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„Nichts ist schlimmer als ständiger Erfolg“

Michael Schwarzkopf lenkt seit 1996 die Geschicke des Außerferner Familienunternehmens

„Nichts ist schlimmer als ständiger Erfolg“

Michael Schwarzkopf lenkt seit 1996 die Geschicke des Außerferner Familienunternehmens

Plansee-Vorstandschef Michael Schwarzkopf im Interview zur Zukunft der weltweit tätigen Außerferner Metallurgie-Gruppe und zum Grund, wieso er mit einem Projekt „Marathon“ die DNA in der Einstellung ändern will.

Herr Schwarzkopf, wir befinden uns derzeit in einer wirtschaftlich und politisch sehr angespannten Zeit. Wie sehen Sie die Entwicklung bei Plansee, das ja nicht nur eines der bekanntesten und größten Tiroler Unternehmen ist, sondern auch eine Gruppe, die weltweit in verschiedenen Geschäftsfeldern tätig ist?

Michael Schwarzkopf: Klarerweise können auch wir uns von der globalen Konjunktur nicht entkoppeln, die ja stabil wächst mit 3,5 bis 4 Prozent. So gesehen läuft das Geschäft eigentlich stabil. Was aber absolut in dieser Form neu ist: Noch nie gab es eine so unterschiedliche Entwicklung einzelner Geschäfte und Regionen. Bisher lief es eigentlich immer in allen Bereichen gleichzeitig relativ gut oder eben auch weniger gut. Jetzt aber profitieren wir von einer guten Nachfrage aus dem europäischen Maschinenbau, der Autoindustrie oder auch aus dem Flugzeugbau, alles Branchen, in die wir indirekt hineinliefern. Andererseits: Nehmen Sie die Lichtindustrie oder die Energietechnik, die sich stark im Sog der Globalisierung befinden und unsere Kunden damit verstärkt nach Asien abwandern. Da werden ganze Geschäfte aus der westlichen Welt wegverlagert und chinesische Konkurrenz gezüchtet, die gegen uns verstärkt antritt. Es gibt auch Geschäfte, die gar nie wirklich in Europa waren, wie etwa die Unterhaltungselektronik in Asien mit Produkten wie LCD-Flachbildschirmen oder Smartphones wie das iPhone. Das sind noch Produktbereiche, wo wir durch Technologieführerschaft nach wie vor sehr wettbewerbsfähig sind, auch aus Europa heraus; zum Beispiel durch Großinvestitionen in neue Walzwerke.

Werfen wir einen Blick auf die drei großen globalen Wirtschaftsräume Amerika, Europa und Asien. Man hat das Gefühl, dass Europa teils ziemlich in der Defensive ist. Wie nehmen Sie das für Plansee wahr?

Unser Ziel ist, je ein Drittel unseres Umsatzes in den drei großen Wirtschaftsräumen zu verkaufen, wobei wir diese Produkte immer mehr auch vor Ort produzieren werden müssen. Inzwischen machen wir bereits mehr als 50 Prozent des Umsatzes außerhalb Europas. Grundsätzlich sehe ich für Plansee beim Umsatzanteil eine weiterhin sinkende Tendenz in Europa und dafür verstärktes Wachstum in Amerika und Asien. Nordamerika hat großes Potenzial, Asien ohnehin, vor allem China und Südkorea. Japan läuft wie Europa auf stabilem Niveau. Wir werden deshalb verstärktes Augenmerk auf Akquisitionen, aber auch auf organisches Wachstum in den Wachstumsmärkten legen müssen.

Sie haben sich in Chile mit 20 Prozent an Molymet beteiligt, dem weltgrößten Verarbeiter von Molybdän-Erz. Wollen Sie unabhängiger in der Rohstoffversorgung werden? Welche Idee steckt dahinter?

Wir verarbeiten im Prinzip zwei Hochtechnologie-Werkstoffe – Wolfram und Molybdän – und in diesen Werkstoffbereichen wollen wir alles anbieten, vom Rohstoff bis zur fertigen Komponente für den Kunden. Zurzeit ist die Rohstoffsituation egen der schwächeren Konjunktur zwar entspannter, sie wird aber langfristig ein strategisches Versorgungsthema bleiben. Eine zu große Abhängigkeit von manchen Märkten wie China ist bei vielen unserer Kunden nicht gewünscht. Molybdän ist ein Nebenprodukt aus der Kupferindustrie und hängt an der Stahlindustrie und am Ölpreis, daher sind derzeit die Preise gedrückt. Die Versorgungssicherheit ist aber immer gegeben. Bei Wolfram ist das kritischer, wegen des schwächeren Wachstums in China gibt es derzeit aber auch hier ein Überangebot, das die Weltmarktpreise belastet. Ich glaube nicht, dass sich das in den nächsten Jahren grundsätzlich ändern wird.

Plansee investierte und investiert in neue Werke in China, während etwa Swarovski sich in der Produktion künftig auf Europa konzentriert. Wie geht es Plansee in China?

Wir beschäftigen mittlerweile 1.700 Mitarbeiter in China, das ist nach Breitenwang mit 2.300 Mitarbeitern unser zweitgrößter Arbeitsmarkt. Wir sind mit China bisher sehr zufrieden. Aber es ist durchaus herausfordernd, auf diesem Riesenmarkt mit viel lokaler und internationaler Konkurrenz Geschäfte zu machen. Nicht zuletzt geht es auch um die Einhaltung unserer strengen Compliance-Richtlinie.

Welche Rolle spielt im globalen Wettbewerb das Ausmaß von Innovationen?

Eine sehr große, daher legen wir hier besonderen Wert darauf. Als Neu-Produkt definieren wir jeweils Produkte, die in den letzten fünf Jahren neu auf den Markt gebracht wurden. Und dieser Neu-Produkte-Anteil liegt bei etwa 30 Prozent. Wir geben für Innovationen rund 5 Prozent unseres Umsatzes aus.

Plansee hat sein Stammwerk seit seiner Gründung in Breitenwang bei Reutte. Wie gut oder gefährdet ist denn aus Ihrer Sicht der Standort Tirol?

Aus Plansee-Sicht ist Breitenwang auch nach fast 95 Jahren nach wie vor unser wichtigster und erfolgreichster Standort, es ist unser Herz. Aber nichts ist schlimmer als der Erfolg, der macht zufrieden und Zufriedenheit macht angreifbar. Daher sind wir dabei, einen Marathon zu starten. Marathon steht symbolisch für ein Langzeit-Intensivtraining, Wir müssen wieder hungriger werden, wir brauchen den Ehrgeiz, jedes Jahr günstiger, schneller und besser zu werden. Wir müssen diesen Standort noch besser und wettbewerbsfähiger machen. Das kann und wird uns helfen, über viele weitere Jahre hier erfolgreich zu bleiben.

Wenn es gut läuft, ist es aber wohl nicht so leicht, die Belegschaft mit auf so einen beschwerlichen Marathon zu nehmen?

Es geht darum, dass Erfolg nicht gottgegeben ist. Beim Marathon geht es um viel Training, um Einsatz, um das Wollen im Kopf. Wir sind bei Plansee gewohnt, erfolgreich zu sein, weil wir immer profitabel gewachsen sind. Da wir die nächsten Jahre schwächere globale Wirtschaftsdaten erwarten, müssen wir unser Augenmerk verstärkt auf interne Verbesserungen setzen. Unsere Mitarbeiter machen einen guten Job, aber wir müssen eine Einstellung erzeugen, dass wenn wir heuer einen Marathon in 4:00 Stunden laufen, dann wollen wir ihn nächstes Jahr in 3:50 Stunden und dann in 3:40 laufen. Wir brauchen den Ehrgeiz, jedes Jahr besser zu werden. Da muss sich die „DNA“ ins uns allen verändern.

Sie haben in den letzten Jahren wiederholt zu wenig flexible Arbeitszeiten in Österreich angeprangert. Geht da etwas weiter?

Wir haben uns geholfen, indem wir auch Leihpersonal eingestellt haben. Das war bisher unsere Form der Flexibilisierung, um rasch auf Auftragssteigerungen oder Ausfälle oder wie im Vorjahr auf einen Konkurs eines Kunden, als bei uns auf einen Schlag 80 Mitarbeiter keine Arbeit hatten, reagieren zu können. Trotzdem hatten wir zum Geschäftsjahresende mit 2.300 Beschäftigten einen Rekordstand in Breitenwang. Zurzeit sind wir in der Diskussion mit dem Betriebsrat, die Arbeitszeitmodelle zu überarbeiten und damit zum Beispiel Schichten zu synchronisieren. Dann sind Mitarbeiter flexibler am Standort einsetzbar. Wir reden auch über Flexibilisierungskonten. Aber gegackert wird erst, wenn tatsächlich unterschrieben ist.

Sie sagten einmal, es sollte in Breitenwang maximal 1.850 Beschäftigte geben, jetzt haben Sie 2.300. In keinem anderen Bezirk ist ein einzelnes Unternehmen so wichtig für den Arbeitsmarkt und Wohlstand der ganzen Region.

Es stimmt, wir haben viele extrem langjährige, gut ausgebildete Mitarbeiter mit hoher Loyalität, teilweise über Generationen. Oft waren der Vater und Großvater auch schon da und oft arbeiten noch fünf bis zehn weitere aus dem jeweiligen Familienumkreis bei uns. Wir sind uns dieser Verantwortung sehr bewusst, wissen aber auch um unsere Arbeitgeberattraktivität dank der guten Bezahlung und unserer sozialen Nebenleistungen.

Herr Schwarzkopf, wenn wir einen Ausblick wagen: Wo steht Plansee in zehn oder zwanzig Jahren?

In sechs Jahren sind wir 100 – da sollte es uns noch verdammt gut gehen, wenn wir unsere Hausaufgaben richtig machen. Wir brauchen grundsätzlich keine Strategieänderung aus heutiger Sicht. Die Geschäfte, in denen wir drinnen sind, sollten auch weiterhin genügend Wachstumschancen bieten. Das Erfolgsgeheimnis von Plansee liegt in der Fokussierung und wir werden unseren 100er in neuer Marathon-Rekordzeit laufen.

Und werden Sie in allen Bereichen, wie angestrebt, weltweit unter den Top 3 liegen?

90 Prozent unseres Umsatzes machen wir bereits mit Geschäften, in denen wir weltweit unter den Top-3-Anbietern sind. Daher ist an diesem Ziel nichts zu ändern. Bei Molymet wollen wir den Anteil mittelfristig auf 33 Prozent steigern und im Wolfram-Bereich können wir noch stark im globalen Hartmetallgeschäft wachsen.

Sie sind seit 1996 Vorstandsvorsitzender von Plansee und haben vor Ihrem Büro einen Spruch hängen, wonach ganz große Dinge noch nie in einem Team entstanden seien. Halten Sie denn nichts von Schwarm-Intelligenz?

Natürlich ist das Zusammenspiel in Teams sehr wichtig. Aber es geht auch darum, wie viel Mut man als Vorstand hat, gewisse strategisch größere Schritte zu setzen.

Herr Schwarzkopf, vor Kurzem ist Ihre Mutter Hilde Schwarzkopf, die Grande Dame der Tiroler Industrie, verstorben. Hat das größere Auswirkungen aufv die Ausrichtung des Unternehmens?

Natürlich ist der Tod der Mutter ein sehr trauriges und einschneidendes Ereignis. Es hat Plansee aber immer ausgezeichnet, vorbereitet zu sein auf alle Eventualitäten, das war auch schon beim Tod meines Vaters so, als der Vorstand die Geschäfte weitergeführt hat und meine Mutter in den Aufsichtsrat ging. Die Kontinuität im Unternehmen ist auch jetzt absolut gegeben. Es ist alles geregelt, der Aufsichtsrat bleibt, der Vorstand auch, die Strategie ebenso.

30. März 2015 | AutorIn: Alois Vahrner | Foto: TT/Mittermayr

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