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Von Harvard nach Hall?

US-WissenschaftlerInnen willkommen!

Proteste gegen Trumps Wissenschaftspolitik treiben immer mehr US-ForscherInnen ins Ausland – auch nach Österreich.
Von Harvard nach Hall?

US-WissenschaftlerInnen willkommen!

Proteste gegen Trumps Wissenschaftspolitik treiben immer mehr US-ForscherInnen ins Ausland – auch nach Österreich.

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Politischer Druck auf US-WissenschaftlerInnen bringt Bewegung in die globale Forschungslandschaft. Österreich – und vor allem Tirol – könnten gezielt Talente anziehen und davon wirtschaftlich profitieren.

Was vor wenigen Jahren noch unrealistisch schien, gewinnt in Zeiten politischer Umbrüche an Dynamik: Immer mehr hochqualifizierte WissenschaftlerInnen aus den USA blicken auf Europa – und auf Österreich – als neue Wirkungsstätte. Insbesondere Tirol mit seinen starken Forschungsclustern in der Quantenphysik, Mikrobiologie und Materialwissenschaften könnte ein Profiteur dieses Brain-Drains werden.

Wissenschaft unter Druck: USA zwischen Elitefeindlichkeit und politischer Einflussnahme

In den Vereinigten Staaten tobt aktuell ein erbitterter Streit um die Rolle von Wissenschaft und Elitenbildung. Der eskalierende Kulturkampf rund um Eliteuniversitäten wie Harvard – verschärft durch Äußerungen von Donald Trump und Teilen der republikanischen Partei – zeigt Wirkung: Fördermittel werden gekürzt, Diversity-Programme infrage gestellt, und kritische Forschungsbereiche wie Gender Studies, Klimawissenschaft oder Public Health geraten zunehmend unter Druck.

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US-amerikanische Privatuniversität Harvard University: Im April 2025 wurden Fördergelder der US-Regierung in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar an mehrjährigen Zuschüssen sowie 60 Millionen Dollar an mehrjährigen Verträgen von US-Präsident Donald Trump eingefroren.

Sogar bestimmte Begriffe wie „Rassismus“ oder „sozialer Wandel“ werden laut neuen Vorgaben aus Forschungsanträgen gestrichen. Parallel dazu verlieren viele Universitäten Zugang zu Fördermitteln oder geraten ins politische Visier – ein Klima der Unsicherheit und Einschüchterung entsteht. Laut einer aktuellen Nature-Umfrage denkt ein signifikanter Teil der US-Forschenden inzwischen konkret über einen Wechsel ins Ausland nach.

Österreichs Antwort: Vom Zuschauer zum Gestalter

Europa – und besonders Österreich – reagiert. Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) kündigte kürzlich an, gezielte Programme für US-ForscherInnen und Studierende aufzulegen: „Wir arbeiten an Lösungen, um ihnen einen sicheren Hafen zu bieten“, so die Ministerin in einem englischsprachigen Statement auf Social Media. In Zusammenarbeit mit der Universitätenkonferenz (uniko), dem Wissenschaftsfonds FWF und Plattformen wie Euraxess Austria sollen flexible Berufungsverfahren, Fellowships und Sonderprogramme etabliert werden.

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Die stellvertretende SPÖ-Bundesparteivorsitzende Eva-Maria Holzleitner ist seit März 2025 Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung in der Bundesregierung Stocker.

Zudem wird über rechtliche Anpassungen im Universitätsgesetz nachgedacht – etwa um das sogenannte Opportunity Hiring zu erleichtern, das rasche Berufungen ohne langwierige Ausschreibungsverfahren erlaubt. Auch die Eröffnung von Zweigstellen US-amerikanischer Hochschulen in Österreich steht im Raum.

Tirol: Kleine Region, große Wirkung – für Forschung und Wirtschaft

Was hat das mit Tirol zu tun? Sehr viel. Denn Tirol ist nicht nur Tourismus- und Industriestandort, sondern längst auch ein aufstrebendes Forschungszentrum mit globaler Strahlkraft – mit exakt jenen Stärken, die Österreich in der internationalen Wissenschaftslandschaft positionieren:

  • Quantenforschung: Die Universität Innsbruck zählt zu den weltweit führenden Institutionen in der Quantenphysik. Forschende wie Rainer Blatt oder Christine Muschik setzen international Maßstäbe – und sind als KooperationspartnerInnen für US-WissenschaftlerInnen hochattraktiv. Der Exzellenzcluster Quantum Science Austria und Programme wie Quantum Austria bieten Anknüpfungspunkte für internationale Karrieren – Tirol ist hier ein Knotenpunkt.
  • Mikrobiologie & Life Sciences: Der Standort Kufstein ist eng mit der pharmazeutischen Forschung verbunden. Gerade in Zeiten gesundheitspolitischer Unsicherheit – etwa durch Einschränkungen der NIH-Förderungen in den USA – wird die Infrastruktur für Forschung an Antibiotikaresistenzen, Impfstoffen und biomedizinischen Verfahren in Tirol besonders relevant.
  • Materialwissenschaften: Die Plansee Group in Reutte verbindet Hochtechnologie mit internationaler Forschungstätigkeit. Bereits heute sind dort internationale GastwissenschaftlerInnen aktiv – ein Modell, das durch neue US-Talente ausgebaut werden könnte.

Warum Tirols Wirtschaft von klugen Köpfen profitiert

Für wirtschaftlich denkende TirolerInnen ist das keine akademische Randnotiz, sondern ein strategischer Standortfaktor: Internationale WissenschaftlerInnen bringen Wissen, Netzwerke und Innovationskraft mit, die direkt in die regionale Wertschöpfung einfließen – etwa durch neue Patente, Unternehmensgründungen, Spin-offs oder Technologietransfer.

Hinzu kommt: Die gezielte Ansiedlung internationaler ForscherInnen – insbesondere in Hochtechnologiebereichen wie der Quantenforschung – stärkt Tirols Profil als Innovationsstandort im Wettbewerb um Fachkräfte, Investitionen und Zukunftsbranchen. Gerade mit Blick auf die Transformation von Energie, Mobilität und Gesundheit sind interdisziplinäre Impulse entscheidend.

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Hall in Tirol: Könnte die historische Kleinstadt bald zur neuen Wirkungsstätte internationaler ForscherInnen werden?

Historische Parallele: Der Brain-Drain einst – und jetzt?

In den 1930er- und 1940er-Jahren verlor Österreich im Zuge des Nationalsozialismus zahlreiche seiner besten Köpfe – viele von ihnen emigrierten in die USA. Heute, fast ein Jahrhundert später, könnte sich das Blatt wenden. Während die USA mit Wissenschaftsskepsis und politischen Einschränkungen ringen, bietet Österreich – auch dank regionaler Exzellenzstandorte wie Tirol – ein stabiles und wertschätzendes Umfeld für Forschung. Die Geschichte könnte sich umkehren – wenn man die Chance ergreift.

Braucht Tirol WissenschaftlerInnen aus Gender-, Klima- und Gesundheitsforschung?

Zum Schluss stellt sich eine pragmatische Frage: Braucht Tirol tatsächlich ForscherInnen aus genau jenen Bereichen, die in den USA unter Druck geraten – etwa Genderforschung, Klimawissenschaft oder Public Health?

Pro:

  • Diese Disziplinen sind gesellschaftlich hochrelevant und helfen, langfristige Herausforderungen wie demografischen Wandel, Klimawandel oder soziale Ungleichheit auch regional besser zu bewältigen.
  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen kann Innovationen fördern – etwa im Gesundheitswesen, bei nachhaltigen Technologien oder im Bildungssystem.
  • Sie stärken die internationale Sichtbarkeit Tirols als weltoffener und zukunftsorientierter Forschungsstandort.

Contra:

  • Einige dieser Felder gelten in der Wirtschaft als weniger „anwendungsnah“ und könnten von pragmatisch denkenden UnternehmerInnen skeptisch gesehen werden.
  • Fördergelder sind begrenzt – ein Fokus auf Gender oder Klima könnte Ressourcen von technikorientierten Innovationsfeldern abziehen.
  • Die Akzeptanz solcher Forschungsbereiche ist in konservativen Regionen – wie Teilen Tirols – möglicherweise begrenzt.

Jetzt ist der Moment

Der politische Druck auf WissenschaftlerInnen in den USA eröffnet Österreich – und besonders Tirol – eine seltene Chance, internationale Spitzenkräfte gezielt anzusprechen. Programme, Netzwerke und Exzellenzcluster sind vorhanden – entscheidend ist nun, ob auch die gesellschaftliche Offenheit und wirtschaftliche Entschlossenheit vorhanden sind, neue Perspektiven zuzulassen.

19. April 2025 | AutorIn: Max Hofer | Foto: BKA/Andy Wenzel, Shutterstock

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