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Gender Pay Gap in Tirol

Lohngefälle: Warum Frauen immer noch weniger verdienen

In Österreich liegt die Lohndifferenz mit 18,4 Prozent deutlich über dem Durchschnitt in der EU.
Gender Pay Gap in Tirol

Lohngefälle: Warum Frauen immer noch weniger verdienen

In Österreich liegt die Lohndifferenz mit 18,4 Prozent deutlich über dem Durchschnitt in der EU.

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Der geschlechtsspezifische Lohnunterschied, der sogenannte Gender Pay Gap, ist in Österreich groß und in Tirol noch größer. Gründe dafür gibt es genug – Möglichkeiten dagegen vorzugehen, aber auch.

Wie die Daten der Statistik Austria zeigen, beträgt der Gender Pay Gap in Österreich 18,4 Prozent. Er ist damit nach Estland der zweithöchste und liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt von 12,7 Prozent.

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Branchenabhängiges Einkommen

Als einen zentralen Aspekt, der zum Gender Pay Gap beiträgt, nennt Heike Welte, Leiterin des Masterstudiengangs Gender, Kultur und sozialer Wandel an der Universität Innsbruck, die unterschiedliche Einkommensstruktur in verschiedenen Branchen. Während frauendominierte Bereiche wie Pflege oder sozialpädagogische Berufe tendenziell schlechter bezahlt werden, weisen männerdominierte Sektoren wie Naturwissenschaften, Industrie und Technik ein höheres Lohnniveau auf.

Weniger Arbeit, weniger Geld

Ein weiterer Faktor ist der Beschäftigungsumfang. Viele Frauen arbeiten Teilzeit. Diese reduzierte Arbeitszeit wirkt sich direkt auf das Einkommen aus. Darüber hinaus führt Teilzeitarbeit häufig zu indirekten Benachteiligungen: Teilzeitbeschäftigte werden oft von wichtigen Aufgaben und Projekten ausgeschlossen und kommen seltener für Führungspositionen infrage, die mit einem höheren Gehalt verbunden sind.

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Regionale Infrastruktur

Auch regionale Unterschiede sind für die Ausprägung des Gender Pay Gap entscheidend. In Österreich herrscht ein deutliches Ost-West-Gefälle: Während im Osten Großbetriebe dominieren, ist Tirol von einer klein- und mittelbetrieblichen Unternehmenslandschaft geprägt. In diesen kleinbetrieblichen Strukturen erweist sich die Umsetzung flexibler Arbeitsangebote und vielfältiger Arbeitsmodelle oft als Herausforderung. Das spiegelt sich deutlich in den regionalen Unterschieden des Gender Pay Gap wider, wobei Wien den geringsten und Vorarlberg, dicht gefolgt von Tirol, die höchste Lohndifferenz innerhalb Österreichs aufweist. Eine weitere Gegebenheit, die zur Einkommensschere beiträgt, ist die Kinderbetreuungsinfrastruktur. In größeren Städten wie Wien ist sie besser ausgebaut und erleichtert somit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

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Unbezahlte Arbeit

Auch die Erledigung der familiären Aufgaben obliegt überwiegend den Frauen, was sich insbesondere bei der Betreuung von Kindern unter 15 Jahren zeigt. Hier ist ein deutlicher Anstieg der Teilzeitquote bei Frauen zu verzeichnen. „Um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, nehmen Frauen dann häufig Jobs an, für die sie eigentlich überqualifiziert sind oder die schlecht bezahlt werden“, erklärt Heike Welte.

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Geschlechtsdiskriminierung

Die Forschung deutet jedoch darauf hin, dass die bisher genannten Umstände allein nicht ausreichen, um die bestehenden Lohnunterschiede vollständig zu erklären. „Ein wichtiger und oft unterschätzter Aspekt ist die direkte Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, die durch tief verwurzelte Vorurteile und Stereotype verstärkt wird und unser Denken und Handeln nachhaltig beeinflusst“, meint Welte. Eine solche Diskriminierung könne sich zum Beispiel in einem erschwerten Zugang von Frauen zu beruflichen Netzwerken oder in der Benachteiligung bei Sonderzahlungen zeigen. „Zudem belegen Studien, dass Männer selbst bei gleicher beruflicher Position häufig ein höheres Gehalt beziehen als Frauen.“

Schweden als Vorreiter

Dass es auch anders geht, zeigt einmal mehr Schweden. Das Land zeichnet sich durch einen geringen Gender Pay Gap (11,1 Prozent) bei gleichzeitig hoher Frauenerwerbsquote (74,7 Prozent) aus. Skandinavien gilt bekanntermaßen als Vorreiter bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dies ist unter anderem auf die vorbildlichen Kinderbetreuungssysteme, aber auch auf die kulturelle Einstellung überhaupt zurückzuführen. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, in denen berufstätige Mütter schnell kritisiert werden, herrscht in Skandinavien eine fortschrittliche Akzeptanz berufstätiger Eltern. So gilt es dort als selbstverständlich, wenn Väter und männliche Erziehungsberechtigte aktiv Elternzeit in Anspruch nehmen.

Der Gender Pay Gap ist allerdings nur bedingt aussagekräftig, wie übrigens das Beispiel Italien zeigt. Mit 4,3 Prozent hat unser südliches Nachbarland zwar eine sehr geringe Differenz zwischen den Gehältern, weist aber gleichzeitig auch die niedrigste Frauenerwerbsquote innerhalb der EU auf. Oder vereinfacht gesagt: Frauen verdienen in Italien deshalb kaum weniger als Männer, weil viele von ihnen gar nicht arbeiten.

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Ungleiche Löhne bekämpfen

„Unternehmen können aktiv gegen geschlechtsspezifische Lohnunterschiede im Betrieb vorgehen“, weiß Welte. Ein Ansatzpunkt sei Lohntransparenz, die das Bewusstsein für Einkommensunterschiede schärfen könne. Darüber hinaus könnte die Einführung von Lohnverhandlungen, die für alle verbindlich sind, zu einer Minimierung des Gender Pay Gaps führen.

Wichtig sei auch, dass Unternehmen die Entwicklung und mögliche Unregelmäßigkeiten in der Gehaltsstruktur – einschließlich Bonuszahlungen und außergesetzlicher Leistungen – regelmäßig überprüfen und überwachen, um ungleiche Bezahlung zu vermeiden. Objektive Stellenbeschreibungen helfen dabei ebenso wie eine kritische Auseinandersetzung mit dem tatsächlichen Wert der Arbeit – unabhängig vom Geschlecht.

07. März 2024 | AutorIn: Anna Füreder | Foto: Shutterstock, Grafik: Sebastian Platzer

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