Ein kritischer Blick auf die Illusion von Reichweite
Es ist das Medium der Stunde – angeblich. Podcasts gelten als niederschwellig, authentisch, demokratisch. Man braucht kein Studio, keine Redaktion, keine Bühne. Ein Mikrofon, ein Hosting-Service, ein bisschen Selbstausdruck – und schon sendet man. Und doch: Die Wirklichkeit sieht anders aus. Denn was viele starten, hört fast niemand zu Ende. Und was viele beginnen, verschwindet lautlos im digitalen Nirgendwo.
Der Markt ist überfüllt, die Aufmerksamkeit begrenzt. Die allermeisten Formate erreichen keine dreistellige Hörerzahl. Trotzdem entsteht Woche für Woche ein neuer „Talk über alles“, ein „Perspektivenwechsel“ oder ein „unzensiertes Gespräch“. Es ist eine Massenbewegung ohne Masse. Der Glaube, mit einem Podcast automatisch relevant zu werden, erweist sich als Illusion.
Besonders in den Regionen klafft die Lücke zwischen Produktionseifer und Wirkung. Die Technik ist da, der Wille auch. Aber Reichweite entsteht nicht durch das bloße Hochladen von Audiodateien. Sie braucht Kontext, Anschluss, Relevanz. Was vielerorts fehlt, ist eine kritische Masse an Hörer:innen, an Medienpartnerschaften, an Verbreitung.
Was bleibt, ist Selbstbespiegelung.
Magazinredaktionen verstärken diesen Trend oft noch. Da werden Podcasts produziert, mit QR-Codes in Printstrecken eingebettet, als Bonus-Material deklariert – doch wer scannt sie wirklich? Wer hört sich das an? Vieles wirkt eher wie ein Symbol des Dabeiseins, nicht des Gehörtwerdens.
Der Podcast als Feigenblatt der Modernität.
Dabei ist das Podcastformat an sich kein Problem – im Gegenteil. International gehört es zu den erfolgreichsten Medienformen der Gegenwart. Formate wie Lanz & Precht erreichen Hunderttausende wöchentlich und prägen den gesellschaftlichen Diskurs. Auch in Österreich gibt es erfolgreiche Produktionen. Etwa Die Dunkelkammer, die mit investigativer Tiefe, handwerklicher Präzision und publizistischer Haltung neue Maßstäbe setzt.
Was aber nicht funktioniert: Podcasts als Marketingvehikel ohne Inhalt. Wer glaubt, mit einem Mikrofon und einem Agenturlogo automatisch Geld zu verdienen, wird scheitern. Denn das Publikum ist nicht naiv – es hört, wer wirklich etwas zu sagen hat. Und schaltet ab, wenn es nur ums Senden geht.