Geht es nach Andreas Tschas, CEO von Glacier, werden Green Jobs in Zukunft nicht mehr gebraucht. Seine Idee: möglichst vielen MitarbeiterInnen Wissen und ein Bewusstsein für den Klimaschutz zu vermitteln. Denn mit der Einstellung ändern sich auch die Prozesse in den Unternehmen, so der Glacier-Gründer.
Sie haben das Unternehmen Glacier gegründet, das sich zum Ziel setzt, Umwelt- und Klimaschutz in Firmen zu bringen. Wieso ist Ihnen das ein Anliegen?
Andreas Tschas: Der primäre Zweck all meiner Unternehmungen war und ist es, etwas zu machen, was die Menschheit voranbringt. Die Klimakrise entwickelt sich dramatisch. Gemeinsam mit meinem Co-Founder, Rainhard Fuchs, habe ich mir Gedanken gemacht: Welchen Beitrag können wir mit unserem Wissen leisten, um dem Klimawandel entgegenzuwirken? Denn alle reden über das Klima, aber die wenigsten haben eine Ahnung, worum es dabei geht. Warum passiert der Klimawandel, was kann man selber tun? Das wollten wir ändern.
So ist unsere Vision entstanden: Wir wollen 100 Millionen MitarbeiterInnen im Bereich Klimaschutz empowern und weiterbilden, damit sie aktiv werden können, und das im Unternehmenskontext.
Wie werden die MitarbeiterInnen empowert?
Durch unsere Weiterbildungsprogramme. Wir sagen: Every job is a climate job. Es betrifft wirklich jeden einzelnen Bereich, nicht mehr nur die Nachhaltigkeitsabteilung eines Unternehmens. Nehmen wir zum Beispiel die Personalabteilung her. Die spielt im Bereich Klima eine wichtige Rolle. Denn MitarbeiterInnen melden sich ganz oft dort und sagen: Wir wollen etwas für den Klimaschutz tun, wir wollen Teil der Lösung werden. Und dafür muss die Personalabteilung dann Konzepte und Ideen haben.
Und bei jungen Menschen?
Auch für die BewerberInnen ist Klimaschutz ein wichtiges Kriterium. Das sieht man vor allem bei den jungen Leuten: 72 Prozent der Millenials sehen Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext als eines der Top-drei-Kriterien bei der Auswahl der ArbeitgeberInnen. Das heißt, die Personalabteilung muss auch eine gewisse Kompetenz haben, was diesbezüglich im Unternehmen passiert.
Wie geht das konkret?
Dafür haben wir ein Kursprogramm entwickelt und sind dabei, es weiterzuentwickeln. Wir wollen für jeden Job in einer Firma eine „learning journey“ bauen. Da geht es zum Beispiel am Anfang wirklich um das Basiswissen und dann auch um jobspezifische Fähigkeiten.
Das kann man dann auf verschiedene Bereiche umlegen, wie den Verkauf oder das Facility Management, wo es um Energie, Energieverbrauch, Energieproduktion oder Energiespeicherung geht, bis hin zur Produktion natürlich, wo bei vielen Unternehmen der größte Hebel liegt.
Sie sagen, dass jeder Job ein Klimajob ist. Das Konzept der „Green Jobs“ sieht ein bisschen anders aus, laut EU sind diese Arbeitsplätze in der Herstellung von Produkten, Technologien und Dienstleistungen, die Umweltschäden vermeiden und natürliche Ressourcen erhalten. Ist für Sie der Begriff in dem Kontext dann eher überflüssig?
Momentan noch nicht, aber ich glaube, er wird es früher oder später. Wir stehen noch ganz am Anfang und ich glaube, viele verstehen noch nicht, was es für die Transformation brauchen wird. Die meisten Unternehmen berechnen jetzt einen CO2-Fußabdruck. Das ist grundsätzlich gut, aber dieser Fußabdruck ist ja nur eine Momentaufnahme, und um wirklich die Prozesse im Unternehmen zu ändern, braucht man überall das Wissen über Klimaschutz.
Bei Green Jobs geht es darum, mit einem spezifischen Fachwissen ausgestattet zu werden, was auch wichtig ist. Aber wir sehen das viel breiter. Wir sagen: Wir brauchen nicht eine Handvoll Leute, die Klimaschutz perfekt können, sondern wir brauchen 100 Millionen Menschen, die Klimaschutz halbwegs gut machen.
Und bei welchen Prozessen setzen Unternehmen Ihrer Erfahrung nach als Erstes an?
Als Erstes muss man wirklich versuchen, alle mitzunehmen, die Einstellung einmal zu ändern. Da haben Unternehmen einen Riesenhebel, wenn sie zum Beispiel allen MitarbeiterInnen eine Klimaschutzschulung anbieten. Einerseits hilft das den Leuten, es zu verstehen. Andererseits geht es um jeden einzelnen Prozess im Unternehmen. Und mit der Einstellung werden sich auch die Prozesse verändern.
Das ist ähnlich wie mit der digitalen Transformation. Wir haben gelernt, einen Computer zu verwenden, das konnte am Anfang auch niemand. Und jetzt stehen wir vor der nächsten Transformation, nämlich hin zur Nachhaltigkeit. Und ich glaube, dass die noch umfangreicher sein wird und noch schneller passieren wird müssen.
Also sehen Sie das als Unternehmensaufgabe?
Ich sehe das als Unternehmensnotwendigkeit. Das ist wie mit der Digitalisierung: Die Firmen, die sie verschlafen haben, sind verschwunden. Und so ähnlich ist es auch mit der Nachhaltigkeit: Ein Großteil der Unternehmen, die das nicht verstehen, wird vom Markt verschwinden. Vor allem weil KundInnen und MitarbeiterInnen immer kritischer werden. Und gerade Unternehmen, die sich um Nachhaltigkeit bemühen, haben keine Probleme, MitarbeiterInnen zu finden.
Zur Person
Andreas Tschas ist CEO und Co-Gründer von Glacier. Mit Glacier will er Unternehmen bei der Bewältigung der Klimakrise und der Erreichung von Klimaschutz- und Nachhaltigkeitszielen helfen.