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Cine Tirol-Chef im Interview

Johannes Köck über die heimische Filmlandschaft

Der indische Action-Thriller "Saaho" wurde 2019 in Tirol gedreht.
Cine Tirol-Chef im Interview

Johannes Köck über die heimische Filmlandschaft

Der indische Action-Thriller "Saaho" wurde 2019 in Tirol gedreht.

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Tirol ist in der Welt des Films keine Unbekannte. In- wie ausländische Firmen investieren in Produktionen auf heimischem Boden. Das Potenzial ist dabei noch lange nicht erschöpft.

Seit 26 Jahren leitet Johannes Köck die Cine Tirol Film Commission, die erste Anlaufstelle für die Realisierung von Filmprojekten. Im Interview mit Top Tirol spricht er über das heimische Geschichtenpotenzial und gibt Einblick in die wirtschaftlichen Aspekte des Filmemachens in Tirol.

 

Herr Köck, in- und ausländische Firmen interessieren sich für Tirol – wie sich jüngst am Beispiel der Totenfrau-Dreharbeiten zeigt. Welches Geschichtenpotenzial hat unser Bundesland zu bieten?

Über diese Frage freue ich mich besonders, weil das jetzt in den über 26 Jahren, in denen ich Cine Tirol leiten darf, das ist, was mir auch immer am meisten Freude bereitet hat: Geschichten über dieses Land zu erzählen, die teilweise fiktiv sind. Aber es gibt unter den über 2.000 Filmproduktionen, die während meiner Laufbahn in Tirol entstanden sind, auch welche, die ursächlich aus dem Land kommen. Ein Beispiel ist Märzengrund. Dieses Land ist so voller Geschichte und Geschichten. Manchmal habe ich das Gefühl, die Menschen erkennen das gar nicht so sehr.

Es gibt ein berühmtes Zitat, das man Kaiser Maximilian zuspricht: „Tirol gleicht einem groben Bauernmantel, in dessen Falten sich manch Kostbarkeiten verbergen.“ Er hat Silber und andere Bodenschätze damit gemeint, doch ich verwende diesen Spruch gerne, weil eben auch Geschichten letztlich Schätze sind. So gesehen, hat Tirol ein paar Kostbarkeiten hervorgebracht und vielen Menschen durch das Medium Film zugänglich und erlebbar gemacht. Und ich freue mich auf die vielen Geschichten, die Tirol noch in filmischer Form erzählen können wird.

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    "Märzengrund" wurde unter anderem im Zillertal, in Sellrain und am Hintersteiner See gedreht.

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    Der Kinospielfilm "Märzengrund - die Geschichte einer Befreiung" von Adrian Goiginger.

 

Wie wichtig ist Tirol als Filmland aktuell?

Auch da kann ich Gutes berichten. Im Feber haben wir in Berlin an der Berlinale und Anfang April in Graz an der Diagonale teilgenommen. Diese beiden Festivals waren die besten, die wir je besucht haben. Wir haben im Austrian Filmhub Gespräche über neue Projekte geführt – unter anderem mit Filmschaffenden, ProduzentInnen, RegisseurInnen und Locationscouts. Die Zeichen stehen unglaublich gut, dass wir noch heuer ein paar dieser Projekte nach Tirol bringen. Ein paar sind auch für 2025 und zwei für das Jahr 2026 geplant.

Da hilft natürlich unser Netzwerk und unsere Erfahrung, aber vor allem auch das Incentive-Programm des Bundes. Das gibt es seit 1. Jänner 2023 und macht Österreich in Summe auch finanziell hochinteressant. Unter günstigsten Bedingungen können 35 Prozent der in Österreich – und somit auch in Tirol – ausgegebenen Gelder refundiert werden. Das heißt, wenn eine Produktion nachweist, eine Million in Tirol ausgegeben zu haben etwa für Unterkunft, Verpflegung, Locationmiete, Tiroler Filmschaffende oder Transport, dann können bis zu 350.000 Euro über dieses Programm refundiert werden. Das ist für die Produktion aus rein wirtschaftlichen Gründen sehr attraktiv.

Verbunden dann noch mit den wunderbaren Drehorten, ihrer Erreichbarkeit, den Tiroler Filmschaffenden und unserer Unterstützung des Locationservice ergibt das ein umwerfendes Paket, das uns im Wettbewerb ganz weit nach Vorn gebracht hat.

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    Auch die zweite Staffel von "Totenfrau" - nach dem Thriller von Bernhard Aichner - wird in Tirol gedreht.

  • drehstart-totenfrau-staffel

    Die zweite Staffel der ORF/Netflix-Serie "Totenfrau".

 

Lassen sich die jährlichen Produktionen in eine Zahl fassen?

Die Zahl der Projekte sagt weniger aus, unsere Kennzahl ist da mehr der wirtschaftliche Effekt. Wir bemühen uns nämlich nicht nur um Spiel- oder Dokumentarfilme, sondern auch um Musikvideos, Werbe- und Imagefilme. Die Zahl dieser Produktionen kann schon an die Hundert betragen.

Im Schnitt aber können wir pro Jahr zwischen sechs und sieben Millionen an wirtschaftlichen Effekten in Tirol nachweisen. Das sind die Zahlen, die durch produktionsbedingte Ausgaben in Tirol entstehen, sprich unter anderem für Unterkunft, Verpflegung, Motivmiete, Gage für Tiroler Filmschaffende und Transport.

Natürlich sticht im Rückblick die Bond-Produktion „Spectre“ heraus. Dafür wurden damals 8,9 Millionen Euro in Sölden und in Obertilliach ausgegeben. Aber auch Einzelproduktionen, wie die Totenfrau jetzt zum Beispiel, sind interessant. Wir rechnen da laut Antrag mit rund 600.000 Euro.

 

Woher kommen die Anfragen? Mehr aus dem In- oder Ausland?

Das verändert sich von Jahr zu Jahr ohne echte Planbarkeit. Grundsätzlich stammen die meisten Anfragen schon aus dem deutschsprachigen Raum. Aber auch aus Europa, beispielsweise hatten wir heuer am Anfang des Jahres eine niederländische Produktion vor Ort. Dann geht es gleich mal Richtung Übersee: die großen Metropolen der Filmproduktion, sprich Hollywood und nach wie vor Bollywood.

 

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    "Tiger Zinda Hai" wurde 2017 unter anderem im Riesensaal der Hofburg Innsbruck gefilmt.

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    Der indische Spionage-Action-Thriller "Tiger Zinda Hai".

  • 2016Pardes-Main-Hai-Mera-Dil-c-Innsbruck-TourismusJan-Hetfleisch

    Dreharbeiten der indischen Fernsehserie "Padres Mein Hai Mera Dil" 2016.

 

Werden auch TirolerInnen von ausländischen Produktionen miteingebunden?

Wir haben damals Cine Tirol auch mit der Zielsetzung gestartet, dass wir die Tiroler Filmschaffenden in diese von uns akquirierten Projekte involvieren. Das war, ich kann mich gut erinnern, damals gar nicht so einfach. Und es hat auch einige Zeit gebraucht, bis es gewachsen ist. Ich freue mich wirklich, dass es in der Zwischenzeit ein großartiges Netzwerk an Tiroler Cineasten in fast allen Gewerken gibt – also Kamera, Licht, Ton, Kostüm oder Maske – die inzwischen mit nationaler und teils auch mit internationaler Erfahrung in diese Projekte involviert werden können.

Kameraleute arbeiten natürlich gerne mit ihrem Team des Vertrauens. Aber es gibt durchaus Produktionen, die diese Positionen zu einem großen Teil mit TirolerInnen befüllen. Vor allem, wenn es um hochalpine Dreharbeiten geht, denn die kennen sich hier aus, sind geländegängig. Da gibt es jetzt auch ein innertirolerisches Netzwerk, das wir zweimal im Jahr zu uns einladen, um von den Projekten zu erzählen. Das macht mir wahnsinnig viel Freude, weil damit auch eine Zielsetzung von Cine Tirol aufgegangen ist.

 

Welche Resonanz bekommen Sie von nationalen und internationalen Filmschaffenden in Bezug auf die Stärken und Schwächen Tirols als Filmland?

Erfreulicherweise sind es fast nur Stärken, von denen wir hören. Es ist noch immer die Vielfalt der Tiroler Berglandschaft. Die Betonung liegt auf Vielfalt, denn da geht es nicht nur um Gletscher und Hochgebirge, sondern auch um Mittelgebirge, um Seenlandschaften und – ganz wichtig – um die Erreichbarkeit all dieser Drehorte. Dass da Tirol aufgrund der touristischen Erschließung teilweise Straßen hinauf bis in die Gletscher hat, ist ein großer Pluspunkt für filmische Aktivitäten. Das hören wir auch bei vielen Gesprächen, zuletzt wieder in Berlin.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist auch die Architektur in Tirol. Das haben wir am Anfang gar nicht so wahrgenommen, bis uns dann ein amerikanischer Locationscout bei einer Tour in Tirol gesagt hat, dass er von der Architektur mindestens genauso begeistert sei. Es gibt ein paar Bauwerke im Hochgebirge, die an sich schon Filmgeschichte sind. Das Brandenburger Haus in den Ötztaler Alpen zum Beispiel. Oder auch moderne Architektur, wie die Bergisel-Schanze, sowie Almdörfer, wie die Oberstalleralm in Osttirol. Und Jakob Falkner ist es in Sölden mit dem ice Q gelungen, James Bond nach Tirol zu führen – sprich durch Architektur im Höchstgebirge.

Diesen Impuls haben wir dann auch stärker in unserer Bewerbung mitaufgenommen und seither schon viele Male recht behalten. 

 

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    Der britische Schauspieler Daniel Craig - alias James Bond, Agent 007 - inmitten der Tiroler Bergwelt.

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    007 Elements: Die Erlebniswelt rund um James Bond.

  • 2015jamesbondspectre-c-tirol01-2015-sony-pictures-releasing-gmbh

    2015 wurden Teile des James Bond "Spectre" in Tirol gedreht.

 

Wo wird sich das heimische Filmland in den nächsten fünf Jahren hin entwickeln?

Nach bestimmten Parametern sind wir bereits das führende Filmland der Alpen. Diese Position wollen wir halten. Darum wird sich das Cine Tirol Team auch nach meinem pensionsbedingten Abgang – der im heurigen Herbst sein wird – sehr bemühen. Meine geschätzte Kollegin Angelika Pagitz – seit 17 Jahren dabei und meine Stellvertreterin – wird dann die Leitung übernehmen und mit dem Team sicher auch die richtigen Entscheidungen treffen in diesem Wettbewerb.

Denn es gibt andere Länder mit schönen Bergen und Architektur, da müssen wir schauen, dass wir dabeibleiben: früh aufstehen und spät schlafen gehen, immer erreichbar sein und mit unserem Netzwerk der Tiroler Filmschaffenden und der Tiroler Tourismusverbände, Gemeinden und Bergbahnen in Verbindung bleiben. Ich nenne das, was wir machen, Filmfischen, und in dem sind wir in den 26 Jahren glaube ich auch wirklich gut geworden – das wollen wir so halten.

 

Was braucht es, um die Filmwirtschaft in Tirol weiter anzukurbeln?

Es gibt zwei Elemente, die uns dabei sicher sehr helfen würden. Erstens wäre das eine substanzielle Erhöhung unseres Budgets, das seit 26 Jahren so geblieben ist, wie es war. Wir sind dankbar dafür, denn es ist öffentliches Geld. Wir gehen sehr sorgsam damit um und es ist vieles auch trotz der Überschaubarkeit der finanziellen Möglichkeiten entstanden. Aber da einen entsprechenden Anstieg zu verzeichnen, wäre wirklich enorm wettbewerbsfähig.

Bei Gesprächen wie diesen ist es mir auch immer wichtig zu betonen, dass wir keine klassische Filmförderung sind. Uns geht es darum, Produktionen nach Tirol zu führen, bestmöglich zu betreuen und mit Filmschaffenden aus dem Land zu besetzen. Je höher unsere Möglichkeiten sind, desto besser sind unsere Chancen. Und der Erfolg, der durch diese Chance entsteht, zahlt wieder zu hundert Prozent ins Land ein. Nicht an uns als Cine Tirol, sondern in Hotels, in Seilbahnen, in die Tiroler Filmbranche und so weiter und so fort.

Und zweitens würde uns ein professionelles Filmstudio mit allen technischen Voraussetzungen am Standort Tirol weiterbringen. Natürlich ist es eine große Investition, aber das würde sich sehr rasch wieder rentieren, wie wir in vielen anderen Ländern beobachten. Es wäre eine grandiose Ergänzung als Coverset bei Schlechtwetter, aber auch, weil vermehrt Filmproduktionen in Studios entstehen. 

Da sind wir in Gesprächen und arbeiten sehr eng mit der Standortagentur zusammen. Es gibt auch ein paar Optionen und ich bin zuversichtlich, dass wir hoffentlich auch das schaffen und damit etwas schließen, was geschlossen werden sollte.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

  • Johannes-KoeckCine-Tirol2019

Zur Person:

Johannes Köck leitet mit sehr viel Passion seit 26 Jahren die Tiroler Filmkommission. Im Herbst dieses Jahres wird er das „Filmfischen“, wie er seinen Beruf liebevoll bezeichnet, pensionsbedingt an den Nagel hängen. Der Liebe zum Film wird er dennoch weiterhin treu bleiben.

20. Mai 2024 | AutorIn: Michaela Ehammer | Foto: Georg Mayrhofer; Metafilm/Paul Sprinz; Mona Film_Barry Films_Victoria Herbig; ORF/​Mona Film/​Barry Films/​Philipp Brozsek; UV Creations; yash-raj-films-68; Yash Raj Films; Innsbruck Tourismus_Jan Hetfleisch; tirol_01-2015-sony-pictures-releasing-gmbh; 02-2015-columbia-tristar-marketing-group-inc-and-mgm-studios_alexander-tuma; cine tirol (2)

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