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„Geldverdienen war schon mal leichter“

Seit knapp 30 Jahren ist Gerhard Burtscher für die BTV tätig, seit 2016 als Vorstandvorsitzender.

„Geldverdienen war schon mal leichter“

Seit knapp 30 Jahren ist Gerhard Burtscher für die BTV tätig, seit 2016 als Vorstandvorsitzender.

BTV-Vorstand Gerhard Burtscher spricht im Interview darüber, wie sich die Niedrigzinspolitik der EU auf Banken, Unternehmer und Sparer auswirkt, Tiroler ihr Geld anlegen und Wachstumsmöglichkeiten für Tirols größte Bank.

Herr Burtscher, Ihr zweites Jahr an der Spitze der BTV neigt sich dem Ende zu. Wie fällt Ihr Fazit für die letzten zwölf Monate aus?

GERHARD BURTSCHER: Sehr gut, auch wenn die Rahmenbedingungen herausfordernd sind. Als Bank Geld zu verdienen, war schon mal leichter. Die gute Nachricht ist, dass man sich gut differenzieren kann. Die Kunden suchen sich heute ihre Bank, ihren Partner, viel bewusster aus, als dies früher der Fall war. Das gibt uns gute Möglichkeiten.

Zu den Herausforderungen für Banken zählt auch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Wie wirkt sich der niedrige Leitzins auf die BTV aus?

Wenn Geld keinen Wert hat, und das ist derzeit so, dann ist das aus meiner Sicht volkswirtschaftlich schlecht. Das bedeutet, dass der Anleger im Prinzip sukzessive die Schulden der Staaten zurückzahlt. Wenn man am Sparbuch Null-Verzinsung hat und es trotzdem eine Inflation gibt, dann wird Geld weniger wert. Die Nutznießer davon sollten die Staaten sein, die mehr Geld zur Verfügung hätten, zu tilgen. Derzeit ist es so, dass zwar die Schulden nicht so stark zunehmen wie in der Vergangenheit, aber jenes Geld, das man sich bei Zinsen spart, noch beileibe nicht in die Tilgung geht. Somit erreicht man auf der einen Seite für die Staaten nicht das, was man erreichen möchte, und auf der anderen Seite bedeutet es für den Anleger, dass sein Erspartes an Wert verliert.

Und was bedeutet es für die Geschäftsbanken?

Für uns bedeutet es natürlich, dass wir heute, um Geld bei der EZB zu veranlagen,  Verwahrentgelt bezahlen müssen. Das heißt, wir bezahlen, um Geld zu veranlagen. Das drückt natürlich auf die Ertragslage der Banken.

Gleichzeitig werden Kredite für Unternehmen günstiger. Inwiefern wirkte sich das heuer auf die Entwicklung der Nachfrage nach Unternehmenskrediten aus?

Die Kreditnachfrage in Österreich war in den vergangenen Jahren gebremst. Wir selber haben ein gutes Kreditwachstum. Das passiert aber über Marktanteilsgewinne. Unsere Unternehmer investieren nicht, weil die Zinsen so tief sind. Vor Investitionen stellen sie sich die Frage, ob beispielsweise eine Maschine ausgelastet ist oder nicht. Wenn die Maschine ausgelastet ist, ist auch ein vernünftiges Zinsniveau kein Problem. Ist sie das nicht, nutzt auch eine Niedrigzinspolitik nicht. Die letzten Zinssenkungen haben die Wirtschaft nicht mehr beflügelt. Investiert wird, wenn es der Wirtschaft gut geht. Und das ist im Moment der Fall.

Anders sieht es für Privatkunden aus. Hat die Niedrigverzinsung – fürs Geld am Sparbuch gibt es kaum mehr Zinsen – Auswirkungen auf das Anlageverhalten der Tiroler?

Das Sparbuch spielt nach wie vor eine wichtige Rolle. Aber natürlich sucht man verstärkt Alternativen, die etwa im Aktienbereich gefunden werden. Bei unseren Kunden spielt die Vermögensverwaltung eine große Rolle. Wir haben viele anspruchsvolle Privatkunden, die diversifizieren. Sie haben etwa einen Teil am Sparbuch, einen Teil in Anleihen, aber auch einen Teil in Aktien angelegt. Dass durch diese Niedrigzinspolitik aber eher der Konsum ein wenig unterstützt wird, ist schon der Fall. Denn die Attraktivität, das Geld aufs Sparbuch zu legen, hält sich in Grenzen.

In den Köpfen vieler sind Aktien vor allem eine risikoreiche Veranlagungsform. Aktien haben eine Volatilität. Es geht mal rauf und mal runter. Das heißt, es braucht eine gute Streuung und einen längeren Anlagehorizont, damit man solche Schwankungen auch ausgleichen kann. Langfristig gesehen haben Aktien eine sehr gute Rendite und sind ein wichtiger Bestandteil einer gesamten Veranlagungspalette. Und mit der Aktie hat man den Vorteil, dass man inflationsunabhängig ist, da einem ein Anteil an einem Unternehmen gehört. Das Risiko wird über die Streuung und Laufzeit reduziert und dann kommen die Vorteile der Aktie wirklich zur Wirkung. Die aktuell positive Wirtschaftslage beflügelt Aktien.

Viel wird derzeit auch über digitale Währung diskutiert. Wie stehen Sie dieser als Geldanlage gegenüber?

Digitale Währungen wird es in Zukunft geben. Heute haben sie einen sehr spekulativen Charakter, sprich sie sind ein sehr spekulatives Anlageinstrument.

Welche Entwicklungen sind zu erwarten?

Ich denke, dass sich in Zukunft die eine oder andere digitale Währung durchsetzen wird. Wichtig ist aber, dass der spekulative Charakter verschwindet und wirklich nur die Vorteile einer digitalen Währung genutzt werden und nicht die Spekulation, sprich die Frage, welche Wertentwicklung digitale Währung haben könnte, dominiert.

Zu Ihrer Kundengruppe zählen exportorientierte mittelständische Unternehmen. Welche Services bieten Sie diesen Kunden?

Wir haben einen sehr hohen Anteil an exportorientierten Unternehmen, sprich zirka 70 Prozent unserer 7.500 Firmenkunden sind im Export tätig. Wir begleiten auf der einen Seite Kunden weltweit etwa im Garantiegeschäft, im Bereich Exportabsicherungen, das geht über Korrespondenzbanken. Wir haben natürlich einen Vorteil in der DACH-Region, dadurch dass wir eine Vollbanklizenz in Österreich, Deutschland und in der Schweiz haben. Dort können wir die Kunden direkt begleiten und haben den kompletten Zahlungsverkehr in allen drei Ländern direkt zur Verfügung. Und diese drei Länder sind die wichtigsten Partner für westösterreichische Unternehmen.

Wir erleben derzeit politisch instabile Zeiten, Stichwort Brexit oder die Konflikte in Katalonien oder mit Nordkorea. Gibt es ein Ereignis in der Weltpolitik, das Ihnen als BTV-Chef besonders Sorgen bereitet?

Wir haben schon die einen oder anderen Staatschefs, wo man sich Sorgen machen muss und sich die Frage stellen muss, wie verlässlich sie sind und auf welche Idee sie noch kommen werden. Der Brexit ist für Europa sicher nicht gut, aber verkraftbar. Daraus wird keine große Krise entstehen. Große Krisen würden dann entstehen, wenn Staatschefs große Fehler begehen. Aus wirtschaftlicher Sicht läuft es im Moment aber sehr, sehr gut. In unserem Einzugsgebiet haben die Firmen eine sehr gute Auslastung und daher kann man auch nicht sagen, dass Krisenherde, wie der Brexit, heute schon einen massiven Einfluss haben.

Die BTV verfügt in Tirol über mehrere Beteiligungen, etwa an den Mayrhofner Bergbahnen. In Vorarlberg besitzt die Bank das Skigebiet Silvretta Montafon. Was ist das Ziel solcher Beteiligungen?

Auf der einen Seite sind wir im Tourismus seit vielen, vielen Jahren stark verankert. Wir betreuen zahlreiche Tourismusunternehmen und haben ein entsprechend großes Know-how. Auf der anderen Seite, wenn man viele Unternehmen begleitet und täglich mit Unternehmern spricht, schadet es nicht, selbst das eine oder andere Unternehmen zu verantworten. Wir haben aber nicht vor, uns ein Beteiligungsportfolio aufzubauen, indem wir in zig Unternehmen investieren. Wir haben zum Beispiel das Skigebiet Silvretta Montafon vor zehn Jahren gekauft und viel investiert. Das Unternehmen entwickelt sich gut und wir haben eine große Freude damit.

Sind weitere Beteiligungen geplant?

Aus heutiger Sicht nicht.

Können Sie bereits sagen, welche Zahlen Sie für das Geschäftsjahr 2017 präsentieren werden?

Das darf ich noch nicht verraten, aber die ersten drei Quartale zeigen, dass wir Marktanteile gewinnen konnten und gut unterwegs sind. Wir gehen auch für das Jahr 2017 von einer guten Entwicklung aus.

In welche Richtung wird sich die BTV weiterentwickeln?

Sind zum Beispiel weitere Standorte geplant? Derzeit sind keine weiteren Standorte geplant. Heuer haben wir in Mannheim in Deutschland eine Niederlassung eröffnet. Wir werden in Kürze noch die BTV Dornbirn eröffnen, wo wir am bestehenden Standort kräftig investiert und umgebaut haben. Dort werden wir künftig das Firmen- und das Privatkundengeschäft unterbringen. Wir setzen ganz stark auf Betreuungszentren. In Wien zum Beispiel haben wir einen einzigen Standort, aber dort sind rund 60 Mitarbeiter beschäftigt. Darin sehen wir unsere Wachstumsmöglichkeiten. Mit den sieben Standorten in Deutschland, den zwei Standorten in der Schweiz und mit unseren Filialen in Wien, Tirol und Vorarlberg können wir das Wachstum, das wir uns für die nächsten Jahre vornehmen, gut bewerkstelligen.

Was, glauben Sie, wird im kommenden Jahr die Märkte bewegen?

Ich gehe davon aus, dass wir 2018 weiterhin eine sehr positive und stabile Entwicklung erleben werden. Es spricht im Moment nichts dagegen. Die Wirtschaft brummt. Wenn nicht irgendwo ein ganz großer Krisenherd entsteht, spricht nichts dagegen, dass wir 2018 von einer sehr stabilen Entwicklung in unserer Region ausgehen können.

Und was wird sich in Zukunft für Banken verändern?

Wir bezeichnen unser Geschäftsmodell als erfrischend konservativ. Das heißt, unsere Bankbilanz besteht zu 98 Prozent aus Kundengeschäft. Wir haben so gut wie keine Eigengeschäfte. Natürlich spielt Digitalisierung eine große Rolle, dahingehend, dass viele Tätigkeiten vereinfacht werden, die Kommunikation schneller wird. Wenn unser Firmenkunde aber 20 Millionen Euro in eine Halle investiert, führt er ein Gespräch mit uns. Wenn unser Privatkunde innerhalb von dreißig Jahren 500.000 Euro angespart hat und das Ersparte veranlagen möchte, dann führt er auch mit uns ein Gespräch. Und das Gespräch mit unseren Kunden, die Beratung, die Tatsache, als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen – das wird auch in Zukunft der Mittelpunkt unseres Geschäftsmodells bleiben. Wir haben eine Meinung und stiften damit einen Nutzen für unsere Kunden.

Zur Person

Gerhard Burtscher wurde 1967 in Bregenz geboren und besuchte dort die Handelsakademie. 1988 trat er in die Bank für Tirol und Vorarlberg ein. Burtscher leitete jeweils für vier Jahre die Zweigniederlassungen in Wolfurt (1991 – 1994) bzw. Bregenz (1994 – 1998) und war im Anschluss im Firmen- und Privatkundengeschäft für die ganze Region Vorarlberg zuständig (bis 2004). Mit der Eröffnung der ersten Auslandsniederlassung zeichnete er für die BTV Schweiz verantwortlich. Seit 2013 ist Burtscher im Vorstand. 2016 folgte er dem langjährigen BTV-Vorstand Peter Gaugg nach.

15. Dezember 2017 | AutorIn: Eva Schwienbacher | Foto: Axel Springer

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