Der zweite Tag des Mediengipfels in den Lechwelten wartete mit Themen wie der Aussicht auf eine Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus und den damit einhergehenden Auswirkungen auf Europa, einer „europäischen Medienkultur“ und Extremismus auf. Neben dem ehemaligen Vizepräsidenten des europäischen Parlaments, Othmar Karas, nahmen auch der designierte österreichische Nationalbank-Gouverneur Martin Kocher und Starökonom Gabriel Felbermayr teil.
In der Eröffnungsdiskussion „Trump gewinnt – verliert Europa?“ am Freitag wurden die Implikationen der Rückkehr von Donald Trump in das Weiße Haus für Europa diskutiert. Othmar Karas (Erster Vizepräsident des europäischen Parlaments a.D.), sprach von einem Weckruf: „Europa muss jetzt endlich souveräner und selbstständiger werden.“ Die ehemalige Orf-Korrespondentin Hannelore Veit versuchte zu beruhigen. Mit Trump lasse sich verhandeln: „Er ist ein Dealmaker und ein Opportunist.“
Wie kann Europa medial greifbar werden
Helmut Spudich vom Presseclub Concordia warf die Frage auf, wie Medien europäischer gedacht werden und nationale Grenzen abgebaut werden können. „Wir arbeiten mit europäischer DNA und wollen die europäische Idee den Menschen näherbringen“, so Carolin Ollivier (Chefredakteurin Arte Journal). Freddie Martyn (Vizepräsident von Politico), sagte, dass Nachrichten „sexy“ und wie „Klatsch“ aufbereitet sein müssten, um möglichst viele Leute anzusprechen. Es sei aber schwierig, mit internationalen Inhalten Menschen anzusprechen, die nur ihre Muttersprache sprechen.
Superwahljahr 2024 – künstlich gesteuert oder real?
„Ohne soziale Medien geht es im Wahlkampf zwar nicht mehr, aber sie sind nicht wahlentscheidend“, so die Kommunikationswissenschafterin Uta Russmann über die Rolle der sozialen Netzwerke im „Superwahljahr 2024“. Sophia Kircher (Mitglied des Europäischen Parlaments, Evp) sah Vor- und Nachteile bei der Nutzung von KI, den Menschen müsse „aber geholfen werden, damit richtig umzugehen“. Corinna Millborn (Infochefin bei ProSieben, Sat1, Puls4) warnte vor einer Beeinflussung des Diskurses durch Deepfakes und andere KI-generierte Inhalte. Diese seien tendenziell immer schwerer zu erkennen und würden viele Leute täuschen, stimmte Russmann zu.
Die Rolle der Nachrichtenagenturen
Apa-Chefredakteurin Maria Scholl bezeichnete Nachrichtenagenturen als ein Gegenmodell zu sozialen Medien und „Vertrauenslieferanten“. „Unsere Meldungen sind dazu gedacht, um von JournalistInnen anderer Medien ohne Zögern weiterverwendet zu werden“, sagte sie einer Runde mit der stellvertretenden Chefredakteurin der dpa, Astrid Maier und dem CEO der Sda, Hanspeter Kellermüller. Von einem Vertrauensverlust in die Medien wollte Kellermüller aber nicht sprechen: „Wenn es ums Eingemachte geht, wie während Corona, erhalten traditionelle Medien großen Zulauf.“
Chancen und Herausforderungen des Journalismus in der digitalen Ära
„Wir haben das Meinungs- und Informationsmonopol von früher verloren. Es ist entscheidend, dass wir endlich ein vernünftiges Produkt auf den neuen Plattformen anbieten und unser Geschäftsmodell transformieren. Die Technik stellt keine Gefahr für den Journalismus dar, sondern bietet eine riesige Chance“, so Kai Diekmann (ehemaliger Bild-Chefredakteur). Christian Rainer (Kolumnist und ehemaliger Profil-CR) ergänzte: „Unsere Bedeutung als BeschützerInnen und BewahrerInnen der Demokratie ist stark gesunken. Wir müssen wegkommen von der Printzeitung, wenn darin kein Geld mehr steckt.“ Patricio Hetfleisch (Leitung der Kommunikationsstrategie der Tirol Werbung) reflektierte über die Herausforderungen der Branche: „Früher haben wir über Facebook gelacht und jetzt sitzen wir im Tal der Tränen. Die Frage bleibt: Wie können wir es schaffen, dass uns die Menschen wieder zuhören?“
Möglichkeiten, um die wirtschaftlichen Prognosen zu verbessern
Martin Kocher (designierten österr. Nationalbank-Gouverneur) und Starökonom Gabriel Felbermayr äußerten im Standard-Podcast ihre Einschätzungen zur wirtschaftlichen Lage in Österreich. „Einige externe Faktoren wie den Ukrainekrieg können wir nicht beeinflussen“, erklärte Kocher, „aber in Österreich selbst müssen wir nicht länger jede Firma vor dem Konkurs retten.“ Felbermayr gab zudem eine optimistische Prognose für die Industrie ab: „In der Industrie sind die Erwartungen besser als die Lage.“ Er warnte jedoch vor den Risiken von Vermögensteuern in Österreich, da das Land aufgrund seiner Größe Gefahr laufe, dass Vermögen in Länder abwandere, die geringere Steuerabgaben verlangen würden.
Europäische Wettbewerbsfähigkeit in der digitalen Zukunft
In der Diskussion um die Wettbewerbsfähigkeit Europas in der digitalen Zukunft betonte der Autor Thomas Ramge die Notwendigkeit, den Fokus auf weniger Regulierungen und mehr Investitionen zu legen. Barbara Thaler (WK-Präsidentin Tirol) plädierte dafür, kreative UnternehmerInnen „einfach machen zu lassen“. Sie hob hervor: „Der innere Antrieb, sich für Nachhaltigkeit und Innovation einzusetzen, ist der beste Motor für unsere Zukunft.“ Tom Urbanek („Der Mann mit den implantierten Chips“) ergänzte, dass Regulierungen in manchen Bereichen wie Kryptowährungen durchaus sinnvoll sein könnten, aber Regelungen nie einen Rückschritt bedeuten sollten. Herbert Tanner (Leiter Softwareentwicklung Digitale Industrie bei Siemens) betonte, dass vielen Menschen nicht bewusst sei, welchen Wandel das Unternehmen von industrieller Hardware zu einem Digitalunternehmen vollzogen hat, weil sich Medien zu oft auf die negativen Schlagzeilen fokussieren würden.
Islamischer Extremismus in Europa
In einem Gespräch mit Alexandra Föderl-Schmid (Nachrichtenchefin Süddeutsche Zeitung) äußerte Seyran Ateş (Moschee-Gründerin Berlin und Frauenrechtlerin) ihre Besorgnis über den islamischen Extremismus in Europa. Sie betonte, dass Europa endlich aufwachen müsse und die Realität eines erheblichen islamistischen Problems akzeptieren sollte. Ateş wies darauf hin, dass sich Parallelgesellschaften zunehmend zu Gegengesellschaften entwickelt hätten. Dies werde unter anderem durch die Kalifat-Demonstrationen in deutschen Städten sowie durch extremistische Tendenzen an Schulen deutlich. „Die Gemeinden wurden nach den großen Flüchtlingsströmen alleingelassen, und jetzt stehen wir vor einer Herausforderung, die uns zu überfordern droht“, so Ateş.