Barbara Thaler tanzt auf vielen Hochzeiten. Im Interview berichtet die Wirtschaftskammer-Tirol-Präsidentin, Wirtschaftsbund-Obfrau, EU-Abgeordnete und IT-Unternehmerin von ihren Tätigkeiten und weiteren Plänen.
Seit letztem November sind Sie die Präsidentin der Wirtschaftskammer Tirol. Wie waren Ihre ersten Monate im Amt?
Barbara Thaler: Der Einstieg war unglaublich intensiv. Ich habe viel Unterstützung von MitarbeiterInnen und FunktionärInnen bekommen, bin auch von der Politik und den Sozialpartnern gut aufgenommen worden. Nach der ersten Zeit legt sich natürlich die Aufregung und die fokussierte Arbeit an den wichtigsten Themen und Projekten beginnt zu greifen. Ich habe sehr viele Gespräche mit unseren Betrieben geführt und auch bei zahlreichen Betriebsbesuchen immer wieder erlebt, dass sich praktisch alle unsere Themen auf einen einzigen Kern reduzieren lassen. Dieser Kern heißt Leistung. Sie spielt in unserer modernen Gesellschaft die zentrale Rolle. Wir heben seitens der WK Tirol aktuell mit einem Schwerpunkt den Stellenwert von Leistung aufs Stockerl und fordern von der Politik ein, mehr unternehmerische Spielräume zu schaffen.
Anfang dieses Jahres durften Sie sich auch über die Wahl zur Obfrau des Wirtschaftsbundes Tirol freuen. Welche Bedeutung hatte diese Wahl für Sie?
Es ist eine große Verantwortung, die ich sehr ernst nehme – und ich habe mich über die Wahl zur Obfrau des Wirtschaftsbundes Tirol sehr gefreut. Das Vertrauen, das mir die Delegierten entgegengebracht haben, bedeutet mir viel und bestärkt mich in meinem Engagement für die wirtschaftlichen Belange Tirols. Ich bin überzeugt, dass sich mit der Achse Wirtschaftskammer-Wirtschaftsbund bestmögliche Ergebnisse für die Tiroler Betriebe erzielen lassen. Besonders wichtig ist mir auch der Dialog mit unseren Mitgliedern und, dass wir gemeinsam die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern und Tirol als starken Wirtschaftsstandort weiterentwickeln können.
Bald endet Ihre Tätigkeit als EU-Abgeordnete. Was nehmen Sie aus Ihrer Zeit in Brüssel mit?
Ich habe gelernt, wie man Gesetze verhandelt, Kompromisse formuliert und Mehrheiten bildet. Die letzten Jahre haben meinen Blick auf die EU verändert, ich habe ein tiefes Verständnis für die Komplexität und die Möglichkeiten der europäischen Politik gewonnen. Die EU ist für ein exportorientiertes Land wie Österreich ein klarer Vorteil. Das bedeutet aber nicht, dass wir alles, was die Europäische Kommission plant oder die europäischen Co-Gesetzgeber beschließen, gut finden müssen. Wir sitzen als Mitgliedsland in unterschiedlichen Gremien mit am Verhandlungstisch und können diese Chance nutzen, um Veränderungen in unserem Sinn zu erwirken.
Neben Ihren politischen Ämtern sind Sie auch IT-Unternehmerin. Wie bringen Sie das alles unter einen Hut
Klare Regeln für den eigenen Kalender – und das Versprechen an sich selbst, diese Regeln auch einzuhalten. Das hat in den vergangenen Jahren ganz gut funktioniert. Darüber hinaus braucht es ein gutes Team, dem man vertraut und das dadurch seine Stärken entfalten kann. Ich habe sowohl in meiner Firma als auch in der Wirtschaftskammer und bei meinen politischen Tätigkeiten engagierte und kompetente Menschen um mich, mit denen die Zusammenarbeit Freude macht. Und, offen gestanden, ist es gerade um einiges einfacher geworden, weil viele Reisekilometer pro Woche wegfallen.
Mit Rückblick auf Ihren bisherigen Werdegang, was würden Sie Ihrem 20-jährigen Ich heute raten?
Höre mehr auf die Mama! Was ich aus heutiger Sicht – und jedem jungen Menschen – raten kann: Man soll sich nie von äußeren Umständen abschrecken lassen. Man braucht vor laufenden Veränderungen keine Angst zu haben. In der Welt war auch vor 20 Jahren nicht alles rosig. Das Wichtigste ist, dass man sich einfach traut, auf seine Fähigkeiten baut und sein Ding macht.
Vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person
Barbara Thaler ist seit November letzten Jahres Präsidentin der Wirtschaftskammer Tirol und seit Anfang 2024 Obfrau des Wirtschaftsbundes Tirol. Zwischen 2019 und 2024 vertrat sie als ÖVP-Spitzenkandidatin Tirol im EU-Parlament. Darüber hinaus ist sie seit 2007 Inhaberin einer eigenen Werbeagentur, die sie während ihres Zweitstudiums der Wirtschaftsinformatik gründete.