Donald Trump will in seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident die ganze Welt umkrempeln. Er ist dabei aber nicht bloß eine Figur aus den Nachrichten, denn seine Handlungen – aber auch seine zahlreichen Aussagen – haben direkte Auswirkungen.
Auch auf Tirol? Wir begeben uns auf Spurensuche.
Zitate, die Donald Trump seit seiner Amtseinführung sagte:
20. Jänner
- „Wir werden eine Menge Geld mit Zöllen verdienen. Sie wissen, dass die Europäische Union uns Gebühren berechnet. Sie haben eine Mehrwertsteuer von 20 Prozent, aber in Wirklichkeit ist sie viel höher als das.
Sie nehmen unsere Autos nicht. Sie nehmen unsere landwirtschaftlichen Produkte nicht. Sie nehmen fast nichts, und doch nehmen wir ihre Autos und ihre landwirtschaftlichen Produkte. (…) Wir haben also ein Defizit von 300 Milliarden Dollar mit der Europäischen Union.
Also werden wir das entweder mit Zöllen ausgleichen oder sie müssen unser Öl kaufen. (…) Das Einzige, was sie tun können, um schnell aufzuholen, ist, unser Öl und Gas zu kaufen.“
23. Jänner
- „Meine Botschaft an alle Unternehmen in der Welt ist ganz einfach: Stellen Sie Ihr Produkt in Amerika her und wir bieten Ihnen die niedrigsten Steuern aller Nationen der Welt.“
3. Feber
- „Millionen von Autos kommen zu uns, BMW und Mercedes-Benz und Volkswagen, so viele verschiedene Autos, und wir tun nichts dagegen.
(…) wie viele Chevrolets oder Fords sehen Sie mitten in München? Und die Antwort ist, keine, weil sie keine Autos nehmen, sie nehmen gar nichts.
Ich würde sofort anfangen, gegenseitige Zölle auf alle zu erheben (...). Die Europäische Union hat eine Mehrwertsteuer, die durch die Decke geht, okay. Es ist eine ähnliche Sache, ähnlich wie ein Zoll.“
12. Feber
- „Die Welt hat die Vereinigten Staaten viele Jahre lang ausgenutzt. Sie haben uns massive Zölle auferlegt, die wir ihnen nicht auferlegt haben. Und wie Sie wissen, habe ich gerade etwas für Stahl und Aluminium getan, 25 Prozent, und die werden irgendwann steigen, aber 25 Prozent, das wird das Spielfeld ein wenig ausgleichen.“
18. Feber
- Frage: Was ist mit Halbleitern und Pharmazeutika?
„Er [der Zoll, Anm.] wird 25 Prozent und mehr betragen, und er wird im Laufe eines Jahres noch erheblich höher werden.“
19. Feber
- „In meiner ersten Amtszeit habe ich die Gewerbesteuer von etwa 40 Prozent auf 21 Prozent gesenkt, was alle für unmöglich hielten. Ich habe sie von 40 oder – eigentlich – mit Staat und Stadt war sie viel höher als 40, aber ich habe sie auf 21 Prozent gesenkt.
Und jetzt senke ich sie auf ein Ziel von 15 Prozent, aber nur, wenn Sie Ihr Produkt in Amerika herstellen. Mit anderen Worten: Sie bleiben bei 21 Prozent, aber wenn Sie Ihr Produkt in Amerika herstellen, sinken Sie von 21 auf 15.“
19. Feber
- Frage: Herr Präsident, Sie haben Zölle für Holz erwähnt. Das ist etwas, was wir, glaube ich, noch nie gehört haben. Irgendwelche spezifischen ...
„Schnittholz, ja. Forst ... Forstprodukte, ja.“
Frage: Und haben Sie dafür einen bestimmten Satz im Kopf?
„Nein, aber wir denken an vielleicht 25 Prozent.“
20. Feber
- „In der Europäischen Union lagen wir bei 2,5 Prozent für Autos. Die Europäische Union war viel höher. Sie hat gerade ihre Zölle auf Autos auf 2,5 Prozent gesenkt, um mit uns gleichzuziehen.“
27. Feber
- „Wir werden unsere Auto- und unsere Chips-Industrie zurück in die USA bringen. Wir werden so viele Dinge in unser Land zurückholen, einschließlich Pharmazeutika und Medikamente. Und Zölle werden uns dabei helfen.“
3. März
- „Die gegenseitigen Zölle beginnen am 2. April. Ich wollte eigentlich den 1. April wählen, aber dann wäre es ein Aprilscherz geworden. Also nehmen wir den 2. April.“
12. März
Frage: Werden Sie weitere Zölle auf die EU erheben? Werden Sie auf die Vergeltungsmaßnahmen der EU reagieren?
„Oh, natürlich werde ich reagieren. (...) Sehen Sie, die EU wurde gegründet, um die Vereinigten Staaten auszunutzen.“
Frage: Einschließlich Irland? Nutzt Irland die USA aus?
„Natürlich tun sie das.“
Ist etwas an den Vorwürfen dran?
Tatsächlich hat Trump recht, wenn er behauptet, dass die Europäische Union viel mehr Autos in die USA exportiert als umgekehrt. Dabei handelt es sich vor allem um deutsche Autos wie VW, BMW oder Mercedes, in deren Produktion auch viele Tiroler Zulieferbetriebe involviert sind. Somit profitiert Tirol im großen Stil von den EU-Autoexporten in die USA.
Trump spielte zuletzt immer wieder auf das US-Handelsdefizit gegenüber der EU an.
Gleichzeitig übertreibt Trump auch, wenn er von einem Handelsdefizit von 300 Milliarden Euro gegenüber der EU spricht. Zahlen von Eurostat zeigen nämlich: 2023 hatte die EU einen Handelsüberschuss von etwa 155 Milliarden Euro zu den USA.
Es bleibt jedoch festzuhalten, dass der US-Markt für Österreichs Exportwirtschaft in den letzten Jahren immer wichtiger wurde. Hier die Zahlen der letzten Jahre:
Seit der Corona Pandemie stieg der österreichische Export in die USA von Jahr zu Jahr stark an.
Und hier der langfristige Trend seit 2009:
Doch der Trend fing schon früher an - diese Grafik zeigt, dass Österreichs Exporte in die USA schon seit vielen Jahren stark zunehmen - hier im Vergleich zu Exporten innerhalb der EU.
Tiroler Unternehmen, für die der US-Markt besonders relevant ist, werden von den Zollplänen Trumps also nicht gerade begeistert sein.
Die Tiroler Holzwirtschaft hat hingegen keine Angst vor Trumps Zöllen - österreichische Betriebe setzen nämlich rund 90 Prozent ihres Warenwertes innerhalb Europas um.
Was Trump nicht erwähnt ...
... ist, dass Europa, Österreich und auch Tirol viel mehr IT-Dienstleistungen von den USA importieren, als sie Hard- oder Software nach Amerika verkaufen. Amazon, Google, Apple, Meta und Microsoft dominieren den IT-Markt in Europa und damit auch in Tirol.
Bestimmte Aspekte scheinen für Trump und seine Administration nicht so wichtig zu sein - z.B. das US-Handelsplus gegenüber der EU bei Dienstlesitungen, insbesondere im Tech-Bereich.
Die Daten und Werbeeinnahmen, die die Tech-Konzerne in Tirol oder der EU lukrieren, fließen dann über den Ozean in die USA.
Die Tech-Riesen Amazon, Alphabet (Google, YouTube), Apple, Meta (Facebook, Instagram), Microsoft (Chat-GPT) oder X (ehemals Twitter) haben ihre europäische Zentrale alle in Irland – vermutlich aufgrund des niedrigen Körperschaftsteuersatzes von 12,5%. So lässt sich auch das enorme Dienstleistungs-Defizit von Irland gegenüber der USA erklären (2022 lag dieses laut Eurostat bei über 130 Mrd. Euro).
Das Handelsdefizit der gesamten EU gegenüber den USA lag bei Dienstleistungen 2023 bei rund 110 Milliarden Euro - inzwischen ist die Zahl vermutlich noch größer.
In Österreich wird seit 2022 eine Digitalsteuer einkassiert, die Werbung im Internet besteuert. Betroffen sind Unternehmen, die in Österreich mindestens 25 Mio. Euro Umsatz mit Werbung im Internet sowie einen weltweiten Umsatz von mindestens 750 Mio. Euro erzielen. Der Steuersatz liegt bei 5 Prozent. 2023 nahm Österreich damit rund 100 Millionen Euro ein.
Bei der Betrachtung des gesamten Waren- UND Dienstleistungsverkehrs weist die EU verglichen mit den USA 2023 einen Überschuss von 48 Milliarden Euro auf - dies entspricht nur 3 Prozent des gesamten Handels zwischen der EU und den USA (1,6 Billionen Euro).
Die Anschuldigungen Trumps sind also übertrieben - er lässt wichtige Aspekte, die ihm nicht in die Argumentation passen, einfach weg - so auch bei den Autozöllen:
Die EU wendet zwar einen Zollsatz von 10 Prozent auf Autos an (wurde noch nicht auf 2,5 Prozent gesenkt, wie von Trump behauptet), während die USA nur 2,5 Prozent verlangt. Anders sieht es aber bei Pickups aus: dort erheben die USA einen Zollsatz von 25 Prozent. Dieser ist besonders relevant, weil Pickups das größte Segment des US-Automarktes darstellen - etwa ein Drittel aller Fahrzeugverkäufe. Das meistverkaufte Fahrzeug in den USA ist z.B. ein Pickup-Truck, der Ford F-150.
In den USA sind Pickups, vor allem der Ford F-150, viel beliebter als in Europa.
Wie aber sind Trumps Vorwürfe gegenüber der EU nun zu verstehen?
Wir haben dazu zwei Volkswirte befragt, die sich mit der Situation in Tirol auskennen.
Grund zur Panik, oder ist eh alles in Ordnung?
Stefan Garbislander, Abteilungsleiter an der Wirtschaftskammer Tirol, weiß wie wichtig der Export für Tirol ist. Daher müsse man lernen, mit Trump und seiner Politik "umzugehen":
„Tirols Industrie exportiert 70 Prozent seiner Waren ins Ausland, eine Abschottung wäre für uns – wie auch für ganz Österreich – fatal. Handelskonflikte mit den USA sind ebenso eine große Herausforderung, insbesondere für die deutsche Automobilindustrie – eine Schlüsselbranche auch für Tirols Exporte. Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren und lernen mit der erratischen Politik von Trump umzugehen.“
Auch Gregor Leitner, diplomierter Volkswirt und Direktor-Stellvertreter an der Wirtschaftskammer Tirol, weißt auf die Wichtigkeit des US-Marktes für Tirol hin:
„Der Wirtschaftsstandort Tirol ist von den Entwicklungen in den USA betroffen. Auch weil bestimmte Auslieferungen über Deutschland oder die Schweiz dann doch in Übersee landen. Indirekt hängen wir also auch über andere Märkte am USA-Geschäft. Es hängt aber dennoch immer von der spezifischen Situation einer Firma oder eines Produktes ab, ob und wie stark man von US-Zöllen getroffen wird. Es werden vor allem Unternehmen betroffen sein, für die der US-Export – direkt oder indirekt – eine große Rolle spielt.“
Im Grunde wolle Trump aber immer nur Deals schließen, ordnete Leitner die Drohungen ein, und „vermutlich mehr Energie und Rüstungswaren an die EU verkaufen“. „Für Trump sind wir, als Teil der EU, die Bösen“, erklärt Leitner. Das liege vermutlich auch am Handelsdefizit, das die USA bei Warenexporten gegenüber der EU aufweisen.
Leitner verweißt auf das Handelsplus bei Dienstleistungen, vor allem IT-Dienstleistungen: „Hier siehts es anders aus und das blendet Trump aus. IT-Riesen wie Google, Amazon oder Microsoft verkaufen keine Waren oder Hardware an die EU, sondern Software – und da macht die USA ein großes Plus-Geschäft.“
Was sagen Tiroler Unternehmen dazu?
Wir haben natürlich nachgefragt, wie Tiroler Unternehmen, die in die USA exportieren, auf die Drohungen Trumps reagieren (wollen). Bei Sandoz, Plansee, Single Use Support, Thöni, Tiroler Rohre, Med-El und 3-Con möchte man entweder nichts sagen oder Spekulationen lieber vermeiden.
Einige Mutige waren aber dabei:
Swarco
Richard Neumann, Unternehmenssprecher von Swarco, gibt sich selbstbewusst: Etwa ein Fünftel des Umsatzes mache man in den USA. Dafür verfüge man dort auch über fünf Standorte. Die erste Trump-Amtszeit habe ein großes Infrastruktur-Investitionspaket auf den Weg gebracht, bei dem der Hersteller und Lieferant von Reflexglasperlen und Straßenmarkierungsmaterialien profitiert habe. US-Strafzölle seien ein massives Handelshemmnis – daher überlege man, die eigene Infrastruktur in den USA auszubauen.
Egger
Ähnlich optimistisch gibt sich Thomas Leissing, CFO und Sprecher der Egger Gruppenleitung. Auch dieses Unternehmen verfügt über ein Werk in den USA und macht sich daher weniger Gedanken über Schwierigkeiten bei internationalen Handelsbeziehungen – diese spielen für das Unternehmen eine untergeordnete Rolle.