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4-Tage-Woche in Osttirol

Krisenmaßnahme oder Zukunftsmodell?

4-Tage-Woche in Osttirol

Krisenmaßnahme oder Zukunftsmodell?

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Während der Kühlgeräte-Riese Liebherr in Lienz von Oktober bis Dezember 2024 die 4-Tage-Woche testweise als Antwort auf Auftragsrückgänge eingeführt hat und iDM in Matrei ebenfalls zur Krisenbewältigung seit Oktober 2024 bis voraussichtlich Ende Mai an vier Tagen Arbeit pro Woche festhält, setzt der Naturkosmetik-Hersteller Brüder Unterweger in Thal-Aue bereits seit Jahren bewusst auf das verkürzte Arbeitszeitmodell. Ist Osttirol damit Vorreiter oder lediglich pragmatisch? Und welche Auswirkungen hat das auf den Wirtschaftsstandort Tirol?

 

Liebherr Lienz: Die 4-Tage-Woche als Reaktion auf die Flaute

Als im Frühjahr 2024 die Auftragslage in der Industrie spürbar schwächelte, ging Liebherr Lienz einen ungewöhnlichen Weg: Fernab ideologischer Experimente wurde die 4-Tage-Woche für rund 1.200 Beschäftigte ab Oktober zur neuen Realität. Konkret bedeutete das für die Belegschaft 80 Prozent Arbeitszeit bei 90 Prozent Lohn und 100 Prozent Sonderzahlungen (etwa für das 13. und 14. Monatsgehalt). Sobald die Aufträge nach Jahreswechsel wieder anzogen, kehrte man zum regulären Betrieb zurück. Die 4-Tage-Woche fungierte für die Verantwortlichen somit als reiner wirtschaftlicher Puffer und nicht als langfristiges Arbeitsmodell.

 

iDM Matrei: Die 4-Tage-Woche mit unsicherem Ausgang

Ähnlich verhält es sich derzeit mit dem Wärmepumpenhersteller iDM in Matrei. Dieser führte für Mitarbeitende in Produktion und Logistik im Oktober 2024 die 4-Tage-Woche ein, um die schlechte Auftragslage abzufedern. Insgesamt wurden die Kapazitäten dadurch um 20 Prozent gesenkt. Gehaltseinbußen wurden durch die freiwillige Zahlung von Zulagen von Arbeitgeberseite verhindert. Was allerdings ursprünglich nur bis Ende Jänner 2025 geplant war, läuft vorerst bis Ende Mai 2025 weiter. Für viele Mitarbeitende ergibt sich dadurch einiges an Unsicherheit, was die endgültige Dauer der Maßnahme betrifft.

 

Brüder Unterweger: Dauerhafte 4-Tage-Woche als strategischer Schritt

Anders präsentiert sich die Situation beim Naturkosmetikhersteller Brüder Unterweger in Thal-Aue. Dort ist die 4-Tage-Woche seit mittlerweile mehreren Jahren als gelebte Unternehmenskultur etabliert. Jeden Donnerstag um 17 Uhr tritt die Belegschaft ihr Wochenende an – und das bei vollem Lohn. Der Naturkosmetik-Hersteller setzt damit sowohl in der Produktion als auch in der Verwaltung langfristig auf das Modell der verkürzten Arbeitswoche. Das Ziel: Mitarbeiterbindung, Gesundheitsprävention und ein klarer Wettbewerbsvorteil im Kampf um Fachkräfte. Der Schlüssel zum Erfolg liegt angeblich in der strukturierten Planung und der hohen Eigenverantwortung der Teams.

 

Nicht für alle Branchen ein Erfolgsmodell

Die 4-Tage-Strategie lässt sich allerdings nicht eins zu eins auf alle Branchen übertragen. Gerade im Tourismus, in Pflegeberufen oder im Einzelhandel erweist sich die Umsetzung einer 4-Tage-Woche nach wie vor als schwierig. Die hohe Personalintensität, unregelmäßige Dienstzeiten und die Notwendigkeit zur täglichen Präsenz lassen sich nicht ohne Weiteres in ein reduziertes Zeitmodell überführen. Dort bräuchte es eher neue Personalkonzepte als verkürzte Arbeitszeiten. Auch viele Klein- und Mittelbetriebe, die das wirtschaftliche Rückgrat Tirols bilden, würden bei der Umsetzung an ihre Grenzen stoßen: Wer in saisonalen Zyklen arbeitet oder von wenigen Schlüsselpersonen abhängt, kann sich weniger Flexibilität leisten.

 

Noch keine staatliche Förderung für Arbeitszeitverkürzung

Ein wesentlicher Knackpunkt der 4-Tage-Woche ist, dass es in Österreich derzeit noch keine staatlich finanzierte Arbeitszeitverkürzung gibt, wie sie in anderen europäischen Ländern zumindest diskutiert oder bereits getestet wird. Unternehmen wie Brüder Unterweger tragen das Modell selbst – aus Überzeugung, aber auch auf eigenes Risiko. In Phasen wirtschaftlicher Unsicherheit könnte das eine Hürde für viele Betriebe sein, die prinzipiell offen für neue Arbeitskonzepte wären.

 

Was bedeutet das für die Tiroler Wirtschaft?

Große Arbeitgeber wie Liebherr, iDM oder Unterweger senden mit ihren Maßnahmen – so unterschiedlich sie im Ursprung auch sein mögen – öffentliche Signale. Damit befeuern sie wiederum die Debatte rund um sinnvolle Arbeitsmodelle in der Region. In Tirol, wo Fachkräftemangel und demografischer Wandel jährlich spürbarer werden, könnten flexible Arbeitszeitmodelle zwar einen Standortvorteil schaffen. Gleichzeitig darf man die Effekte allerdings nicht überschätzen: Die Produktivität muss stabil bleiben, kleinere Betriebe dürfen nicht unter Druck geraten – und auch das Steuersystem muss sich auf Veränderungen einstellen, wenn das Arbeitsvolumen flächendeckend sinkt.

 

Fazit: Osttirol testet, der Rest Tirols beobachtet

Die drei Osttiroler Beispiele zeigen: Die 4-Tage-Woche ist kein universeller Lösungsansatz, sondern maximal ein Werkzeug, das unter bestimmten Bedingungen funktionieren kann. Als Krisenmaßnahme hat sie sich bei Liebherr bewährt, bei iDM bleibt der Ausgang noch abzuwarten. Als strategisches Modell bei Brüder Unterweger scheint sie jedoch zu greifen. Ob daraus ein flächendeckendes Zukunftsmodell für Tirol wird? Noch ist es wohl zu früh, um diese Frage eindeutig zu beantworten. Trotzdem ist jetzt ein guter Moment, um genauer hinzusehen.

06. Mai 2025 | AutorIn: Isabella Walser-Bürgler | Foto: shutterstock

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