Viele Start-ups haben in Tirol bereits kreative Geschäftsmodelle auf die Beine gestellt. In dieser Rubrik wollen wir die heimischen GründerInnen in den Fokus rücken und ihre innovativen Ideen vorstellen. Diese Woche: Parastruct.
Das 2021 gegründete Unternehmen Parastruct will Bauabfall als Ressource nutzbar machen – und damit Kosten, Emissionen und Deponiemengen senken. Die Grundidee: mineralische und biogene Reststoffe so aufbereiten, dass daraus wieder leistungsfähige Baustoffe werden. „Cash the Trash“ nennt das Team diesen Ansatz.
Parastruct produziert verschiedene Sekundärbaustoffe aus Holzresten, mineralischen Pulvern und reaktivierten Bindern – und bereitet sie für die Weiterverarbeitung vor.
Warum ist die Bauwirtschaft ein Klimatreiber, und was kostet uns das?
Kurz gesagt: Zement, Abfall und Ineffizienzen treiben Emissionen und Preise hoch. Allein Zement gilt als erheblicher Verursacher von Treibhausgasen; gleichzeitig verursacht die Branche enorme Abfallmengen. Wenn künftig der „wahre Preis“ – also die Gesamtkosten inklusive Umweltfolgen – stärker eingepreist wird, verteuern sich klassische Baumaterialien zusätzlich. Genau an diesem Punkt setzt Parastruct an und sucht nach Wegen, Emissionen und Abfallmengen spürbar zu senken.
Muster verschiedener Sekundärbaustoffe – hergestellt aus reaktivierten mineralischen Bindern und biogenen Reststoffen
Wie lässt sich Abfall in kreislauffähige Baustoffe verwandeln?
Die Antwort von Parastruct: Bindemittel aus Abfällen zurückgewinnen und mit biogenen sowie mineralischen Reststoffen zu neuen, preislich konkurrenzfähigen Trockengemischen vermengen. Das Start-up beschreibt einen Recyclingprozess, der mehrere mineralische Binder aus Bauabfällen reaktivieren kann. Laut Unternehmensangaben verursacht der Sekundärbinder keine direkten Kohlendioxidemissionen bei der Herstellung; der Ansatz soll die üblichen Primärrohstoffe deutlich reduzieren und Materialien im Kreislauf halten. Für den Markteintritt entwickelt Parastruct praxisnahe Produkte – etwa „Bioscreed“, einen Unterbodenaufbau, der zu einem großen Anteil aus Holzresten besteht und als Kohlenstoffsenke dienen soll.
„Bioscreed“ als Musteraufbau
Das Start-up wirbt dabei mit Effekten wie dem hohen Anteil an sekundären Rohstoffen und deutlichen Einsparungen bei Rohmaterial und Emissionen; externe Fachberichte ordnen den Ansatz jedenfalls in die Debatte um zementarme beziehungsweise zementfreie Systeme ein. Entscheidend ist jedoch die Umsetzung im industriellen Maßstab – von der gleichbleibenden Qualität bis zur Baustellentauglichkeit.
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Demonstrationsstücke zeigen die Festigkeit und Oberflächenstruktur der neuen Baustoffe.
Gegründet wurde Parastruct indes 2021 von Georg Breitenberger; nach einer technologischen Verifizierung stießen Freia Ruegenberg und Kilian Riessbeck als MitgründerInnen hinzu, ebenso Gregor Metzler. Das Team wuchs auf aktuell rund elf MitarbeiterInnen, mit Standorten in Wien und Berlin. Auszeichnungen und Programme – darunter der EIT Circular Economy Prize – flankieren die Entwicklung.

Das Team von Parastruct beim Forum Innovation Hub
Wie wird aus Pilotprodukten ein Marktstandard?
Kurzfristig plant Parastruct die Skalierung: Investitionen am Standort Österreich, der Ausbau in Deutschland, zusätzliche Vertriebsregionen sowie neue Büros in Berlin, Kopenhagen und San Francisco stehen auf der Agenda. Gleichzeitig bereitet das Team den breiten Markteintritt mit „Bioscreed“ vor und arbeitet an Anwendungen für Bauunternehmen, Baustoffindustrie, 3D-Druck-Anbieter und Betonfertigteilwerke. Entscheidend wird sein, verlässliche Lieferketten aufzubauen, Normen zu erfüllen und die Kosten über mobile, skalierbare Anlagen niedrig zu halten.
Akustik-Panel aus biogenen Materialien: Kombination aus Pflanzenfasern und mineralischen Sekundärbindern sorgt für schallabsorbierende Oberflächen.
Ein weiterer Hebel ist Sichtbarkeit und Validierung von außen. Neben dem EIT-Preis berichten Fachmedien über den Ansatz; auch Innovationsprogramme listen Parastruct in der Gruppe „Sustainable and Circular Construction“. Für die nächsten Schritte bleibt offen, wie schnell Zulassungen greifen und ob großvolumige Partnerschaften entstehen. Das Potenzial – Abfälle zu Wertstoffen zu machen – ist allerdings klar umrissen.
Deutlich sichtbar sind die unregelmäßigen Strukturen recycelter Rohstoffe – ein Merkmal der zirkulären Fertigung.