Angesichts der aktuellen Hochwasserkatastrophe steigt auch bei Unternehmern das Risiko-Bewusstsein. Roland Grumiller, Leiter des Risk Managements von Steinmayr und Co., erklärt, worauf man bei Versicherungen gegen Naturkatastrophen achten sollte und wo die aktuellen Probleme liegen.
Ist das Risikobewusstsein, was Hochwasser angeht, ausreichend?
Roland Grumiller: Unmittelbar nach Schadenereignissen steigt üblicherweise das Risikobewusstsein aufgrund der Betroffenheit, wohingegen nach einer gewissen Zeit das Bewusstsein wieder stark sinkt.
Ging man in der Vergangenheit bei schweren Unwettern von einem 100-jährigen Naturereignis aus, müssen aufgrund jüngster Erkenntnisse die Intervalle wesentlich kürzer definiert werden. In vielen Fällen wird dieser Umstand im Risikomanagement in Unternehmen kaum berücksichtigt.
Warum sind zu wenige Unternehmen ausreichend versichert?
Es sind neuerdings Ortschaften mit Hochwasserproblemen konfrontiert, die früher damit nie Probleme hatten. Das führt dann natürlich zu einem anderen Risikobewusstsein, das sich erst den neuen Realitäten angleichen muss. Eine große Rolle spielt aber auch der Versicherungsmarkt, welcher an den Standorten, wo es jedenfalls eine Deckung bräuchte, diese nicht oder unzureichend zur Verfügung stellt.
Wie sollte man grundsätzlich vorbereitet sein?
Die Evaluierung der eigenen Risikosituation ist Grundvoraussetzung. Dazu gehört, sich darüber zu informieren, in welcher Risikozone sich das eigene Unternehmen befindet, welche öffentlichen Schutzmaßnahmen gegeben sind und welche zusätzlichen Maßnahmen durch das Unternehmen in Abstimmung mit der Behörde gesetzt werden können.
Zudem sollte man sich mit einem Worst-Case-Szenario auseinandersetzen und ein entsprechendes Business-Continuity-Management implementieren.
Was macht eine adäquate Versicherung aus?
Eine adäquate Versicherung gegen Naturgefahren für Risiken, die in Gefahren-Zonen liegen, gibt es derzeit am österreichischen Versicherungsmarkt nicht. Für Unternehmen außerhalb von Risikozonen gibt es Möglichkeiten über All Risk Modelle oder EC - also „extended coverage“ – Deckungen Naturereignisse einzuschließen, allerdings mit eingeschränkten Summen und mit deutlich höheren Selbstbehalten. Für Private gibt es selbst diese Möglichkeiten praktisch gar nicht.
Woran fehlt es, um solche Angebote verfügbar zu machen?
Für die Bewältigung sogenannter LPHI-Risiken, was für low probability-high-impact, also niedrige Wahrscheinlichkeit mit großen Auswirkungen steht, wie Naturgefahren, wäre ein öffentlich-privates Pflichtversicherungssystem vorteilhaft. Die Expertise von Versicherern und Rückversicherern sowie vorhandene Marktstrukturen können für die Preisfindung genutzt und die private Versicherungswirtschaft sollte mit der Verwaltung und Abwicklung beauftragt werden. Gleichzeitig bedarf es der Rolle eines aktiv-partizipierenden Staats, der als Rückversicherer zur Aufrechterhaltung des Systems auftreten sollte. Damit wird zudem gewährleistet, dass im Zuge des Versicherungsangebots keine adverse Selektion zur Anwendung kommt und die Risiken gesamthaft gepoolt werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zu Person:
Roland Grumiller ist als Leiter der Risk-Management-Abteilung Teil des Teams des Tiroler Versicherungsmaklers Steinmayr und Co.