Hat sich mit Ihrer neuen Position viel für Sie verändert?
Ich bin als langjährige Stellvertreterin des AMS Tirol gut aufgewärmt in die neue Funktion gegangen. Fachlich hat sich daher nicht viel verändert - die Führungsrolle nach außen, aber speziell nach innen, ist aber jetzt eine andere! Ich arbeite tatsächlich fokussierter, habe intensiver mit Informations- und Zeitmanagement zu tun - und bin mir der großen Verantwortung sehr bewusst. Es überwiegt aber die Freude an meiner neuen Aufgabe!
Ist der Zeitpunkt gerade besonders herausfordernd, die AMS Landesgeschäftsführung zu übernehmen?
Das kommt einem vielleicht immer so vor, aber ich glaube tatsächlich, dass wir am Arbeitsmarkt gerade einen sehr spannenden Mix an besonderen Faktoren erleben: Die Veränderung ist quasi die Konstante momentan. Damit meine ich, dass uns nun der Arbeitskräftemangel dauerhaft beschäftigt und weniger die hohe Arbeitslosigkeit. Dass wir überall, von der Pflege bis hin zu Sicherheit, IT oder Tourismus Fach(-Personal) brauchen. Daneben verändern sich Berufe, Arbeitswelten. Das heißt, wir beschäftigen uns mit Bildung, aber auch zum Beispiel damit, was das AMS in Zukunft beitragen muss, dass Unternehmen und DienstnehmerInnen die Transformation zu klimaneutralem Wirtschaften schaffen.
Was darf in der Tiroler Arbeitsmarktpolitik in den kommenden Jahren auf keinen Fall passieren?
Dass bei wichtigen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten aufgrund der niederen Arbeitslosigkeit eingespart wird. Gerade jetzt brauchen wir Schulung, Schulung, Schulung, dazu Beratung und Begleitungsangebote - denn es sind ja jene Menschen mit niederen Ausbildungsniveaus, die immer wieder arbeitslos werden. Diese zu erreichen und gut zu schulen für den hohen Bedarf am Arbeitsmarkt und dabei jene nicht zu vergessen, die Einschränkungen gesundheitlicher oder sozialer Art haben, kostet natürlich Geld. Es nicht zu tun, ist auf lange Sicht aber viel teurer, nicht nur mit Blick auf die Finanzen, das ist meine Überzeugung.
Automatisierung oder Fachkräftemangel: Was wird länger für Turbulenzen am Arbeitsmarkt sorgen?
Da tippe ich auf den Fachkräftemangel, speziell mit Blick auf die nächsten Jahre. Automatisierung kann vielleicht sogar abfedern und helfen, die wirklich großen Bedarfe abzudecken. Längerfristig kann sich das Bild drehen - das ist jetzt aber schon fast ein Blick in eine Glaskugel, die mir gerade nicht zur Verfügung steht ... Ein achtsamer Blick auf KI und ihre Macht ist aber schon jetzt ein Gebot der Stunde, speziell in der Arbeitswelt.
Gibt es dafür eine "schnelle" Lösung?
Der Fachkräftemangel ist Symptom für mehrere Entwicklungen und daher gibt es auch kein schnelles Rezept für eine Lösung. Die Hebel sind im Schul- und Ausbildungssystem, in der Zuwanderungspolitik, aber auch in der betrieblichen Gesundheitsprävention umzulegen, wenn man will, dass Menschen so wie in Schweden z. B. länger arbeiten. Am schnellsten ginge wohl der Ausbau der qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung - da wäre die Kinderbildung mit dem Blick auf übermorgen auch schon drin verankert.
Welche Karrierefelder haben aktuell absolut Zukunft? Wohin würden Sie sich am AMS vermitteln?
Alle Berufe, wo es einen hohen Anteil an Tätigkeiten gibt, die nicht automatisierbar sind - und da gibt es sehr viele: Kontaktberufe z. B. in der Pflege, in der Beratung, Sozialarbeit, Schule. Aber auch das klassische Handwerk braucht nach wie vor die Expertise der Fachkraft, wenn auch nicht mehr für alle Arbeitsschritte. Technik, Naturwissenschaften, Medizin - ganz viele Türen stehen offen! Ich persönlich würde mich in einen "grünen" Beruf vermitteln, Gärtnerin wäre ich sehr gerne und da würde ich dann auch mein Gemüse selber verkochen oder ein kleines Bistro betreiben. Das wäre auch schön!
Zur Person:
Sabine Platzer-Werlberger hat Deutsche Philologie sowie Geografie studiert und ist seit 1983 für das AMS Tirol tätig. Ursprünglich Beraterin für Erwachsenenbildung übernahm sie 2013 die Rolle der stellvertretenden Geschäftsführerin und 2023 schließlich die Geschäftsführung.