Der gemeinnützige Wohnbauträger GHS schrieb in den letzten fünf Jahren eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. top.tirol durfte mit dem kaufmännischen Vorstand Martin Mimm über das Geheimnis des Erfolgs sprechen.
Martin Mimm ist seit 2020 kaufmännischer Vorstand der GHS. An der FH Salzburg absolvierte er das Studium für Holztechnik- und Holzwirtschaft und am MCI Wirtschaft & Management.
Herr Mimm, nächstes Jahr feiert Ihre Baufirma das 75-jährige Bestehen. Wenn Sie auf diese lange Geschichte blicken – was ist für Sie das Erfolgsrezept, dass das Unternehmen über Jahrzehnte so stabil gewachsen ist?
Martin Mimm: Ich bin stolz, in einem Unternehmen zu arbeiten, das es schon so lange gibt und das gleichzeitig so gesund dasteht — wir sind eine Genossenschaft – eine ideale Gesellschaftsform für den gemeinnützigen Wohnbau - das ich auch persönlich sehr cool finde. Um Ihre Frage direkt zu beantworten: Ich freue mich auf die nächsten 75 Jahre, auch wenn ich das in meinem Berufsleben wahrscheinlich nicht mehr ausgehen wird.
Die GHS ging aus einem Zusammenschluss aus vielen kleinen Genossenschaften hervor. Sie hat sich kontinuierlich entwickelt und war in vielen Bundesländern in Österreich tätig. Mittlerweile beschränken wir uns auf Tirol, Salzburg und Kärnten. Es war ein Wachstum mit Höhen und Tiefen. Stolz bin ich besonders auf die letzten fünf Jahre, weil das Unternehmen eine richtige Erfolgsgeschichte geworden ist.
Seit der letzten großen Jubiläumsfeier vor fünf Jahren hat sich vieles getan. Was waren für Sie persönlich die entscheidendsten Entwicklungen seither?
Seit dem 70. Geburtstag hat sich viel getan, ja. Wir haben nicht nur viel gebaut und sind gewachsen – wir haben auch einiges gelernt. Wir haben uns mit der Marke beschäftigt, mit dem was wir am besten machen und können. Dazu zählt auch unsere Handschlagqualität. So konnten wir das Bauvolumen in der Zeit beinahe verdoppeln. Die Zahlen, auf die wir blicken können, machen uns tatsächlich stolz.
Das Bauvolumen hat sich seit 2020 auf 28 Millionen Euro fast verdoppelt. Wie ist dieses rasante Wachstum zu erklären?
Wir haben sehr viel genetzwerkt, sind in die Öffentlichkeit gegangen und haben unsere Qualitäten nach außen präsentiert. Die Strategie hat Früchte getragen. Wir haben das uns entgegengebrachte Vertrauen der Gemeinden mit guter Arbeit gerechtfertigt, das hat sich herumgesprochen. Natürlich darf man auch den Faktor Glück nicht geringschätzen: Manchmal hängt von ihm die Antwort auf die Frage ab, ob man ein Projekt bekommt oder nicht. Aber im Grunde ist es die strukturierte, beständige Arbeit an den Abläufen im Unternehmen und am Netzwerk.

Ein kürzlich realisiertes Projekt von GHS in Nassereith.
Welche Faktoren haben dazu beigetragen, dass auch die Großinstandsetzungen so stark zugelegt haben?
Wir haben uns in den letzten Jahren vermehrt unsere Bestandsobjekte angeschaut, da es uns wichtig ist, dass sich unsere Bewohner:innen überall wohlfühlen. In den letzten Jahren wurde der Ruf nach dem Ausstieg aus Öl und Gas immer lauter. Durch verschiedene Förderprogramme für thermische Sanierungen bot sich die Gelegenheit, diesen Schritt auch in unserem Bestand umzusetzen. Uns war wichtig, nicht nur auf Neubauten zu setzen, sondern auch unsere bestehenden Häuser fit für die Zukunft zu machen – damit sich unsere BewohnerInnen überall wohlfühlen und unsere Gebäude insgesamt in einem guten Zustand bleiben.
Wachstum ist immer auch eine Herausforderung für Organisation und Kultur – wie hat sich die Belegschaft und die Zusammenarbeit im Unternehmen verändert?
Mit der Neuwahl der Führungsebene 2020 gab es Aufbruchstimmung und Tatendrang. Wir haben sozusagen die Ärmel hochgekrempelt. Die Firma hat das Wachstum nicht überfordert. Es hat uns nicht überrascht. Es hat zu uns gepasst, dass wir so erfolgreich wurden. Uns ist gleichzeitig aber auch klar geworden: Immer wird es nicht so weitergehen – irgendwann müssen wir die Strukturen und die Organisation nachrüsten.
Spüren Sie den Fachkräftemangel, oder konnten Sie die sechs neuen Arbeitsplätze, die Sie im Zuge des Wachstums geschaffen haben, problemlos besetzen?
Ja, den Fachkräftemangel spüren auch wir. Vor allem im technischen Bereich ist es nicht leicht, gut ausgebildete MitarbeiterInnen zu finden. Im administrativen Bereich geht es zwar etwas einfacher, aber auch dort muss es menschlich und fachlich einfach passen. Am Ende hängt eine gute Zusammenarbeit von vielen Faktoren ab – nicht nur davon, ob jemand die fachlichen Voraussetzungen erfüllt.
Die Zweigstelle in Osttirol scheint sich zu bewähren. Was waren die ausschlaggebenden Gründe dafür, und welche Erfahrungen haben Sie bisher dort gemacht?
2024 war ein Drittel des Bauvolumens in Osttirol und Kärnten verortet. Auch das war eine sehr erfreuliche Entwicklung. Unsere große Stärke ist einfach die Nähe vor Ort. Die Gemeindevertreter bei Neubauten und die BewohnerInnen bei der Verwaltung wissen das zu schätzen. Wir sind zudem einige Kooperationen eingegangen, bei denen wir die Anzahl der verwalteten Einheiten deutlich erhöht haben. Das führte schlussendlich dazu, dass wir das Büro in Osttirol personell ausbauen konnten.
Die Eigenkapitalquote und die finanziellen Reserven konnten deutlich gestärkt werden. Wie wichtig ist Ihnen diese Stabilität – gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten?
Wir schütten Gewinne nie aus, sondern thesaurieren. Das gibt uns ein gutes Fundament und Sicherheit. Das Eigenkapital, das wir kontinuierlich aufbauen, investieren wir wieder in neue Grundstücke. Und das zeigt sich deutlich: Alle Grundstücke, die wir haben, sind eigenmittelfinanziert. Wir verwenden die Gewinne also für unseren seit je her bestehenden Auftrag – und zwar leistbaren Wohnraum zu schaffen.
Mit rund 60.000 Quadratmetern Grundstücksreserven verfügen Sie über viel Spielraum für künftige Projekte. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, wann und wo gebaut wird?
Das klingt nach viel, aber in der Praxis ist diese Reserve schneller aufgebraucht, als man denkt. Einige Grundstücke sind für mittelfristige Projekte vorgesehen und werden nicht sofort bebaut. Uns ist wichtig, eng mit den Gemeinden zusammenzuarbeiten und die Projekte gemeinsam zu entwickeln. Wir stimmen uns regelmäßig ab, um den tatsächlichen Bedarf vor Ort zu erheben. Die Priorität hängt also nicht allein von uns ab, sondern auch davon, wo die Gemeinden gerade Wohnraum brauchen. Kurz gesagt: Wir bauen dort, wo und wann wir gebraucht werden.
Ihre Firma versteht sich als „Gemeinnütziges Bauunternehmen“. Wie lässt sich dieses Leitbild mit wirtschaftlichem Wachstum vereinbaren?
Wir sind an das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz gebunden – das legt genau fest, wie Mieten kalkuliert werden. Das nennt man Kostendeckungsprinzip. Einfach gesagt: Die Finanzierungskosten des Gebäudes werden eins zu eins an die MieterInnen weitergegeben, dazu kommen die laufenden Betriebskosten. Natürlich gesteht uns der Gesetzgeber bestimmte Einnahmenkomponenten zu, bei denen wir Erträge erzielen dürfen – und das ist auch wichtig. Nur so können wir Rücklagen bilden, neue Grundstücke kaufen und weiterbauen – also wachsen, ohne unseren gemeinnützigen Auftrag aus den Augen zu verlieren.
Welche Schwerpunkte setzen Sie für die kommenden Jahre – sowohl unternehmerisch als auch gesellschaftlich?
Unser Auftrag ist klar: Wir sind verpflichtet, leistbaren Wohnraum zu schaffen – und diesem Grundsatz bleiben wir auch in Zukunft treu. Gleichzeitig wollen wir uns weiterentwickeln und neue Wege gehen. Wir sind derzeit in rund 100 Gemeinden aktiv, und es dürfen gern noch mehr werden. Unser Ziel ist es, weiterhin qualitativ guten und gleichzeitig leistbaren Wohnraum zu schaffen – überall dort, wo er gebraucht wird.
Vielen Dank für das Gespräch!
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