Könnten fahrende Gondeln auf der Straße schon bald unser Stadtbild prägen? Das plant zumindest der Seilbahnhersteller Leitner aus Sterzing mit seinem neuartigen System ConnX. Was dahinter steckt, erklärt uns Günter Tschinkel, Chef der Elektronikabteilung bei Leitner Seilbahnen.
Herr Tschinkel, ConnX soll im Jahr 2025 starten. Was ist die Idee dahinter? Warum braucht’s so etwas?
ConnX ist ein innovatives System, das speziell für die letzte Meile entwickelt wurde. Die Idee dahinter ist, Seilbahnen mit Elektrofahrzeugen zu kombinieren, um eine nahtlose Verbindung zwischen Luft- und Bodenverkehr zu schaffen.
Besonders im städtischen Bereich ist es oft schwierig, geeignete Standorte für Seilbahnstationen in der Nähe von wichtigen Verkehrsknotenpunkten wie U-Bahn-Stationen oder Bahnhöfen zu finden. ConnX bietet hier eine Lösung. Sobald eine Gondel an der Station angekommen ist, übernimmt ein selbstfahrendes Elektrofahrzeug die Kabine und bringt die Passagiere direkt an ihr Ziel. Das spart nicht nur Zeit, sondern erhöht auch den Komfort, da die Fahrgäste nicht mehr laufen oder umsteigen müssen. Zudem können so bestehende infrastrukturelle Barrieren – wie etwa Gebäude oder Denkmäler – umfahren werden.
Wer soll das neue Mobilitätssystem nutzen?
ConnX ist in erster Linie für den urbanen Bereich konzipiert und richtet sich an StadtbewohnerInnen und Touristen. In Südamerika und Asien werden bereits viele Seilbahnen in städtischen Gebieten gebaut und betrieben. In Europa gibt es oft Vorbehalte wegen möglicher Auswirkungen auf das Stadtbild. Auch die Vorstellung, dass die Gondeln an den Häusern vorbeifahren, gefällt vielen EuropäerInnen nicht. Mit dem ConnX System könnten diese Bedenken ausgeräumt werden, da die Seilbahn nicht durch die Stadt fährt, sondern ein autonomes Fahrzeug die Fahrt auf einer eigenen Spur übernimmt.
Das System kann aber auch für den Warentransport verwendet werden, wofür es bereits Anfragen gibt. Beispielsweise könnten Güter mit der Seilbahn über einen Fluss transportiert und dann mit dem autonomen Fahrzeug dann weiterbefördert werden. Außerdem bietet sich ConnX für Skigebiete an. BesucherInnen könnten so zum Beispiel bequem von der Bahnstation zum Parkplatz oder zur Busstation überführt werden.
Wie trägt ConnX zur Reduzierung der städtischen Emissionen und Verkehrsbelastung bei?
ConnX setzt sowohl bei den Seilbahnen als auch bei den autonomen Fahrzeugen auf elektrische Antriebe, wodurch die Emissionen erheblich reduziert werden. Die Batterien sind auf eine Lebensdauer von rund zehn Jahren ausgelegt. Damit ist ConnX eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Verkehrsmitteln und trägt zur Verbesserung der Luftqualität in Städten bei.
Welche wirtschaftlichen Vorteile bietet ConnX im Vergleich zu traditionellen Verkehrsmitteln?
ConnX verstärkt die wesentlichen Vorteile von Seilbahnen, nicht nur in ökologischer und baulicher Hinsicht, sondern auch in finanzieller. Die Kosten für den Bau einer Seilbahn und des ConnX Systems liegen deutlich unter denen von Straßenbahnen oder U-Bahnen. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Bauzeit: In Mexiko City haben wir beispielsweise eine urbane Seilbahn in nur 18 Monaten gebaut. Ein vergleichbares Bahnsystem würde wesentlich länger dauern und eben auch teurer sein.
Welche weiteren Investitionen erwarten Sie in den nächsten Jahren? Wohin soll die Reise gehen?
Unser Ziel ist es, die Zertifizierung des ConnX Systems durch die TÜV bis Ende dieses Jahres abzuschließen. Sie soll bestätigen, dass unser System sicher und funktionsfähig ist. Anschließend planen wir die Umsetzung des ersten Projekts und streben dann die erfolgreiche Markteinführung von ConnX bis 2025 an.
Vielen Dank für das Gespräch