Die alpine Ferienhotellerie befindet sich im Wandel: Veränderte Strukturen und neue Gästebedürfnisse zwingen heimische Tourismusbetriebe, Schritt zu halten.
Der „Alpine Hospitality Summit“ in Kitzbühel vereinte kürzlich rund 300 EntscheidungsträgerInnen aus Tourismus, Politik und Immobilien. Bei dieser Gelegenheit haben wir Thomas Reisenzahn von der Prodinger Tourismusberatung gefragt, welche innovativen Ansätze auf dem Vormarsch sind und welche traditionellen Erfolgsrezepte dadurch ins Wanken geraten.
Herr Reisenzahn, der diesjährige „Alpine Hospitality Summit“ in Kitzbühel stand im Zeichen des tiefgreifenden Wandels in der alpinen Hotellerie. Was kann man sich darunter vorstellen?
Es wurde deutlich, wie sehr sich die Strukturen ändern: Traditionelle Erfolgsmodelle der alpinen Ferienhotellerie geraten zunehmend unter Druck, während innovative Konzepte stark an Bedeutung gewinnen. Damit entstehen neue Gästeerwartungen, Finanzierungsmodelle und Betriebsformen – mit hoher Dynamik. Das Spannende an diesem Summit war, dass neue Antworten und Handlungsspielräume konkret aufgezeigt wurden. Familienbetriebe, Hotelgruppen, InvestorInnen und ProjektentwicklerInnen teilten ihre Strategien und Best Practices offen mit dem Publikum. Im Fokus standen dabei Themen wie nachhaltige Positionierung, alternative Investmentmodelle oder die Integration neuer Lebensstile in das touristische Produkt.
Welche Chancen ergeben sich daraus für den heimischen Tourismus?
Eine zentrale Chance liegt in der Weiterentwicklung des klassischen Wellnessbegriffs hin zu ganzheitlichen Gesundheits- und Langlebigkeitskonzepten. Dahinter steckt mehr als ein Trend. Der Wandel ist viel mehr Teil eines neuen Urlaubsverständnisses – mit präventivem, regenerativem und nachhaltigem Charakter. Tirol eröffnet das die Möglichkeit, sich über den Gesundheitsaspekt völlig neu zu positionieren. Es geht dabei nicht um ein „mehr vom Gleichen“, sondern um differenzierte Angebote, die touristischen und auch gesellschaftlichen Mehrwert schaffen.
„Urlaub wird zur Inspirationsquelle für den Alltag. Es geht darum, etwas mit nach Hause zu nehmen – sei es ein neues Körpergefühl, ein Impuls für gesunde Ernährung oder ein achtsameres Lebensmodell.“
Thomas Reisenzahn, Gründer und Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung
Gibt es traditionelle Konzepte, die aktuell auf dem absteigenden Ast sind?
Ja, ganz klar. Betriebe ohne klares Profil oder erkennbare Spezialisierung geraten zunehmend ins Hintertreffen. Ein einfaches Beherbergungsangebot ohne Differenzierung ist heute kaum mehr wettbewerbsfähig. Diese Häuser verlieren im Preiskampf und auch an wirtschaftlicher Substanz. Die Zeiten, in denen man mit einem generischen Angebot erfolgreich sein konnte, sind definitiv vorbei.
Welche innovativen Ansätze dürfen wir künftig konkret im Tiroler Tourismus erwarten?
Wir sehen eine deutliche Entwicklung in Richtung neuer Beherbergungsformen, insbesondere im Bereich der Serviced Apartments. Gleichzeitig entstehen moderne Interpretationen des klassischen Sporthotels – mit Fokus auf Bewegung, Regeneration und Erlebnis für die ganze Familie. Wir sprechen hier von einer neuen Generation von Aktivhotels, die ganzheitliche Erlebniswelten schaffen – für Körper und Geist gleichermaßen.
„Wer als UnternehmerIn ‚die Nase im Wind‘ hat und Trends nicht nur beobachtet, sondern auch in seine Angebote einbaut, wird erfolgreich bleiben.“
Thomas Reisenzahn, Gründer und Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung
Gehen diese Hand in Hand mit den Bedürfnissen der Gäste von morgen?
Absolut. Der Gast von morgen will mehr als nur Erholung – er sucht nach Sinn. Hotels, die die Kreativität des Gastes ansprechen und Impulse für ein bewussteres Leben geben, werden an Bedeutung gewinnen. Urlaub wird zur Inspirationsquelle für den Alltag. Es geht darum, etwas mit nach Hause zu nehmen – sei es ein neues Körpergefühl, ein Impuls für gesunde Ernährung oder ein achtsameres Lebensmodell. Sinnstiftung wird zum Schlüsselbegriff.
Welche Ratschläge haben Sie für die touristischen Betriebe in Tirol, um rechtzeitig auf diese Veränderungen reagieren zu können?
Es ist entscheidend, frühzeitig die Signale des Wandels zu erkennen und diese konsequent in die eigene Unternehmensstrategie zu integrieren. Der gesellschaftliche Paradigmenwechsel – etwa in Bezug auf Nachhaltigkeit, Mobilität oder Gesundheit – betrifft ja sehr stark auch den Tourismus. Wer als UnternehmerIn „die Nase im Wind“ hat und Trends nicht nur beobachtet, sondern auch in seine Angebote einbaut, wird erfolgreich bleiben. Flexibilität, Innovationsfreude und ein tiefes Verständnis für die neuen Bedürfnisse der Gäste sind heute wichtiger denn je.
Vielen Dank für das Gespräch.