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„Tourismus wird anders werden“

„Bei saisonalen Gütern müssen wir auch an das regionale Angebot denken.“ Peter Krug, Geschäftsführer von Eurogast Österreich

„Tourismus wird anders werden“

„Bei saisonalen Gütern müssen wir auch an das regionale Angebot denken.“ Peter Krug, Geschäftsführer von Eurogast Österreich

Agil und flexibel – vor allem, wenn es darauf ankommt. So sieht Peter Krug, Geschäftsführer von Eurogast Österreich, die Wirtschaft in der Region Oberland und Außerfern. Woher das kommt und welchen Herausforderungen der Wirtschaftsraum sich gegenübersieht, erzählt er im Interview.

Was macht das Außerfern und das Oberland aus wirtschaftlicher Sicht aus?

Peter Krug: Das Wesentlichste ist die Agilität, die die Wirtschaft hier zustande bringt. Getrieben wird das durch Situationen, die anderswo vielleicht weniger vorherrschend sind. Wenn man an die schwierige geografische Lage mit den immer wieder einhergehenden Katastrophen der letzten Jahre oder auch an Corona denkt, ist es erstaunlich, wie schnell es der Wirtschaft in einer traditionell kargen und gebirgigen Region wie dem Oberland und dem Außerfern immer wieder gelingt, auf die Füße zu kommen. Das kann man nur gemeinsam schaffen. Und der karge Oberländer Charakter entwickelt genau in solchen Momenten Zusammenhalt. Wir konzentrieren uns auf die wesentlichen Aspekte, wenn es darauf ankommt. Das macht uns flexibel und schnell.

Hat sich die Region von den vergangenen Jahren erholen können?

Wirtschaftsmotor bei uns ist der Tourismus. Und die Erholungsrate liegt bei an die hundert Prozent. Ich glaube, es war sehr, sehr gut, dass die Coronahilfen, die ja sehr umstritten waren, in dieser Höhe geleistet worden sind – speziell im Tourismus. Man hat klar gesehen, dass die TouristikerInnen in Nachhaltigkeit und Qualität investiert haben. Das hat sich direkt auf andere Branchen ausgewirkt. Außerdem ist Qualität langlebig. Das war ein wesentlicher Beitrag dazu, dass wir jetzt wieder so gut funktionieren. Und die Wintersaison war wirklich sehr gut – besser, als wir uns das erwartet hatten.

Ist die Region ein guter Standort für ein österreichweit operierendes Unternehmen?

Ich glaube, dass wir hier gute Bedingungen vorfinden. Wir haben eine stündliche Railjet-Anbindung nach Wien. Wir haben einen Flughafen. Und auch die Vor-Ort-Erreichbarkeit für unsere MitarbeiterInnen ist gut. Wir müssen uns nicht über die Tangente quälen. Das finde ich an dem Standort sehr toll. Wenn ich 60 Kilometer in Wien zurücklegen muss, brauche ich zwei Stunden, hier eine halbe. Wobei es da natürlich noch Verbesserungsbedarf gibt. Das steht außer Frage. Speziell aus den Tälern, wo wir auch viele MitarbeiterInnen haben, die wir ja auch adäquat ins Inntal bringen müssen. Dazu kommt ein sehr gut ausgebautes Glasfasernetz. Dank dessen sind wir als Unternehmen inzwischen voll digitalisiert.

Sind Sie in Tirol logistisch besonders gefordert?

Ich war weltweit unterwegs und habe mir Großhändler angesehen. Von Miami über Kopenhagen bis Schanghai. Und ich glaube, wir haben den höchsten Standard an Logistik weltweit. Wir schaffen es, innerhalb von zwölf Stunden die Bestellung aus allen Sortimenten zum Kunden zu bringen. Alles im Nachtsprung. Alles vom Lager bis in die Kühlräume vor Ort, mit Verräumservice. Alles digital über modernste Bestellgeräte. Wir haben nicht nur die besten Tourismusbetriebe. Auch die Logistik hat sich mit den Herausforderungen entwickelt. Wir müssen schauen, dass die Hotellerie und die Gastronomie versorgt sind. Und das, auch wenn die Nachfrage mit dem Wetter bei uns drastisch fluktuiert. Dementsprechend müssen wir sehr flexibel sein. Das gibt es sonst nirgendwo in dieser Intensität, die Eurogast-Standorte sind durch die regionale Verankerung in der Region perfekt auf diese Bedingungen abgestimmt.

Und wie sieht die Lage aktuell aus? Macht Ihnen die Preisentwicklung zu schaffen?

Die Teuerungswelle ist sehr intensiv und fordert alle Wirtschaftszweige – das gilt auch für uns. Wir müssen Preisgarantien bieten. Unsere KundInnen haben ja kalkuliert. Und das stellt uns vor sehr große Herausforderungen. Auch die Warenversorgung und die Resilienz in den Lieferketten haben sich geändert. Deswegen haben wir sehr viele Prozesse angepasst, um weiterhin eine Lieferleistung von 98 Prozent gewährleisten zu können. Ich bin jetzt in dem Bereich seit über 20 Jahren aktiv und habe noch nie eine derart volatile Situation erlebt.

Wird es da ein Ende geben?

Ich bin der Meinung, dass der Preis das Angebot regelt. Wenn die Preise so steigen, wird sich der Konsument denken: Brauch ich die Erdbeeren im Winter noch? Muss es brasilianisches Fleisch sein? Dahin wird das Ganze gehen. Auch der Tourismus wird sich diese Frage stellen müssen. Denn auch UrlauberInnen erwarten sich nachhaltiges Agieren von ihrem Gastgeber. Als Konsument am Regal kann man sich entscheiden, und diese Entscheidung wird man wohl zukünftig auch in der Speisekarte treffen. Das wird das Angebot in vielen Bereichen beeinflussen.

Ist eine auf den Preis fixierte Angebotsentwicklung ein Problem für regionale Produzenten?

Natürlich. Gerade bei saisonalen Gütern müssen wir auch an das regionale Angebot denken. Das leidet derzeit. Wir versuchen seit jeher regionale Ware anzubieten. Aber wir sind preislich gefordert und können dem nicht ausweichen. Das ist der Nachteil des freien Warenverkehrs. Und es wird für Bauern zunehmend schwieriger, in Tirol anzubauen.

Wie kommt diese Preisdifferenz zustande?

Die Personalkosten sind höher als jenseits der Grenze – im Süden wie im Norden. Dort herrschen ganz andere Overhead-Kosten bei ErntehelferInnen. Und die Politik schafft es nicht, einen Gleichstand zu erzeugen. Es ist ein Wahnsinn, wenn in Bayern die Lohnsteuern bei ErntehelferInnen um bis zu 50 Prozent niedriger sind als in Tirol. Deswegen kostet die Arbeit in Tirol letztlich doppelt so viel. Das ist eine große Gefahr für die Regionalität im Tourismus. Der Tourismus muss auch auf den Preis und darauf schauen, wie er seine Kalkulationen zustande bringt. Das geht nur mit Subventionen oder durch Änderungen im Steuerrecht. Regionalität gehört gefördert. Die richtigen Wege dahin muss man am runden Tisch suchen und gemeinsam aufzeigen – aber es müssen dann auch Konsequenzen folgen. Es muss ein fairer Wettbewerb möglich sein.

Und wie wird es weitergehen – sowohl für Ihre Branche als auch für die Region?

Es wird herausfordernd bleiben. Das hat auch mit Umwelteinflüssen zu tun. Die europaweite Trockenheit und die Erderwärmung werden uns nachhaltig beeinflussen. Dieser Wandel in der Natur ist gekommen, um zu bleiben. Die Zeiten des Überangebots sind vorbei. Und Nachhaltigkeit und Regionalität sind noch immer zu wenig im Fokus. Fakt ist: Der Winter wird anders werden. Tourismus wird anders werden. Und wir müssen reagieren. Wir haben aber in unserer Region sehr viele Chancen, und die müssen wir gemeinsam nutzen.

Wen sehen Sie da in der Pflicht?

Der Tourismus hätte viel Potenzial – auch was uns als Partner der Gastronomie und Hotellerie betrifft. Dass bei uns die großen Sattelzüge mit Waren aus aller Welt ankommen, das ist unvermeidbar. Aber das spielt sich „nur“ auf den großen Verkehrsachsen ab. Was wir ändern können, ist dieser letzte Meter. Wir sind an einem Projekt mit Elektro-Lkws beteiligt. Das funktioniert gut. Aber so ein Elektro-Lkw kostet das Dreifache von einem normalen. Das ist derzeit kaum wirtschaftlich abzubilden. Aber genau dort könnte man gemeinsam mit dem Tourismus ansetzen, inklusive der Personenlogistik: Der letzte Meter vom Zug zum Hotel mit dem Elektro-Bus, die Lebensmittel mit dem Elektro-Lkw. Da wäre Tirol und auch wir als Region gefordert. Wir hätten alles zur Verfügung. Wir haben Sonne, Fotovoltaik, einen Fuhrpark, der vorwiegend in den Nacht- und Morgenstunden fährt und am Nachmittag geladen werden kann, wenn die Sonne scheint. Man müsste „nur“ innovative Projekte finden und fördern, um das finanzierbar zu machen.

Zur Person:

Peter Krug leitet als Geschäftsführer die Eurogast Öster­reich GmbH vom Standort Zams aus.

Informationen zum Unternehmen:

  • Eurogasts Webshop-, Vertriebs- und Bestellsysteme werden alle in Zams entwickelt.
  • Eurogast macht alleine im Online­geschäft über 200 Millionen Euro Umsatz.
  • Ein wichtiger Baustein des Eurogast-Angebots sind High-Convenience-Produkte, bei denen der Großhändler Kunden-Verarbeitungsschritte wie das Waschen von Salat abnimmt.
  • Eurogast hat eine Lieferquote von 98 % über alle Sortimente.
  • Eurogast in Zams bündelt ein Einkaufsvolumen von fast 400 Millionen Euro.
  • Am Standort Zams betreibt Eurogast Grissemann eine Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von 1,6 Megawatt.
  • Österreichweit betreibt Eurogast 19 Standorte und beschäftigt 1.750 Mitarbeiter­Innen.
  • Insgesamt setzt die Eurogast-Gruppe jährlich mehr als 500 Millionen Euro um.

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    „Wir haben in unserer Region sehr viele Chancen, und die müssen wir gemeinsam nutzen.“ Peter Krug

27. April 2023 | AutorIn: Daniel Feichtner | Foto: Franz Oss

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