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Gegen den Strom

Hohe Strom- und Energiepreise treffen vor allem Betriebe, die energieintensiv arbeiten müssen.

Gegen den Strom

Hohe Strom- und Energiepreise treffen vor allem Betriebe, die energieintensiv arbeiten müssen.

Die Strompreise steigen weiter. Für einige Industriebetriebe ist die Entwicklung mittlerweile existenzbedrohend. Eine einfache Lösung gibt es für das Problem nicht – Maßnahmen, die die Lage erleichtern, allerdings schon.

Eine komplexe politische Lage, große gesellschaftliche Umwälzungen und ökonomische Herausforderungen machen wirtschaftliche Prognosen schwierig. Eines scheint aber sicher: Die Strompreiskurve zeigt steil nach oben. Und das ist nicht zuletzt ein großes Problem für Industriebetriebe – gerade für jene, die energieintensiv arbeiten müssen.

Dass die Tiroler Industrie davon nicht ausgenommen ist, weiß Johann Hörtnagl, Vorstandsobmann der Genossenschaft Stubai: „Die Lage, mit der wir derzeit konfrontiert sind, hätte vor fünf Jahren niemand für möglich gehalten“, so Hörtnagl. Zwar seien die Produktionskosten für Strom nicht unbedingt teurer geworden, aber die Preise hätten sich verfünffacht – und zwar innerhalb von einem knappen Jahr.

Ernst Dummer, seit 1999 in der Genossenschaft und Geschäftsführer der Tochterfirma Stubai KSHB erklärt: „Bis Ende 2022 hatten wir noch einen alten Energievertrag. Im ersten Quartal dieses Jahres kauften wir am Spotmarkt zu, und für das restliche Jahr wurde in Abstimmung mit den Hauptkunden ein Fixpreis angesetzt.“ Dieser liege aber um ein Vielfaches höher als jener von 2022. Nur durch vorausschauende Planung konnte der derzeitigen Entwicklung gegengesteuert werden, indem Produktionsbetriebe zum Teil selbst in Eigenstromproduktion investiert haben.

Fragt man aber nach Gründen für diese Entwicklung, bekommt man nicht selten die vereinfachte Antwort, dass es sich um Folgen des Ukraine-Kriegs handeln würde – damit ist die Geschichte aber nicht fertig erzählt.

Es ist kompliziert

Das Problem mit den Strompreisen habe nicht mit dem Ukraine-Krieg angefangen, meint Eugen Stark, Geschäftsführer der Tiroler Industriellenvereinigung, und man solle dementsprechend darin auch nicht die alleinige Erklärung suchen: „Die Preise waren schon vor dem Ausbruch gestiegen und sind in den letzten Monaten auch wieder gesunken.“ Dass aber mit dem Kriegsgeschehen in Europa ein weiterer Unsicherheitsfaktor hinzukommt, erleichtere wirtschaftliche Entscheidungen natürlich nicht. „Die Situation ist für europäische Industriebetriebe ohnehin äußerst schwierig und kompliziert.“

Ein Problem für Europa

Das Produktionsspektrum der Genossenschaft Stubai reicht von Stahl- und Aluschmieden über Härtungsverfahren, CNC-Bearbeitungssysteme, Pulverbeschichtungen bis hin zur professionellen Kunststoffspritzerei. „Wir produzieren Industrieteile, fertige Baugruppen, Handwerkzeuge für Bau, Spenglerei, Holzverarbeitung, Schnitz- und Drechselwerkzeuge sowie Schneidwaren, Absturzsicherungen und Bergsportartikel, und sind dafür weltbekannt“, erklärt Alexander Durda, der seit 31 Jahren im Unternehmen tätig ist, unter anderem als Vorstandassistenz, mittlerweile als Geschäftsführer in einer der beiden Tochterfirmen, der Stubai ZMV, die für Marketing und Vertrieb zuständig ist.

Dafür braucht es Energie und Strom – dass man auf internationalem Markt bei steigenden Preisen langsam den Boden unter den Füßen verliert, stellt für die gesamte Stubaier Genossenschaft ein Problem dar: „Unsere Produkte finden ihre Endanwendung zu 60 Prozent außerhalb Europas“, erklärt Dummer, „mittelfristig verlieren wir so Auftragsvolumen an außereuropäische Mitbewerber.“

Suche nach Erleichterung

In den letzten zwei Jahren sei es dennoch gelungen, die Preisschwankungen sowohl am Material- als auch am Energiesektor einigermaßen zu steuern. Die Genossenschaft Stubai konnte ihre Produktionskapazität trotz der Schwierigkeiten erweitern und den Output steigern. Der Vorstand und die beiden Geschäftsführer ziehen dennoch eine verheerende Bilanz und sehen nicht nur die Industrie, sondern das gesamte Wirtschaftssystem gefährdet: „Nicht politische, sondern wirtschaftliche Entscheidungen müssen nun getroffen werden, damit das System an sich nicht scheitert“, sind sich alle drei einig. Die Lage wird laut ihnen weiter eskalieren, und die Unternehmen selbst können nur gegensteuern.

Viel Unsicherheit herrsche daher bei den Entscheidungsträgern, meint der Geschäftsführer der Tiroler Industriellenvereinigung. Darin sieht er die Erklärung, dass Interviewanfragen in den meisten Fällen bei der Nennung des Themas „Strompreise“ höflich, aber bestimmt abgelehnt wurden. „Statements, die man heute abgibt, können in zwei Wochen bereits naiv wirken. Das Risiko, blöd dazustehen, möchte verständlicherweise fast niemand eingehen.“

Ohnehin hätten die Unternehmen genug damit zu tun, das Problem an sich einigermaßen in den Griff zu bekommen – denn eine Musterlösung gibt es dabei einfach nicht und als Interessenvertreter tue man nicht gut daran, so zu tun, als wüsste man die Lösung. „Ob man sich an einen Fixpreis bindet oder eher am Spotmarkt kurzfristig Strom einkauft, muss jeder Betrieb selbst entscheiden.“

Muttergesellschaft

Genossenschaft Stubai hait ingesamt 17 Betriebe. Zwei davon sind Stubai ZMV – Zentrale für Marketing/Vertrieb und

Stubai KSHB

  • ist eine Gesenkschmiede und verarbeitet über 12.000 Tonnen Stahl im Jahr.
  • Dabei verbraucht sie 16 Gigawattstunden Strom im Jahr.

  • Stubai-Dummer

    „Bis Ende 2022 hatten wir noch einen alten Energievertrag. Im ersten Quartal dieses Jahres kauften wir am Spotmarkt zu und für das restliche Jahr wurde in Abstimmung mit den Hauptkunden ein Fixpreis angesetzt.“ Ernst Dummer, Geschäftsführer Stubai KSHB

  • Stubai-Durda

    „Nicht politische, sondern wirtschaftliche Entscheidungen müssen nun getroffen werden, damit das System an sich nicht scheitert.“ Alexander Durda, Geschäftsführer Stubai ZMV

  • Stubai-Hortnagl

    "Die Lage, mit der wir derzeit konfrontiert sind, hätte vor fünf Jahren niemand für möglich gehalten." Johann Hörtnagl, Vorstandsobmann der Genossenschaft Stubai

  • Eugen-Stark-Industrie

    „Der Stromtransport ist beispielsweise bis zu einem gewissen Grad gar nicht möglich, weil es keine Transportkapazitäten gibt.“ Eugen Stark, Geschäftsführer Industriellenvereinigung Tirol

  • TopTirolStubai30

    Ein Teil der Bewältigungsstrategie ist, den Strom nachhaltig selbst zu produzieren – nicht nur die Genossenschaft Stubai setzt darauf.

  • TopTirolStubai20

    Hohe Strom- und Energiepreise treffen vor allem Betriebe, die energieintensiv arbeiten müssen.

04. April 2023 | AutorIn: Haris Kovacevic | Foto: Gerhard Berger

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