Skip to main content
Rankings - top.tirol - Wirtschaftsnachrichten aus Tirol
Rankings
Unternehmensverzeichnis - top.tirol - Wirtschaftsnachrichten aus Tirol
Unternehmen
Newsletter - top.tirol - Wirtschaftsnachrichten aus Tirol
Newsletter

„Versetzt euch in die Lebenswelt der Jugend!“

„Versetzt euch in die Lebenswelt der Jugend!“
Ali_Mahlodji-4d6f9f4a - „Versetzt euch in die Lebenswelt der Jugend!“
Ali Mahlodji ist einer der kreativsten Unternehmer und Keynote-Speaker Österreichs.

„Versetzt euch in die Lebenswelt der Jugend!“

„Versetzt euch in die Lebenswelt der Jugend!“
Ali_Mahlodji-4d6f9f4a - „Versetzt euch in die Lebenswelt der Jugend!“
Ali Mahlodji ist einer der kreativsten Unternehmer und Keynote-Speaker Österreichs.

Artikel teilen

Im Zentrum des 3. Tiroler Adler Forums stand die Frage, wie Unternehmen und die Politik die Generationen Y und Z erreichen können. Im Gespräch verrät Ali Mahlodji, wie sich Unternehmen als attraktive Arbeitgeber präsentieren und die Entfremdung der Generationen überwinden können.

Sie sind vor kurzem bei Whatchado ausgestiegen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

ALI MAHLODJI: Ich habe damals bei der Gründung von Whatchado 2012 gesagt, dass ich nach drei Jahren ersetzbar sein sollte. Nach dreieinhalb Jahren habe ich den CEO-Posten zurückgelegt. Ich bin dann zwar noch drei Jahre in der Geschäftsführung geblieben, war aber schon viel mehr unterwegs, habe viele Schulprojekte aufgezogen und begonnen, mit Führungskräften zu arbeiten. Letztes Jahr habe ich dann erfahren, dass ich Vater werde. Dann habe ich mich, gemeinsam mit meiner Frau, entschlossen, noch ein Jahr alles zu geben, um Whatchado auf ein stabiles Niveau zu heben. Im Dezember letzten Jahres bin ich dann endgültig ausgestiegen. Seitdem wird es mir aber nicht langweilig. Es gibt gesellschaftlich gerade so viele Fragezeichen überall und die Menschen verstehen nicht, dass die Lösung darin liegt, sich zusammenzutun.

Haben sich unsere Politik und Wirtschaft von der Jugend entfremdet? Sprechen beide noch die gleiche Sprache?

Es gab immer eine gewisse Entfremdung zwischen Angehörigen verschiedener Generationen. Ich spreche immer wieder mit Leuten, die mir erzählen, dass, wenn sie als Kinder die Beatles gehört haben, sich ihre Eltern furchtbar darüber aufgeregt haben. Das Problem von uns Menschen ist, dass wir nur 80 bis maximal 100 Jahre alt werden. Würden wir 400 Jahre alt, würden wir die großen Zyklen verstehen und begreifen, dass diese Art der Brüche und Veränderungen vollkommen normal sind. Wir haben keine Entfremdung. Es ist das Normalste auf der Welt, dass wir versuchen, unser Weltbild und unsere Erwartungen, die uns erfolgreich gemacht haben, auf die nächste Generation zu übertragen, und das Reibungen und Widersprüche erzeugt.

Woher kommt dann dieses Gefühl, dass es einen radikalen Bruch zwischen den Generationen gibt?

Was natürlich schon anders ist, ist dass sich die Arbeits- und Lebenswelt so schnell verändert wie noch nie in unserer Geschichte. Es gab zwar immer schon einen Wandel, nur das Tempo, in dem sich diese Veränderungen abspielen, ist noch nicht so dagewesen. Wenn heute ein 15-Jähriger mit mir redet, dann kann ich erkennen, dass er in eine Welt hineingeboren wurde, die für manche Erwachsene absolute Science-Fiction ist. Für den Jugendlichen sind diese Dinge absolut normal, für seine Eltern, Lehrer und zukünftigen Vorgesetzten aber nicht. Es geht dann im ersten Schritt gar nicht darum, diese Differenzen zu verstehen. Man muss einfach nur akzeptieren, dass junge Menschen heute eine absolut andere Lebensweise haben als die Generationen zuvor. Im besten Fall kann man sich die Lebenswelt des anderen erklären lassen. In manchen Unternehmen, wie zum Beispiel den Österreichischen Bundesbahnen, gibt es dafür das Modell der Generationengespräche, bei denen Mitarbeiter aller Altersschichten miteinander ins Gespräch kommen sollen, um Vorurteile abzubauen und die Erwartungshaltungen und Vorstellungen der verschiedenen Generationen zu kommunizieren.

Kann man Jugendliche denn mit Dingen wie Status, Geld und Macht noch motivieren in einem Unternehmen zu arbeiten und dort auch zu bleiben?

Man wird noch Jugendliche erreichen, die so geprägt worden sind. Die wird es in jeder Generation geben. Es gibt in Österreich in jeder Schule junge Menschen, die sagen, dass sie die klassischen Statussymbole wie ein dickes Auto, ein großes Haus usw. motivieren, weil ihre Eltern das zuhause so vorgelebt haben. Setzte ich auf diese Art der Arbeitnehmer, dann bedeutet das aber auch, dass ich Leute einstelle, die klassisch darauf warten, dass ich ihnen sage, was zu tun ist. Befehlsempfänger eben. Mit denen kriegt man in der heutigen Arbeitswelt aber nichts mehr weiter. Jede Führungskraft sagt mir, dass sie junge Mitarbeiter wollen, die die Dinge hinterfragen und unkonventionell denken. Jemand, der nach dem alten Wertemodell der Bommer-Generation lebt und arbeitet, will auch, dass der Chef sagt, was zu tun ist.

Was halten Sie von den vielen Employer-Branding-Modellen, die in den letzten Jahren entwickelt wurden, um dem Arbeitnehmermangel entgegenzuwirken?

Employer Branding ist ein großes Wort, dahinter kann sich alles verstecken. Meistens bedeutet es, dass man mithilfe einer externen Agentur tolle Kampagnen plant, die aber fast immer nichts mit der Realtität im Unternehmen zu tun haben. Solche Ansätze scheitern sehr schnell, weil die jungen Arbeitnehmer mit einer viel zu überzogenen Vorstellung ins Unternehmen kommen und nach einem Jahr wieder kündigen, da die Arbeitsrealität nichts mit der präsentierten Arbeitgebermarke zu tun hat. Unternehmen entdecken immer mehr, dass Employer Branding zuerst einmal internes Branding sein muss. Wenn ich es nicht schaffe, meine Mitarbeiter im Unternehmen unter einem Identifikationsmodell zu einen, dann brauche ich nicht nach draußen Werbung zu machen, was für ein toller Arbeitgeber ich doch bin.

Wie kann der Aufbau einer starken Arbeitgebermarke dann gelingen?

Ich sage den Leuten immer, versetzt euch in die Lebenswelt der Jugendlichen und schaut, was sie brauchen. Dann muss man feststellen, was man davon schon im Unternehmen hat. Man sollte versuchen, nur das zu kommunizieren, und das auf allen Kanälen. Das sind dann Inhalte, die authentisch zu einem Unternehmen passen. Mittlerweile verstehen immer mehr Unternehmen, dass dieser durchaus sinnvolle Ansatz zuerst intern beginnen muss, mit der zentralen Frage: „Wer sind wir?“ Die besten Unternehmen machen es so, dass sie alle Mitarbeiter, quer durch alle Hierarchien, in diesen Werteprozess einbinden und dann gemeinsam mit ihnen definieren, wer sie sind und was nach außen kommuniziert werden soll. Das sind dann Employer-Branding-Prozesse, die hervorragend funktionieren. Das gelingt aber nicht mit einer externen PR-Agentur, die das Unternehmen nur von außen betrachtet. Solche Ansätze sind zum Scheitern verurteilt.

Manche Arbeitgeber beklagen, dass besonders junge Arbeitnehmer oft unrealistische Forderungen an ihren Arbeitgeber und Arbeitsplatz stellen. Sind junge Menschen zu verwöhnt und kritisch?

Mitglieder der Generation Instagram sehen die ganze Zeit, dass alle Menschen, denen sie folgen und die sie bewundern, ein besseres Leben haben als sie, und das auf allen Kommunikationskanälen, die sie zur Verfügung haben. Sie wollen natürlich genau so ein Leben haben. Früher gab es die Zeitung und im Dorf vielleicht jemanden, der es geschafft hatte, reich zu werden. Dann kam der Fernseher, in dem man gesehen hat, dass die reichen Leute immer die Schauspieler sind. Damals war der Konsens, dass man durch Arbeit auch dorthin kommen kann. Heute hat man eine Kommunikationswelt, wo es Influencer gibt, die einem sagen: „Mach deine eigenen Videos und du wirst Millionär.“ Es braucht einen deshalb nicht zu wundern, dass alle jungen Menschen YouTuber werden wollen. Wenn man das einmal versteht, kann man anders auf die Erwartungen reagieren.

Wie kann dann die Zusammenarbeit verschiedener Generationen in einem Unternehmen gelingen?

Was wir schaffen müssen, ist, zu verstehen, dass es in einem Unternehmen viele Generationen mit unterschiedlichen Bedürfnissen gibt, die es gilt unter einem Dach zu vereinen. Es gibt den Mitarbeiter, der schon Opa ist, den 50-Jährigen, den 40-Jährigen und eben die Mitglieder der Generationen Y und Z, die alle verschiedene Anforderungen haben. Als Arbeitgeber muss es einem gelingen, Räume und Arbeitsmodelle zu schaffen, in denen alle ihre beste Performance abliefern können und sich nicht nur die eine Gruppe wohl und die andere ausgeschlossen fühlt. Man darf nicht vergessen, dass Menschen ihre beste Arbeit abliefern wollen. Ein Mensch, der das Gefühl hat, dass er nicht sein Bestes geben kann, ist ein hochfrustrierter Mensch. Wir alle wollen uns einbringen. Wenn man die Möglichkeit bekommt, dann hat man die besten Chancen. Wir müssen Arbeitswelten schaffen, in denen sich Mitarbeiter jeder Generation entfalten können.

Wie können Führungskräfte diese Aufgabe lösen?

Führungskräfte müssen lernen, dass sie diese Herausforderungen nicht alleine bewältigen können. Man muss alle Beteiligten in einen Dialog holen, dann muss man selbst gar nicht so viel machen. Man befragt die Beteiligten, hört zu, versucht die Aussagen und Wünsche aller zu kombinieren, und dann baut man sich selbst ein Modell, das genau auf das eigene Unternehmen passt und in dem sich der größte Teil der Mitarbeiter wohlfühlt. Es gibt ein Unternehmen in Oberösterreich mit dem Namen Fill, die haben als eines der ersten mit den betrieblichen Kindergärten begonnen, als alle noch gesagt haben, dass die Mitarbeiter froh sein sollen, einen Job zu haben. Dort gibt es für jeden die Möglichkeit, seinen Stil zu leben. Die haben das aber nicht mit einem Berater oder Vortragenden, sondern selbst gemacht, indem sie auf die eigenen Mitarbeiter gehört haben.

Welchen Rat haben Sie an Jugendliche, die sich gerade daran machen, zu entdecken, was sie mit ihrem Leben anfangen möchten?

Ich würde jedem um die 20 raten, dass er sich nicht einbilden soll, dass er vor seinem 30. Lebensjahr weiß, was er will. Die meisten Menschen müssen 30 werden, bevor sie wirklich begreifen, wer sie sind. Die Jahre zwischen dem 20. und dem 30. Geburtstag sind Jahre des Ausprobierens. Zu wissen, was man nicht will, ist genauso wichtig wie zu wissen, was man will. Man sollte deshalb die Jahre zwischen 20 und 30 dafür nutzen, privat und beruflich herauszufinden, wer man ist. Man soll alles ausprobieren, aber sich nicht unter Druck setzen. Wenn jemand fragt, wo man in zehn Jahren ist, und man sagt, dass man es nicht weiß, dann braucht man kein schlechtes Gewissen zu haben. Wenn es langsam auf den Dreißiger zugeht, sollte man sich immer mehr die Frage stellen, was man machen will, und sich fragen, wo man ein Problem lösen kann, das noch nicht gelöst wurde. Das kann auch beim eigenen Arbeitgeber sein.

Zur Person

Ali Mahlodji ist einer der kreativsten Unternehmer und Keynote-Speaker Österreichs. Kurz vor der Matura bricht er die Schule ab, fängt an in einem Lager zu arbeiten und schlägt sich mit der Frage herum, was er mit seinem Leben machen soll. Er arbeitet in über 40 Jobs, wo er alle Hierarchiestufen von der Putzhilfe bis zum Manager durchmacht, bevor er sich seinen Lebenstraum erfüllt und gemeinsam mit Jugendfreunden die Berufsorientierungsplattform Whatchado gründet, auf der Menschen ihren Beruf in persönlichen Interviews vorstellen. Nach seinem Ausstieg bei Whatchado ist Ali Mahlodji als EU-Jugendbotschafter, Autor, Investor, Berater, Zukunftsforscher und Keynote-Speaker in der ganzen Welt unterwegs, um seine Vision von einer besseren Welt an Jugendliche, Führungskräfte und Politiker weiterzugeben.

24. Oktober 2019 | AutorIn: Daniel Schreier | Foto: Gerhard Berger

top.tirol Newsletter

Wir informieren Sie kostenlos und wöchentlich über Tirols Wirtschaftsgeschehen