Die derzeitige Rezession hinterlässt ihre Spuren im Land. Tirol glänzt im Bundesländervergleich auf den ersten Blick zwar mit einer der niedrigsten Arbeitslosenquoten in Österreich, doch unter der Oberfläche brodelt es. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist um fast 19 Prozent gestiegen und trifft vor allem Ältere, gesundheitlich Beeinträchtigte und gering Qualifizierte. Auf eine Trendwende lassen die aktuellen AMS-Zahlen vergebens hoffen.
Mit Stand 31. Mai 2025 waren in Tirol insgesamt 18.358 Personen arbeitslos gemeldet. Das ist ein Zuwachs von knapp 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit liegt Tirol hinter Salzburg auf Platz zwei im Bundesländervergleich, aber der Trend geht eindeutig nach oben. Besonders auffällig ist der Anstieg in Städten und tourismuslastigen Bezirken wie Kufstein (+15,1 Prozent), Kitzbühel (+14,0 Prozent) oder Innsbruck (+12,3 Prozent).
Branchen bremsen, Jobs bleiben aus
Die Arbeitslosenrate ist im Vergleich zum Vorjahr in praktisch allen Wirtschaftsbereichen gestiegen. Besonders betroffen sind die Warenherstellung (+19,7 Prozent), das Gesundheits- und Sozialwesen (+22,1 Prozent) und der Handel (+12,4 Prozent). Gleichzeitig zeigt sich die Zahl der offenen Stellen stark rückläufig. In der Gastronomie etwa gibt es um ganze 27 Prozent weniger Jobs als noch vor einem Jahr. Mit weniger Möglichkeiten auf eine Beschäftigung bleiben vor allem Langzeitarbeitslose außen vor.
Wer lange draußen ist, bleibt draußen
Insgesamt gelten in Tirol derzeit 2.075 Menschen als langzeitbeschäftigungslos (das heißt, dass sie länger als ein Jahr auf einen Job warten). Das ist ein Anstieg von fast 19 Prozent gegenüber 2024. Das Dramatische an dieser Statistik: Diese Gruppe ist besonders verwundbar.
- 6 von 10 (59,6 Prozent) leiden unter gesundheitlichen Einschränkungen
- Mehr als die Hälfte der Betroffenen (52,1 Prozent) ist über 50 Jahre alt
- Rund die Hälfte (51,4 Prozent) verfügt nur über einen Pflichtschulabschluss
Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Wer einmal aus dem System rausfällt, hat wenig Chancen, schnell zurückzukehren. Die Langzeitarbeitslosigkeit stellt damit kein Randphänomen dar, sondern weist auf ein tieferliegendes soziales Problem hin.
Qualifikation schützt, aber nicht alle (wollen) profitieren
Diesem sozialen Bild entsprechen auch die Ausbildungsdaten. Je höher die Ausbildung, desto geringer gestaltet sich das Risiko, arbeitslos zu werden. Während Akademiker:innen eine Arbeitslosenquote von nur 2,2 Prozent aufweisen, liegt sie bei Pflichtschulabsolvent:innen bei 14,8 Prozent. Dennoch bleiben viele Qualifizierungsangebote ungenutzt. 2.500 Personen nehmen derzeit an AMS-Schulungen teil. Das sind zwar knapp 10 Prozent mehr als im Vorjahr, das Angebot wird damit aber nicht annähernd ausgeschöpft.
Fazit: Keine Trendwende und ein wachsendes Problem
Das AMS bleibt hinsichtlich einer möglichen Besserung der Situation verhalten. Die Kombination aus strukturellem Wandel, rückläufigen Stellenangeboten und wachsenden Langzeitfolgen macht es notwendig, gezielte Maßnahmen für die am stärksten Betroffenen zu ergreifen. Geschieht dies nicht, droht eine dauerhafte soziale Spaltung des Arbeitsmarktes.