Vielen dürfte der erdig-herbe Enzian-Schnaps ein Begriff sein. Was manche aber vielleicht noch nicht kennen, sind die Hautpflegeprodukte von „Enzian cultiviert“, die ebenfalls aus der robusten Gebirgspflanze hergestellt werden. Die Gründerinnen Alexandra und Heidrun Walter nutzen hierfür die Blüten des Enzians.
Die Wurzeln des wilden gelbpunktierten Enzians werden im Paznaun seit Jahrhunderten destilliert. Die Geschichte des „Galtürer Enzners“ ist sogar als immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO verzeichnet. 2017 ging Hermann Lorenz aus Galtür jedoch neue Wege und startete damit, den Gelben Enzian für die Edelbrand-Produktion auf einem Acker zu kultivieren. Seine „Galtürer Enzian Kultur“ ist die größte der Alpen und umfasst mittlerweile 30.000 Pflanzen.
Alexandra Walter – Ehefrau von Hermann Lorenz sowie Ärztin und Phytotherapeutin – bemerkte aber verlorenes Potenzial: „Man hat gesehen, dass jedes Jahr die wunderschönen gelben Blüten einfach verblüht und als Nebenprodukt am Feld geblieben sind.“ Da sich aber auch in diesen die wertvollen Wirkstoffe des Enzians befinden, schritten Alexandra und ihre Freundin Heidrun Walter, die im Marketing und Produktmanagement tätig ist, zur Tat: „Wir haben uns zusammengesetzt und uns überlegt, was wir daraus machen könnten.“
Die gelben Blüten des Enzians – ein Nebenprodukt der Edelbrandherstellung – enthalten wertvolle Wirkstoffe für die Hautpflege.
Enzian für die Haut
So entstand 2021 die Idee zu „Enzian cultiviert“. Unter diesem Namen – der sowohl auf die Enzian-Kultur als auch auf Galtür anspielt, das sich vom rätoromanischen „cultura“ ableitet – begannen die beiden Galtürerinnen Hautpflegeprodukte zu entwickeln. Mehr als ein Jahr lang dauerte die Planung. „Es ist wie bei der Pflanze selbst, die nimmt sich auch ihre Zeit und wächst sehr langsam und gedeiht und wird dann gut“, beschreibt Heidrun Walter. Mit Expert:innen wurde an Rezepturen für Seifen und Lotionen gefeilt und bereits erste Produkttests bestätigten, dass der Enzian für merklich weichere Haut sorgt und Juckreiz mindert. Dafür verantwortlich scheinen die enthaltenen Bitterstoffe zu sein. Amarogentin ist die bitterste bekannte natürliche Substanz.
Hochwertige Verarbeitung
Geerntet wird händisch während der Blütezeit im Juni oder Juli, um die Restpflanze nicht zu beschädigen, da diese wieder austreiben soll. „Wir ernten einen Teil des Feldes oberirdisch an einem oder zwei Tagen ab“, so Alexandra Walter. Die professionelle Trocknung der Pflanzen und die Herstellung des hochqualitativen und zertifizierten Extrakts in Arzneimittelqualität werden ausgelagert. Die Verarbeitung zu den Endprodukten findet in Innsbruck statt. „Es war uns wichtig, dass wir ein Produkt haben, das eine schlanke Zutatenliste hat, weil wir unseren Enzian als Hauptdarsteller in unseren Produkten drin haben wollen. Er kann einfach etwas, was andere Pflanzen nicht können“, ist Heidrun Walter überzeugt.
Aus den Extrakten der Enzianblüte werden Lotionen und Seifen für PrivatkundInnen und Hotellerie hergestellt.
Vielfältiges Angebot
Angeboten wird das breite Sortiment online unter www.enzner.at/shop sowie bei diversen Partnern wie der Silvretta Therme oder dem Alpinarium Galtür. Aber auch in vielen Beherbergungsbetrieben findet man Produkte von „Enzian cultiviert“, wie Heidrun Walter erklärt: „Das fängt bei der Frühstückspension an und hört beim Fünf-Sterne-Haus auf.“ Darüber hinaus werden ebenso Sonderwünsche in enger Abstimmung mit Kund:innen entwickelt. So etwa die Duschseife „Mander“, die exklusiv für die Raiffeisenbank Arlberg Silvretta produziert wurde. Diese auf den Mann maßgeschneiderte Linie wird zu besonderen Anlässen an Kunden verschenkt. „Wir haben den Vorteil, dass wir sehr klein sind und dadurch recht schnell reagieren und liefern können. Das machen wir auch gerne“, bestätigt Heidrun Walter.
Wunderpflanze
2022 wurde der Gelbe Enzian zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Grund dafür sind die in ihm enthaltenen Bitterstoffe, die traditionell zur Unterstützung der Verdauungsfunktion und zur Appetitanregung eingesetzt werden. Aufgrund der Bitterstoffrezeptoren in den Zellen der Epidermis (Oberhaut) gewinnt er aber auch in der Hautpflege zunehmend an Bedeutung.