Käse ist nicht gleich Käse. Welche Unterschiede alpine Käsesorten haben und wie man diese wissenschaftlich beschreiben kann, damit beschäftigt sich ein Forschungsprojekt am MCI.
Wer im Supermarkt vor dem Käseregal steht, hat die Qual der Wahl: nicht nur zwischen unzähligen Sorten, sondern auch zwischen zahlreichen Labels. Die Verpackungen tragen Gütesiegel, auf denen Bio, Heumilch oder geschützte Ursprungsbezeichnung zu lesen ist. Ob und wie sich der Inhalt unterscheidet, untersucht ein Forschungsprojekt am MCI. „Wir wollen herausfinden, inwieweit Käsesorten sich voneinander abheben“, erklärt Hannah Innerbichler, die das Projekt im Rahmen ihrer Dissertation am MCI durchführt.
Schutz vor Täuschung
Im Fokus des Projekts stehen Käse mit „geschützter Ursprungsbezeichnung“ (g. U.), einem Label der EU, das regionaltypische Produkte bezeichnet. Unterscheidet sich der geschützte Käse aber tatsächlich von nicht geschützten Sorten? Das will Hannah Innerbichler herausfinden: „Damit könnte man ehrliche ProduzentInnen sowie KonsumentInnen vor Mislabeling schützen.“
Untersucht werden alpine Käsesorten aus Nord- und Südtirol sowie dem Allgäu. Ziel ist herauszufinden, ob sich geschützte und nicht geschützte Sorten sowie geschützte Produkte verschiedener Regionen voneinander unterscheiden und ob diese Unterschiede an gewissen Merkmalen festgemacht werden können.
Richtige Einstellung
Untersucht wird das zum einen mittels Laboranalysen und analytischer, chemischer und mikrobiologischer Verfahren. Hier wird versucht, Biomarker zu finden, anhand derer man die Käsesorten authentifizieren kann. Wichtig ist dabei die Sensitivität: Wählt man Biomarker zu sensitiv, sieht man Unterschiede zwischen jeder Produktionscharge ein- und derselben Sorte. Wählt man Biomarker nicht sensitiv genug, erkennt man gar keine Unterschiede mehr. Dann wäre das Merkmal eines jeden Käses die Milch. „Die Schwierigkeit ist, die richtige Sensitivität zu finden“, so die Doktorandin.
Blinder Geschmack
Auch sensorische Analysen werden durchgeführt. Dabei müssen Probanden in einer Blindverkostung geschützte und nicht geschützte Sorten voneinander sowie zwei geschützte Sorten unterschiedlicher Regionen erkennen. Einen ersten Durchlauf gab es im Rahmen der Langen Nacht der Forschung und die Ergebnisse waren eindeutig. „In unserem Setting haben die ProbandInnen die Unterschiede klar erkannt.“ Um wissenschaftlich valide zu sein, müssen auch die sensorischen Untersuchungen in unterschiedlicher Konstellation und mehreren Runden wiederholt werden.
Regional vs. international
Alpiner Käse zählt, wie Wein, Olivenöl oder Parmaschinken, zu den Produkten, die in einer Region einen hohen wirtschaftlichen und traditionellen Stellenwert haben. Deshalb ist die Frage, ob ebendiese Lebensmittel auch tatsächlich höherwertig sind, höchst relevant. Denn damit hängt auch zusammen, ob KonsumentInnen letztlich bereit sind, den geschmacklichen Unterschied finanziell zu honorieren.
Auf der einen Seite wächst das Regionalitäts-bewusstsein bei KundInnen, auf der anderen Seite werden Lebensmittelmärkte durch Handelsabkommen wie TTIP internationaler. „Ob und wie sich ein Produkt qualitativ und objektiv von anderen abhebt, wird in Zukunft immer wichtiger“, weiß Innerbichler. Das gilt besonders für Regionen wie Tirol, in denen die Lebensmittelindustrie rund um tierische Produkte fest verankert und Teil der regionalen Marke ist.
Geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.)
ist ein Label der Europäischen Union. Es kann nur für Produkte beantragt werden, die in einem speziellen Gebiet nach bestimmten Kriterien erzeugt, verarbeitet und hergestellt werden. Dazu zählen etwa Parmaschinken, Wachauer Marillen, Tiroler Speck oder Tiroler Bergkäse.
Zur Person
Hannah Innerbichler studierte Lebensmitteltechnologie an der Universität Parma. Für ihre Dissertation im F&E-Bereich Food Science & Biotechnology am MCI in Innsbruck forscht die gebürtige Südtirolerin an Biomarkern zur Authentifizierung alpiner Käsesorten.
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