und Statistiker Nassim Nicholas Taleb prägte den Begriff und leitete ihn von der früheren Annahme ab, alle Schwäne seien weiß – bis Forscher in Australien erstmals schwarze Schwäne entdeckten.