Barbara, Bernhard, wann hattet ihr persönlich das erste Mal das Gefühl: "Wow, KI ist jetzt wirklich bei mir angekommen"?
Barbara: Frühe Formen der KI, wie Empfehlungssysteme oder Erkennungssysteme haben die meisten von uns wahrscheinlich schon lange recht unbewusst genutzt. Bei mir hat die erste spielerische Nutzung von generativer KI den ersten Wow-Effekt geliefert. Leider habe ich mir das Datum meiner ersten ChatGTP-Anfrage nicht aufgeschrieben, rückblickend ein fast historischer Moment!
Bernhard: Bei mir war es auch der Moment, als ich ChatGPT erstmals Texte und Bilder überprüfen lies. In meinem privaten Umfeld habe ich auch verstärkt beobachtet, dass KI-Lösungen wie Copilot, Gemini oder Perplexity für den Alltag eingesetzt werden – ob bei der Erstellung von Präsentationen, für Glückwunschkarten oder um sich Verbesserungsoptionen für den Social-Media-Auftritt anzeigen zu lassen. Da habe ich gemerkt – KI ist gekommen, um zu bleiben.
Was sind aus eurer Sicht typische Stolpersteine, wenn Unternehmen KI einführen wollen – und wie umgeht man sie am besten?
Bernhard: Damit KI sinnvoll eingesetzt wird, muss zuerst eine klare Idee bzw. ein zugrundeliegendes Problem definiert werden – also irgendwas, das aktuell eine große Herausforderung darstellt. Zugleich müssen die Workflows und die zugrundeliegenden Daten betrachtet werden. Erst wenn ein Fundament einer definierten Herausforderung und ein Datenpool dazu bereitstehen, können KI-Lösungen auf ihre Sinnhaftigkeit hin geprüft werden.
Barbara: Hier empfiehlt es sich bei den meisten Unternehmen, erstmal eine:n Berater:in zu Rate zu ziehen, der erste, kleine und sinnvolle Schritte mit KI-Tools evaluiert. Step by Step ist unserer Erfahrung nach die beste Herangehensweise, damit der Einsatz von KI sinnvoll implementiert werden kann.
Ihr entwickelt bei der Cemit eine KI, die Fördermöglichkeiten einschätzt und bei Förderanträgen hilft. Wie kam es zu dieser Idee?
Bernhard: Wir verwenden schon seit Jahren eine Förderdatenbank, in welcher praktisch alle relevanten Förderungen abgebildet und mit Key Facts beschlagwortet sind. Diese Datenbank dient uns zur raschen Fördereinschätzung, worauf wir unseren Kunden innerhalb kürzester Zeit eine fundierte Bewertung ihrer Projekte geben können. Diese Datenbank musste bis dato manuell überprüft und mit Förderupdates befüllt werden. Dies wird nun ein KI-Agent erledigen. Er tastet täglich den Fördermarkt ab und macht laufende Updates unserer Datenbank. Damit sind wir immer up-to-date und können unsere Kunden praktisch in Real-Time über Neuigkeiten informieren.
Barbara: Wenn wir Texte für Förderanträge, Berichte oder Studien generieren, nutzen wir für bestimmte Teile KI schon länger als Unterstützung, ohne dass jedoch ausschließlich mittels KI-Tools gearbeitet wird. Die Texte sollen ja eine Geschichte erzählen, um zu beeindrucken und jede Passage muss gut überlegt sein und eine tiefe Aussagekraft haben. In Zukunft soll ein lernendes System uns und unsere KundInnen bei der Erstellung von solchen Texten immer besser unterstützen.
Gab es bei der Entwicklung der Software einen Moment, wo ihr das Projekt am liebsten abgeblasen hättet?
Bernhard: Ja, und zwar ganz am Anfang. Da wurden wir von Vorschlägen und Möglichkeiten der Tools förmlich erschlagen – wir wussten nicht mehr, wo oben und unten ist. Dies hat uns gelehrt, dass eine strukturierte Vorgangsweise und einfache Tests äußerst sinnvoll und langfristig kostenschonend sind.
Barbara: Aber – das Projekt abblasen – stand schlussendlich nie zur Diskussion, weil wir wussten, wir brauchen das, das macht uns schneller und professioneller. Wir müssen am neuesten Stand des Wissens sein, um KundInnen bei der Projektentwicklung und dem Förderwesen zu unterstützen, insbesondere in den Bereichen Green Tech, Digitalisierung oder Life Sciences. Die KI als Begleiterin wollen wir daher nicht mehr wegdenken.
Hand aufs Herz – was kann die KI in diesem Bereich noch nicht?
Bernhard: Kreativ sein und Netzwerke nutzen. Die KI kann dir nicht dabei helfen, mit KundInnen und LieferantInnen persönlich in Kontakt zu treten und Kooperationen zu denken – der Mensch kann dies und das ist auch die Stärke der Cemit.
Barbara: KI erspart zeitaufwändige Tätigkeiten – das heißt, unsere Arbeit kann sich nun ganz klar auf den kreativen Denkprozess und die Projektkoordination konzentrieren. Wir entwickeln und strukturieren Ideen, verknüpfen Know-how, Technologien oder NetzwerkpartnerInnen, beraten und begleiten PartnerInnen mit einer ganzheitlichen Übersicht und einem „Sorglos-Paket“. Das kann die KI nicht und macht letztendlich den Mehrwert für unsere KundInnen aus.