Kommt eine Hyperinflation? Steigen die Zinsen? Diese beiden Fragen brennen Kunden am meisten unter den Nägeln, schilderte gestern Thomas Wass, Vertriebsvorstand der Raiffeisen Tirol Landesbank (RLB), bei der Präsentation der Bilanz 2020. „Nein, es kommt keine Hyperinflation und wir rechnen bis 2025 mit negativen Zinsen“, betonte Wass. Die Inflation werde heuer – nach dem Ölpreiseinbruch im vergangenen Jahr – auf etwas über 2 Prozent steigen und sich 2022 auf knapp unter 2 % einpendeln. Die Zinsen blieben schon alleine deshalb niedrig bzw. negativ, weil Notenbanken angesichts enormer Staatsschulden ihre ultralockere Geldpolitik fortsetzen würden.
Das Corona-Jahr 2020 hat auch bei der RLB Tirol tiefe Spuren hinterlassen.
Der operative Gewinn (EGT) knickte um fast 40 % auf 16,3 Mio. Euro ein, der Jahresüberschuss brach von zuvor 21 Mio. Euro auf 9,9 Mio. Euro ein. Grund für den Rückgang sei die ausgebliebene Dividende der Raiffeisen Bank International (als Folge des Ausschüttungsverbots der Europäischen Zentralbank) sowie die höheren Risikovorsorgen für faule Kredite. Bisher habe es zwar noch keine Pandemie-bedingten Kreditausfälle gegeben, das sei allerdings den diversen Corona-Maßnahmen wie Kredit-Stundungen oder Insolvenzsperren geschuldet. „Diese Ausfälle werden nachgeholt werden“, weiß Risikovorstand Christof Splechtna. Denn nach Auslaufen der Corona-Hilfsgelder dürften die Insolvenzanträge stark zulegen – zahlenmäßig etwa auf das Niveau der Anfang-2010er-Jahre unmittelbar nach der Finanzkrise. Auf eine mögliche Pleitewelle sei man vorbereitet – mit überproportional hohen Risikovorsorgen und höheren Rücklagen. Ein Blick in die Bilanz zeigt: Die RLB bewertet die gesamten Kreditrisiken deutlich höher als noch vor drei Jahren. Mit einer harten Kernkapitalquote von erstmals mehr als 16 % zähle die RLB Tirol aber laut Vorstandschef Reinhard Mayr zu den kapitalmäßig stärksten Regionalbanken Österreichs.
Langfristiges Refinanzierungsprogramm
Die Situation bei den von den Corona-Einschränkungen am stärksten betroffenen Kreditnehmern im Tourismus – Hotels, Seilbahnen – sieht Splechtna aber angesichts der baldigen Öffnungen optimistisch. Gewerbebetriebe wiederum seien zumindest derzeit noch mit Privatkunden ganz gut ausgelastet.
Die Bilanzsumme der RLB Tirol stieg um 11,2 % auf 9,4 Mrd. Euro. Dieser Anstieg war aber einzig dem Umstand geschuldet, dass sich die RLB – wie andere Banken – aus dem Topf des TLTRO-III-Programms bedient hat. Das ist ein langfristiges Refinanzierungsprogramm der EZB mit dem Ziel, Banken zu mehr Kreditvergaben zu motivieren.