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„Hirn und Herz für Natur und Kultur öffnen“

Ambros Gasser, Geschäftsführer ASI Reisen und WeDesignTrips

„Hirn und Herz für Natur und Kultur öffnen“

Ambros Gasser, Geschäftsführer ASI Reisen und WeDesignTrips

Mit 27 Jahren übernahm Ambros Gasser die Alpinschule Innsbruck (ASI), einen der renommiertesten Reiseveranstalter für Wander-, Trekking- und Bergreisen. Mit top.tirol sprach der innovative Unternehmer über Flight-Shaming, die neue Firmenzentrale der ASI und seine eigenen Lieblingsreiseziele.

Derzeit protestieren hunderttausende junge Menschen bei den Fridays for Future für eine Wende in der Klimapolitik. Raten Sie Menschen noch dazu, das Flugzeug zu benutzen?

Ambros Gasser: Grundsätzlich finde ich diese Bewegung gut und es steht außer Frage, dass wir hier etwas tun müssen. Das daraus resultierende Flight-Shaming, also zu sagen, dass man nicht mehr fliegen darf, muss man aber reflektierter betrachten. Der Anteil der Flugindustrie am weltweiten CO2-Ausstoß ist zwei Prozent. Die Digitalisierung hat mittlerweile einen 4,5-prozentigen Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen. Es gibt viele andere Bereiche, die hier einen wesentlich höheren Anteil haben. Nichtsdestotrotz muss man sich das Ganze überlegen. Freiwillige Kompensation wird von Reisenden nicht wirklich angenommen. Eine CO2-Steuer auf Reisen ist im Gespräch. Ein Vorschlag, demgegenüber ich offen bin, wobei die Ausgestaltung dabei eine Rolle spielt.

Kann man also noch ohne schlechtes Gewissen in die Ferne fliegen? Wenn wir aus ökologischen Gründen nicht mehr in bestimmte Länder fliegen, die auf wirtschaftliches Wachstum aus dem Tourismus angewiesen sind, helfen wir Entwicklungsländern nicht mehr, und das trägt auch nicht zu einer nachhaltigen Entwicklung des Planeten bei. Meine Idee wäre, nicht mehr, sondern weniger und bessere Fernreisen zu machen. Wenn man in die Ferne will, soll man nicht zu Weihnachten zwei Tage nach New York zum Shoppen fliegen, sondern möglichst lange vor Ort bleiben und den Aufenthalt so nachhaltig wie möglich gestalten.

Wie fühlt es sich an, mit Mitte dreißig drei Unternehmen zu führen und für knapp 50 Mitarbeiter und die vielen Guides in der ganzen Welt verantwortlich zu sein?

Ich fühle mich gar nicht mehr so jung, zumindest im meiner Tätigkeit als Geschäftsführer, die ich mittlerweile auch schon wieder seit acht Jahren ausübe. Für mich spielt dabei das Alter keine Rolle. Man muss schauen, dass man in manchen Dingen eine gewisse Ernsthaftigkeit hat, aber es ist einfacher, die zu finden als die Leichtigkeit, die muss man sich bewahren. Man braucht etwas Lausbubenhaftes. Ich denke, dass mir das ganz gut gelingt.

Das Ziel Ihres Vaters war, Gästen sanften, nachhaltigen und authentischen Urlaub näherzubringen. Wie haben Sie diese Vision weiterentwickelt und ins 21. Jahrhundert übersetzt?

Mein Vater hat immer gesagt, dass er den Menschen Hirn und Herz für Natur und Kultur öffnen will. Das ist immer noch der Kern der Alpinschule Innsbruck (ASI). Die Vision meines Vaters war sehr stark auf unsere Gäste ausgerichtet. Das ist immer noch wichtig. Wir versuchen einen Schritt weiter zu gehen und alle, die an diesem Prozess beteiligt sind, einzubinden. Wir wollen für unsere Gäste, unsere Mitarbeiter, unsere Guides, unsere Partner in allen Ländern und den Menschen, denen wir unterwegs begegnen, einen Kreislauf etablieren, der für alle Sinn macht und wertschätzend Wertschöpfung schafft.

Ist die ASI heute noch dasselbe Unternehmen, das Sie vor gut acht Jahren von Ihrer Mutter übernommen haben?

Nein. Ich bin seit 2007 im Unternehmen. Seit diesem Zeitpunkt kommen gewisse Einflüsse von mir hinein. In erster Linie muss ich meine Mutter loben, dass sie das Unternehmen phänomenal geführt und mir die Möglichkeit gegeben hat, das Unternehmen so zu übernehmen, wie ich es mir vorgestellt habe. Auch wenn bestimme Entscheidungen nicht auf ihrer Linie waren. Sie hat sehr früh erkannt, dass ich Verantwortung für das Unternehmen übernehmen möchte.

Manchmal trifft man die richtigen Entscheidungen, manchmal nicht. Natürlich hat jemand mit Ende zwanzig einen anderen Blickwinkel auf die Welt und Unternehmenskultur als jemand, der Mitte sechzig ist.

Hat sich das Team seit Ihrer Übernahme verjüngt?

Das Team hat sich in den letzten elf Jahren stark verjüngt, weil wir uns in dieser Zeit auch als Unternehmen stark gewandelt haben. Da gab es manche Mitarbeiter, die diesen Weg nicht mehr mitgehen wollten, was aber vollkommen legitim ist. Man muss eine bestimmte Deckung haben. Die Ziele des Unternehmens und des Mitarbeiters müssen eine gewisse Deckung haben. Dadurch hatten wir aber die Möglichkeit, begeisterte Menschen zu finden, die genau so arbeiten wollen, wie wir es heute tun und Teil des Unternehmens sein wollen.

Die ASI leistet sich eine neue Firmenzentrale im Wert von fünf Millionen Euro. Warum haben Sie sich für den Neubau entschieden?

Grundsätzlich haben wir mehr Platz gebraucht. Der Wunsch hinter dem Bau in dieser Form war aber, eine Firmenzentrale zu bauen, die unsere Unternehmen und unsere Firmenkultur widerspiegelt. Momentan sind wir auf einem ganz guten Weg dazu.

In der Reisebranche kann man nicht das große Geld verdienen. Unsere Margen sind sehr gering, deshalb muss man seinen Mitarbeitern andere Vorteile bieten. Das ASI-Nest und die besondere Lage des Arbeitsplatzes hier in der Stille sind solche Vorteile. Manche unserer Mitarbeiter gehen in der Mittagspause am Natterer See schwimmen, andere legen sich aufs Ohr und machen ein Mittagsschläfchen. Das Gebäude ist auch dafür da, Menschen anzuziehen, die sich mit unserer Unternehmenskultur und den Aufgaben im Unternehmen identifizieren können.

Viele Unternehmen im Tourismusbereich klagen darüber, keine Mitarbeiter zu finden. Wie gestaltet sich bei Ihnen die Suche?

Es ist bei uns auch schwierig. Es kommt immer darauf an, welche Position wir offen haben. Obwohl es uns schon seit 56 Jahren gibt, sind wir in Tirol relativ unbekannt. Die ASI wird aber immer bekannter und deswegen melden sich auch mehr Bewerber, insbesondere die, die von unserer Unternehmenskultur angezogen werden und sich mit einem Arbeitsplatz wie dem ASI-Nest identifizieren können.

Sie haben im Jahr 2016 Ihr drittes Unternehmen WeDesignTrips gegründet, mit dem Sie maßgeschneiderte Reisen mit lokalen, deutschsprachigen Guides auf der ganzen Welt anbieten. Was war Ihre Motivation dazu?

Bei uns entstehen sehr viele Ideen, die wir in Zukunft umsetzen wollen. WeDesignTrips wird auch nicht die letzte Idee sein, die bei uns entstehen wird, denn wir haben noch einige Flausen im Kopf. Wir verstehen das Thema Reise relativ gut und wir verstehen, welche Probleme Menschen bei der Reiseplanung haben. Eines davon ist, dass die Individualisierung von organisierten Reisen, wie man sie kennt, sehr schwierig ist. Das Konzept von WeDesignTrips habe ich eigentlich an der Universität, im Alter von 19 oder 20, entwickelt. Es lag bis dato in der Schublade. Ich habe innerhalb der ASI immer wieder gemerkt, dass dieses Bedürfnis der Individualisierung massiv steigt, wir es aber innerhalb unserer klassischen Distributionskette nicht befriedigen können. Deshalb habe ich WeDesignTrips gegründet, wo man maßgeschneiderte Reisen buchen kann.

Warum haben Sie diese Pläne nicht innerhalb der ASI verwirklicht?

Wenn man ein Konzept schafft, das sich fundamental vom Kerngeschäft unterscheidet, und man diese Idee bei Null, ohne Sicherheitsnetz, aufbauen will, dann muss man in meinen Augen dieses Unternehmen an einem anderen Ort aufbauen, wo es seine eigene Unternehmenskultur entwickeln kann.

Warum haben Sie diese Pläne nicht innerhalb der ASI verwirklicht?

Wenn man ein Konzept schafft, das sich fundamental vom Kerngeschäft unterscheidet, und man diese Idee bei Null, ohne Sicherheitsnetz, aufbauen will, dann muss man in meinen Augen dieses Unternehmen an einem anderen Ort aufbauen, wo es seine eigene Unternehmenskultur entwickeln kann.

ASI ist ein Reiseunternehmen. Wir haben Expertise in 80 Ländern auf dieser Welt. Wir kennen uns in diesen Ländern aus und designen die Reisen selbst. Also sind wir ein touristisches Unternehmen.     WeDesignTrips ist „nur“ ein Technologieunternehmen. Wir haben kein Know-how in den Zielländern. Wir brauchen es aber auch nicht. Wir müssen nur das richtige Netzwerk an lokalen Experten für unsere Kunden aufbauen.

Wie reisen Sie persönlich am liebsten?

Ganz unterschiedlich. Heuer fahre ich mit meiner Freundin im VW Bus zwei Wochen nach Albanien, in den Kosovo und nach Nordmazedonien. Wir fliegen aber auch gern nach Tel Aviv und Jerusalem. Letztes Jahr waren wir in den Brenta-Dolomiten im Trentino und sind von Hütte zu Hütte gewandert. Wir waren dann noch drei Tage am Strand und haben da in Ruhe gelesen. Ich lege auf einen guten Mix aus verschiedenen Reiseformaten wert.

Wo man mich nicht finden wird, ist auf einem Kreuzfahrtschiff. Ich verachte dieses Reisekonzept zutiefst. Ich bin aber auch ein klassischer Innsbrucker „Weekendwarrior“. Ein freies Wochenende in Innsbruck gibt extrem viel Kraft. Man nimmt seinen Rucksack oder sein Bike und geht ins Karwendel oder macht eine Hochtour. Wir leben einfach im Paradies.

Zur Person

Ambros Gasser, geboren 1984, übernahm 2011 die Geschäftsleitung der Alpinschule Innsbruck, die im Jahr 1963 von seinem Vater Hannes Gasser gegründet und ab 1996 von seiner Mutter geführt wurde. Nach der Matura zog es ihn nach München, wo er an der EBC Hochschule Wirtschaft mit dem Schwerpunkt Tourismus studierte.

Nach seinem Studium und verschiedenen Auslandsaufenthalten arbeitete er bei einer Münchner Unternehmensberatung, bevor er 2007 wieder nach Tirol zurückkehrte, um die Abteilung Marketing & Sales bei der ASI zu übernehmen.

ASI-Nest

Mit der neuen Firmenzentrale der Alpinschule Innsbruck, dem ASI-Nest, in einem Waldstück am Natterer Boden gebaut wird, will Ambros Gasser neue Maßstäbe in den Bereichen modernes, ganzheitliches und nachhaltiges Arbeiten setzen. Auf 1.560 Quadratmeter Fläche entstehen 70 neue Arbeitsplätze für die Mitarbeiter der ASI. Das Gebäude wurde vom norwegischen Architektenbüro Snøhetta geplant und wird im August 2019 eröffnet werden.

  • Vier Etagen in Holzbauweise
  • Natürliche und nachhaltige Baumaterialien
  • Begegnungs- und Rückzugszonen
  • Silentroom für Yoga, Meditation, Massagen und Power Naps
  • Garten mit Gemüsebeet, hauseigenen Bienen­stöcken und einem Tischtennisplatz
  • Grüne Fassade aus 105 Kletterpflanzen
  • Automatische Regulation des Gebäudeklimas
  • Energieautark
30. Juni 2019 | AutorIn: Daniel Schreier | Foto: Axel Springer

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