Wie steht es um das Medium Print?
Witting: Wir haben über 60.000 Print-Abonnenten und die liegen uns sehr am Herzen. Print steht zweifelsohne unter Druck, was viele unterschiedliche Gründe hat. Aber wir tun alles dafür, um jeden Tag eine hervorragende Zeitung zu machen, und wollen auch dieses Produkt weiterentwickeln und den Menschen, denen wir verpflichtet sind, unseren Leserinnen und Lesern, jeden Tag die besten Geschichten im Land liefern. Darüber hinaus haben wir mit Online, der TT kompakt, unserem Bewegtbild- und Podcastangebot noch viele weitere Kanäle, wo wir die Tirolerinnen und Tiroler informieren und auch unterhalten wollen. Auch in diesem Bereich wollen wir uns stets weiterentwickeln.
Regionale Medien und Digitalisierung. Lässt sich das vereinbaren?
Krapf: Selbstverständlich. Erstens: Print und Digital sind ja nicht zwei Welten, sondern eine. Der Tag beginnt mit der Papierzeitung beim Frühstück, aber untertags versorgen sich auch viele Menschen online über tt.com. Und zweitens: Wir sehen gerade an den digitalen Zahlen, dass der regionale Content derjenige ist, der unsere Leserinnen und Leser am allermeisten interessiert. Das wollen und werden wir in den kommenden Monaten natürlich noch ausbauen.
Welche Rolle wird AI in den nächsten Jahren bei der TT spielen?
Witting: Das wird sich zeigen. Wir sind der journalistische Nahversorger für Tirol und haben als dieser eine enorme Verantwortung. Wir stehen als TT für Informationen, die überprüft und verifiziert worden sind. In einer Welt, in der durch Künstliche Intelligenz ganz neue Chancen und Gefahren lauern, werden wir auch weiterhin der verlässliche Partner für alle Tirolerinnen und Tiroler sein, wenn es um Nachrichten geht.
Krapf: Aktuell probieren wir verschiedene Dinge aus. Die beschränken sich im Wesentlichen aber auf den Einsatz von AI als unterstützendes Tool etwa zum Kürzen von Texten. Automatisch generierte Texte und dergleichen gibt es keine. Wir werden uns mit dem Thema AI sicher intensiv beschäftigen. Es ist aber klar, dass es so etwas wie zertifizierte Nachrichtenquellen geben muss. Und hier sehen wir unsere Verantwortung in der Zukunft.
Ist die Doppelspitze ein Vorteil?
Krapf: Ich denke schon. Unser Haus hat damit in der Vergangenheit auch gute Erfahrungen gemacht. Wir haben einen sehr umfangreichen Change-Prozess vor uns und da gibt es viel voranzutreiben. Das können aber auch nicht zwei Chefredakteure allein machen, sondern nur das ganze Team. Wir setzen daher auf Kommunikation und Transparenz und einen kooperativen Führungsstil. Das wurde im Team und im Newsroom bisher auch sehr gut aufgenommen.
Witting: Die ersten Wochen haben gezeigt, dass das sehr gut funktioniert. Wir ergänzen uns sehr gut und es ist insgesamt sehr befruchtend, dass wir uns über alles sehr gut austauschen können. Wir bringen beide unsere jeweiligen Stärken ein und harmonieren sehr gut. Nach den ersten intensiven Wochen ist es fast so, dass ich die Sätze von Matthias vervollständigen kann. Wir wollen aber in jedem Fall authentisch bleiben.
Wie teilen Sie sich Ihre jeweiligen Aufgabebereiche?
Witting: Vorerst einmal gar nicht. Wir kommen aus unterschiedlichen Bereichen im Unternehmen. Wir sind aber beide im Journalismus groß geworden und diese Erfahrung hilft natürlich enorm. Ich kann von Matthias jeden Tag etwas Neues lernen, wenn es um unseren digitalen Auftritt geht. Und gleichzeitig konnte ich ihm einige Dinge aus dem Print-Alltag der TT mitgeben. Das ist sicher eine sehr befruchtende Kombination, von der alle profitieren.
Krapf: Das sehe ich genau so. Meine Verbindung zur TT ist in den vergangenen Jahren immer intensiver geworden. Etwa wenn es um die Entwicklung von Paid Content, Newslettern oder von unserem Talk-Format Tirol Live ging. Mein Part war da immer die Produktseite. Ich komme aber aus dem Journalismus und so war der Schritt in den Newsroom nicht so groß.
Was sind Ihre täglichen Must-Reads?
Witting: Die TT. Und die tt.com.
Krapf: Dem schließe ich mich an. Außerdem unser aktueller Abonnentenstand, einige Newsletter und ein paar Seiten in einem guten Buch.
Zu den Personen:
Matthias Krapf ist seit 2006 für die Moser Holding tätig. Dort baute er als Chefredakteur des Stadtmagazins 6020 und des Tourismusmagazins Saison sowie als Geschäftsführer der Target Group die Magazin- und Corporate-Publishing-Subdivision des Konzerns mit auf. Seit April 2023 ist er Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung.
Marco Witting stieß 2006 als Quereinsteiger zur Moserholding, wo er erst bei der NEUEN Zeitung tätig war, bevor er zur Tiroler Tageszeitung wechselte. Dort berichtete er erst im Chronik/Tirol- und später im Lokal-Ressort, dessen Leitung er 2018 übernahm. Seit April 2023 ist er Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung.