Will ein Unternehmer seinen Betrieb an die nächste Generation übertragen, kann er dies zu Lebzeiten tun oder durch letztwillige Verfügung regeln; im letzteren Fall sollten jedoch Vorkehrungen getroffen werden, da sich sonst allenfalls ungewünschte Konstellationen ergeben können – dies insbesondere auch im Hinblick auf die neue EU-Erbrechtsverordnung.
Eine Unternehmensübergabe ist in der Regel von langer Hand zu planen
Für viele Unternehmer steht bei der Gründung bereits fest, dass eines Tages ein Nachkomme den Betrieb fortführen soll. „Ein häufiges Problem in der Praxis ist, dass sich Unternehmer erst zu spät Gedanken über die Unternehmensnachfolge machen. Viele warten bis ins hohe Alter oder unter Umständen gar bis zum Tod“, berichtet Rechtsanwalt Franz Pegger aus seiner Erfahrung und ergänzt: „Eine Unternehmensübergabe ist in der Regel von langer Hand zu planen.“ Die Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig: Zum einen gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Unternehmen bereits zu Lebzeiten schrittweise zu übergeben und in diesem Sinne den Nachfolger Schritt für Schritt in das Unternehmen – zum Beispiel durch Einräumung einer Prokura, Geschäftsführungsbefugnis oder teilweisen Beteiligung – einzubinden. Zum anderen kann das Unternehmen bzw. eine Beteiligung daran auch erst im Zeitpunkt des Todes durch letztwillige Verfügung übergehen.
Vieles, was vertraglich zu Lebzeiten durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden geregelt werden kann, lässt sich gleichermaßen auch mit einer letztwilligen Verfügung (Testament oder Vermächtnis) gestalten. „Dabei ist es wichtig, die geplanten Schritte auch mit den Gesamt- bzw. Einzelrechtsnachfolgern abzustimmen. So lässt sich vermeiden, dass das Kind einen ganz anderen Lebenswunsch verfolgt und von der Einsetzung als Nachfolger völlig überrascht wird“, betont Franz Pegger.
Pflichtteilsansprüche.
Im Allgemeinen kann ein Erblasser in einer letztwilligen Verfügung jeden berücksichtigen, den er will. Nach österreichischem Recht stehen bestimmten Personen wie Ehegatten oder Nachkommen aber dennoch Pflichtteilsansprüche gegenüber den Erben zu. Diese belasten damit das Vermögen, welches übertragen werden soll. Kindern, denen ein Betrieb nicht übertragen wird, muss ein entsprechender Wert vom eingesetzten Unternehmenserben ausbezahlt werden. „Aus Unternehmersicht können die Pflichtteilsansprüche problematisch werden. Nämlich dann, wenn die Manövriermasse, sprich die Liquidität, nicht groß genug ist“, gibt Pegger zu bedenken. Die Finanzierung dieser Pflichtteilsansprüche sei gerade für kleine Betriebe oft eine große Herausforderung.
Diese Problematik kann dadurch gelöst werden, dass man etwa im Wege eines Notariatsakts einen Pflichtteilsverzicht vereinbart. Dem Verzicht müssen beide Seiten in notarieller Form zustimmen, andernfalls bleibt der Pflichtteilsanspruch aufrecht. Der Rechtsanwalt hält fest: „Wie man es auch im Einzelfall gestaltet, Pflichtteilsansprüche sind Ansprüche der gesetzlichen Erben, die man nur mit deren Verzicht beseitigen kann.“
Handeln ohne Weitsicht.
„Stirbt man ohne letztwillige Verfügung, dann gilt die gesetzliche Erbfolge. Dies führt bei entsprechenden Verhältnissen in der Regel zu Miteigentum“, so Anwalt Pegger. Die Folge: Das Unternehmen teilt sich nach den gesetzlichen Erbquoten auf. Hat ein Unternehmer zum Beispiel zwei Kinder und der Ehegatte ist bereits verstorben, erben die beiden den Betrieb zur Hälfte. „Mehrere Eigentümer verfolgen nicht unbedingt dieselben Ziele. Dies führt häufig zu einer Konfliktsituation“, berichtet der Rechtsanwalt aus der Praxis und führt weiter aus: „In Gesellschaftsverträgen finden sich häufig auch sogenannte Aufgriffsrechte für die Übertragung von Geschäftsanteilen unter Lebenden bzw. im Todesfall.“ Das bedeutet etwa, dass die Erben zwar erben, aber Mitgesellschafter von der Aufgriffsklausel Gebrauch machen und dadurch die Beteiligung an sich ziehen können. Deshalb sollte dem Experten zufolge unbedingt schon beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrages auf diesen Aspekt geachtet werden.
Grundlegende Änderung für das Erben in der EU.
Seit 17. August 2015 gilt in der ganzen EU (mit Ausnahme von Dänemark, Großbritannien und Irland) eine neue einheitliche Regelung, die bestimmt, welches Recht zur Anwendung kommt, wenn eine Person im EU-Ausland verstirbt. Bei grenzüberschreitenden Erbfällen konnten sich bisher unter Umständen mehrere Gerichte im In- und Ausland für zuständig erklären, was vielfach zu Problemen geführt hat. „Mit der neuen EU-Erbrechtsverordnung wird eine europaweit einheitliche Regelung geschaffen“, erklärt Franz Pegger.
Die Vereinheitlichung bringt zum Teil grundlegende Änderungen mit sich. Bisher knüpften die Regeln an die Staatsangehörigkeit des Verstorbenen an. Nun ist der letzte gewöhnliche Aufenthalt das ausschlaggebende Kriterium für das anzuwendende Erbrecht. Damit ist kein kurzer Auslandsaufenthalt oder Urlaub gemeint, sondern nur, wenn der Erblasser im Ausland seinen dauerhaften Lebensmittelpunkt hatte. „Verbringt ein österreichischer Unternehmer seinen Lebensabend beispielsweise in Italien, kann es durchaus passieren, dass er plötzlich einem anderen Erbrecht unterliegt, als er eigentlich glaubt“, warnt Rechtsanwalt Pegger und erklärt weiter: „So kann eine Situation entstehen, die entweder für die Erben unbefriedigend oder nicht im Sinne des Erblassers ist. Es eröffnet aber auch eine gewisse Gestaltungsmöglichkeit.“ Das Erbrecht der einzelnen Länder variiert zum Teil stark vom österreichischen Recht – vor allem was die Pflichtteilsansprüche betrifft. So gibt es etwa in der spanischen Provinz Navarra überhaupt kein Pflichtteilsrecht. Soll österreichisches Erbrecht zur Anwendung kommen muss es in der letztwilligen Verfügung durch einen schriftlichen Zusatz verankert werden. So lassen sich erbrechtliche Überraschungen trotz eines Wohnsitzes im Ausland vermeiden. „Eine eingehende juristische Überprüfung bestehender letztwilliger Verfügungen ist sinnvoll. Die Erstellung von letztwilligen Verfügungen sollte aber jedenfalls juristisch begleitet sein“, rät Rechtsexperte Pegger abschließend.
Exkurs – Variante Stiftung
War die Stiftung früher aus steuerlichen Gründen oft bevorzugte Wahl, haben sich diese Möglichkeiten inzwischen deutlich reduziert. Heutzutage eine Stiftung zu errichten, könne beispielsweise deshalb sinnvoll sein, um bei mehreren Kindern eine Zersplitterung des Unternehmens zu vermeiden, erklärt Rechtsanwalt Pegger.
Zur Person:
Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Pegger, Partner bei Greiter, Pegger, Kofler in Innsbruck, einer der größten Wirtschaftskanzleien Westösterreichs.