Der Ruf aus Tirol nach mehr Einfluss für den heimischen Tourismus sorgt auf landesweiter Ebene für viel Kontroverse.
Zwischen dem Tiroler Tourismus und der Industriellenvereinigung (IV) Tirol hängt der Haussegen schief. Auslöser war ein Appell, mit dem sich Benjamin Kneisl, Obmann des Verbandes der Tiroler Tourismusverbände (VTT), an die österreichische Politik wandte, die „Gelder im Tourismus zu belassen“. Mit seiner Aussage, dass es ein eigenes Tourismusministerium brauche, und der Forderung einer fairen Behandlung des Tourismus, hat er damit eine Kontroverse losgetreten.
Offizielles Statement
Als Reaktion darauf mahnte Max Kloger, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Tirol, in einem offiziellen Statement zu mehr Augenmaß und Zurückhaltung vonseiten der touristischen BranchenvertreterInnen und schloss: „Sollte der Tourismus mit der Forderung nach einem eigenen Ministerium durchkommen, ist es nur logisch, dass auch die österreichische Industrie ein eigenes Ministerium erhält und in Tirol eine eigene Landesrätin oder ein Landesrat für die Industrie zuständig sein sollte.“
Auf Anfrage von Top Tirol zeigte sich Kneisl missverstanden. Es gehe nicht per se um die gesamte Tourismusbranche, sondern darum, dass Tourismusverbände nicht endlos Geld zur Verfügung hätten. Er wolle die Unterstützung von Belangen in den Fokus rücken, die in Tirol bereits mitfinanziert werden – von Schwimmbädern bis hin zur Mobilität. „Die Tourismusverbände investieren vielerorts bereits - über die gesetzliche Vorgabe hinaus - in den Lebens- und Erlebnisraum, um die Regionen für Einheimische und Gäste gleichermaßen attraktiv zu gestalten. Diese Investitionen fördern die Lebensqualität und sorgen dafür, dass sowohl BewohnerInnen als auch BesucherInnen von einer ansprechenden und qualitativ hochwertigen Region profitieren“, so der VTT-Obmann.
Abgaben und Unterstützungsleistungen
Die Kritik Kneisls, dass der Tourismus für die Finanzierung anderer Lebensbereiche „angezapft“ werde, weist Kloger allerdings zurück. „Vergünstigungen über die Gästekarten, Tourismusabgaben quer über alle Branchen, großzügige Förderungen von Land und Bund, massive Covid-Förderungen – die Liste der Unterstützungsleistungen für den Tourismus ließe sich lange fortsetzen.“ Trotzdem sehe sich der Tourismus als Opfer einer unfairen Behandlung.
„Die Pflichtbeiträge wurden jetzt massiv reduziert, das bedeutet, wir haben auch bei der Entlastung der Wirtschaft mitgemacht und stehen auch dazu“, so Kneisl. Der „Hilfeschrei“ habe für ihn nichts mit einer Opferrolle zu tun. Die ureigene Aufgabe als Tourismusverband sei die Marketingwerbung und der Vertrieb. „Und nicht unbedingt, sich um alle anderen Belange von kommunalen Institutionen zu kümmern.“ Die Kernaufgabe der Verbände sei im Tiroler Tourismusgesetz verankert, sagt er weiter. „Wenn man möchte, dass die Verbände überall mitzahlen, dann muss man auch mit den Konsequenzen rechnen, dass die Tourismusverbände irgendwann diese Kernaufgabe nicht mehr wahrnehmen können. Dann darf man uns irgendwann auch nicht mehr Tourismusverbände nennen.“
Zusammenarbeit für Tirols Erfolg
Letztlich aber liege der Schlüssel zum Erfolg der Tiroler Wirtschaft für Kloger in einer guten Balance zwischen den verschiedenen Branchen und einer engen Zusammenarbeit der BranchenvertreterInnen. „Wenn wir wollen, dass es mit der Tiroler Wirtschaft wieder bergauf geht, müssen wir alle an einem Strang ziehen und gemeinsam dazu beitragen, dass das Leben der TirolerInnen besser wird“, so der IV-Tirol-Präsident.
Dem pflichtet auch der VTT-Obmann bei: „Wirtschaft sind wir alle, nicht nur der Tourismus. Und wir sind alle angehalten, an einem Strang zu ziehen.“
- Der Tourismus trägt in Tirol laut Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW) 23,9 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei und ist gemeinsam mit der Tiroler Industrie mit 38,9 Prozent ein wichtiger Motor der heimischen Wirtschaft.
- Österreichweit macht der Anteil des Tourismus am Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut Tirol Tourism Research 6,2 Prozent aus. Die Industrie hat wiederum einen Anteil von 18,7 Prozent.