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Generationswechsel im Hause Wedl

Seit fast einem Jahr assistiert Lorenz Wedl seinem Vater in der Geschäftsführung.

Generationswechsel im Hause Wedl

Seit fast einem Jahr assistiert Lorenz Wedl seinem Vater in der Geschäftsführung.

Seit knapp einem Jahr assistiert Lorenz Wedl KR Leopold Wedl in der Geschäftsleitung. Bald wird er komplett das Ruder übernehmen. top.tirol hat Vater und Sohn zum Interview getroffen.

Herr Wedl, Digitalisierung und der Online-Handel stellen eine große Herausforderung für den Handel dar. Wie gehen Sie damit um?

Lorenz Wedl: Wir haben bereits vor fünf Jahren begonnen, darauf zu reagieren. Wedl ist im Bereich der Digitalisierung deshalb bereits gut aufgestellt. Wir machen derzeit schon 25 Prozent Umsatz mit unserem Online-Shop. Zudem sind wir stetig dabei, unseren Online-Shop auszubauen und zu verbessern. Nächstes Jahr wird es einen Relaunch des Online-Shops geben. Unser klares Ziel ist es, in den kommenden zwei bis drei Jahren 50 Prozent unseres Zustellumsatzes über den Online-Shop zu generieren. Und das schaffen wir auch. 

Wir sind nun auch erstmalig im Social-Media-Bereich tätig, um unseren Kunden Informationen über das Unternehmen sowie unsere Produkte 24 Stunden am Tag anbieten zu können, und damit einfach eine Nähe zu unseren Kunden zu haben. Und wir haben auch unsere Website relauncht. Das ist sehr gut angekommen. Die Besuche auf der Website sind seitdem stetig steigend. 

Verändert sich mit dem digitalen Wandel auch der stationäre Handel?

Lorenz Wedl: Man sieht schon einen klaren Trend Richtung Zustellung. Der stationäre Handel stagniert eher. Man darf den stationären Handel aber nicht außer Acht lassen. Es gibt viele Köche, die die Ware sehen und nicht auf das Einkaufserlebnis verzichten wollen. Hier sind wir stets bemüht, den Kunden ein Erlebnis anzubieten. Das geschieht durch Wein- oder sonstige Produktverkostungen, durch schöne Warenpräsentation und vieles mehr.

Leopold Wedl: Einfache Waren wie etwa Teigwaren oder Reis werden immer mehr über den Web-shop generiert. Aber Dinge, die man ansehen will, wie Obst, Gemüse, Trüffel oder andere Spezialitäten und Frischwaren, sehen sich die Küchenchefs gerne persönlich an. Sie kommen am Vormittag ins C+C und mittags steht es bereits in der besten Qualität auf der Menükarte. Die Ware sehen und verkosten zu können, wird noch lange aufgrund des Erlebnisses und der Nähe zum Produkt über das C+C gehen.

Lorenz Wedl: Ich glaube, mittelfristig wird Multichanneldenken wichtig sein: Dass die Leute sich online informieren, aber trotzdem noch im stationären Handel kaufen. Dass man etwa vorbestellt und die Sachen nur noch abholt oder sie zugestellt werden. Das ist alles denkbar. Aber der stationäre Handel wird nicht verschwinden. Auch wenn wir bereits zwei Drittel des Handels mit dem Zustellbereich machen.

Wird die Präsentation der Produkte im stationären Handel, Stichwort Handel als Erlebnis, wichtiger für den stationären Handel, um sich gegen den Online-Handel durchzusetzen?

Leopold Wedl: Das ist richtig. Wenn Sie in unser C+C schauen, dann werden Sie einen deutlichen Unterschied zu vor ein paar Jahren sehen, in Richtung Erlebnis beim Einkaufen. Ich glaube schon, dass es im Spezialitätenbereich wichtig ist, sich gegenüber dem Online-Handel zu profilieren, sonst ist man am Abstellgleis. Wir wollen beide Dinge erfüllen und sind sicher, am richtigen Weg zu sein. Und wir haben mit unseren Profikunden wieder eine Umsatzsteigerung von vier bis fünf Prozent. Das zeigt, dass wir gut mit dem Trend mitkommen. 

Können Sie Befürchtungen, wonach vor allem im Handel Arbeitsplätze durch die Digitalisierung bedroht sind, entkräften?

Lorenz Wedl: Ich sehe nicht, dass durch die Digitalisierung massiv Arbeitsplätze verloren gehen werden. Es gibt immer noch einen starken Fokus auf Beratung und Dienstleistung. Das kann nur der menschliche Kontakt herstellen. 

Sie haben angekündigt, die Wedl Handels-GmbH in rund zwei Jahren an Ihren Sohn übergeben zu wollen. Fällt die Übergabe angesichts der Umwälzungen im Handel schwerer oder ist es womöglich sogar der richtige Zeitpunkt, die jüngere Generation ans Ruder zu lassen?

Leopold Wedl: Was die Digitalisierung anbelangt, ist ein 20-Jähriger einem 70-Jährigen überlegen, das ist klar. Der Fahrplan steht. Beim Wedl-Handel, der von den 550 Mio. Euro Umsatz den größten Part ausmacht, wäre mein Wunsch, nach der intensiven Einarbeitung von Lorenz, noch ein oder zwei weitere Personen teils aus der Verwandtschaft mit an Bord zu holen. Es gibt ja zum Beispiel Logistik und Finanzen, Einkauf, Marketing und den Vertrieb. Viele Bereiche, in denen mein Sohn mit seinen Fähigkeiten ein Spezialist sein wird. 

Mein Sohn hat nach sehr gutem Abschluss im Masterstudium in Deutschland bei einschlägigen Firmen Praktika gemacht. Etwa bei der Firma Globus in der Neuentwicklung von Supermärkten. Das war eine sehr gute Erfahrung. Ebenso bei Alnatura, die einen Trend bedient und einen ganz eigenen Führungsstil hat. Seit einem Jahr ist er nun bei mir und ich freue mich schon, wenn er gewisse Dinge übernehmen wird. Es gibt bei unseren 30 Firmen, die wir haben, genug zu tun. Fad wird mir auch danach sicher nicht sein. 

Welches sind die größten Herausforderungen für Sie als Übergeber bei der Übergabe des Unternehmens?

Leopold Wedl: Ich sehe keine Schwierigkeiten. Wenn er eine gute Idee hat, kann er sie ja jetzt schon durchsetzen. 

Lorenz Wedl: Ich bin froh, dass ich schon jetzt gewisse Freiräume habe. Ich darf auch Fehler machen. Daraus lernt man. Ich kann mich selbst entfalten und selbst einarbeiten. Ich muss natürlich in riesige Fußstapfen treten. Deshalb ist mir die Zusammenarbeit mit meinem Vater wichtig, weil ich von ihm sehr viel lernen kann. Mein Verantwortungsbereich wird step-by-step ausgeweitet und darüber bin ich froh.

Wie gehen Sie als Übernehmer mit diesen sehr großen Fußstapfen um, in die Sie ja erst hineinwachsen müssen?

Lorenz Wedl: Ich habe das immer schon als große Chance gesehen, habe diesen Weg ja auch mit dem Besuch der Handelsakademie eingeschlagen. Am Anfang habe ich mich schon gefragt, ob das der richtige Weg für mich ist. Aber mit jedem Jahr, in dem ich in das Geschäft hineingewachsen bin, habe ich bemerkt, dass ich das Lebenswerk von meinem Vater und unseren Vorfahren fortführen will. Es macht riesigen Spaß, mit meinem Vater zu arbeiten.

Wurde das Wirtschaften schwieriger für die Übernehmergeneration?

Leopold Wedl: Was mich stört, ist, dass vor allem in den letzten drei Jahren immer neue Gesetze herausgekommen sind, die nur Geld gekostet haben. Teilweise von der EU – ich muss sagen, ich bin ein euphorischer EU-Befürworter – aber teilweise wurde es übertrieben. Aber auch nationalstaatliche Dinge. Wenn neben dem harten Wettbewerb enorme Dinge kommen, wie der vorgeschriebene Betriebsarzt, das Energieeffizienzgesetz, die Kennzeichnungspflicht etc., wird das positive Wirtschaften schwierig. Alles, was wirtschaftlich sinnvoll ist, macht man ja gerne, aber vieles ist einfach nur erschwerend und mit enormen Kosten verbunden. In Tirol sind wir etwa durch den Brenner Basistunnel gestraft. Wir Tiroler haben als Einzige täglich diese erhöhte Autobahnmaut zu zahlen, für uns ist das eine Erschwernis und Ungerechtigkeit gegenüber jenen, die das nicht haben. Dazu kommt die Topografie in Tirol. Die Lieferkosten sind bei uns höher als im Flachland. Hier nimmt die Politik zu wenig Rücksicht.

Lorenz Wedl: Dazu kommen die bürokratischen Hürden, die unsere Kunden betreffen und damit indirekt uns. Seien es Nährwertangaben, Allergenverordnung oder die Mehrwertsteuererhöhung im Tourismus. Hier sind bei Letzterem unter anderem die Nachbarländer begünstigt. 

Leopold Wedl: Das sind ungleiche Wettbewerbsverhältnisse. Hier muss man die Politiker aufrufen, standortbezogener und wirtschaftlicher zu denken. Wir haben eine exorbitante Steuerbelastung. Wir arbeiten bis zu zehn Monate für den Staat und nur die letzten zwei Monate gehören einem selbst.

Wedl ist insbesondere mit Kaffee in zahlreichen Märkten der Welt aktiv. Ist eine weitere Expansion zu erwarten?

Leopold Wedl: Denkbar ist, dass wir unser Franchise-System mit den Testa-Rossa-caffébars auf die USA ausweiten, in Kufstein wird zudem bald eine weitere eröffnet. Es wird eine ganz moderne neue Linie, die einen frischeren Auftritt hat, mit modernen Möbeln. Es wird eine Mischung aus Bar und Markt, wo man frische italienische Produkte kaufen und verkosten kann und einen guten Wein oder Kaffee trinken kann. Nach und nach sollen dann alle Testa-Rossa-caffébars auf das neue System umgestellt werden und den Zunamen Enzo bekommen. Kaffee ist ein Herzstück unseres Unternehmens. Im Kaffee-Geschäft erwarten wir uns, dass bezüglich Russland Erleichterungen kommen. Russland ist unser größtes Kaffee-Exportland. Allerdings, wegen des Embargos und der Rubelschwäche, weit hinter den Vorstellungen, die wir mit unseren Partnern gehabt haben. Wir wollen in der ganzen Welt zulegen. In Italien haben wir im Export Zuwachsraten von 20 bis 30 Prozent. Die Firma dort entwickelt sich ausgezeichnet. Wir beliefern von dort die ganze Welt, von China bis Australien. Zudem wollen wir im kommenden Jahr unser C+C in Berchtesgaden völlig umbauen und auf den neuesten Stand bringen. In zwei Jahren wollen wir in Saalfelden einen ganz großen neuen Betrieb bauen, der ein gemischtes C+C- und Zustelllager sein wird, ungefähr in der Größe wie in Innsbruck. Noch Ende dieses Jahres ist dafür die Bauverhandlung. Umgesetzt wird es Ende 2018 oder Anfang 2019.

Lorenz Wedl: Mittelfristig wollen wir weiße Flecken in Österreich abdecken. 

Wie gut sehen Sie die Tiroler Wirtschaft und den heimischen Handel auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet?

Leopold Wedl: Ich habe mit Freuden vernommen, dass Österreich sich aus Sicht der Manager weltweit vom 19. auf den 8. Platz verbessert hat. Tirol steht zudem besser da als die restliche österreichische Wirtschaft. Ich glaube, dass wir, wenn wir tüchtig und bescheiden sind, einer guten Zukunft entgegenblicken können. Wir leben in einer paradiesischen Gegend. Ich möchte nicht in Ländern leben, wo man vielleicht steuerlich günstiger dran ist, aber nur in einer Enklave leben kann, weil man Angst um Leib und Leben haben muss. Wir sind auch zwischen Bayern und Südtirol gut eingebettet. Ich will nirgendwo anders leben.

Das Handelshaus Wedl: 

1904 gründete Leopold Wedl I. in Hall in Tirol ein Kolonialwarengeschäft und legte damit den Grundstein für das Lebensmittelhandelsunternehmen. In den 20er Jahren begann Leopold Wedl II. mit der Großhandelstätigkeit. 

Nach seinem Tod im Jahr 1965 übernahm Leopold Wedl III. mit 25 Jahren die Führung des Familienunternehmens und baute es zusammen mit Wilhelm Hofmann zur heutigen Größe aus.

 Im Jänner 2016 ist Lorenz Wedl als Assistenz seines Vaters, inzwischen Kommerzialrat, ins Unternehmen eingetreten. Zum Unternehmen zählen 30 Firmen, darunter eine italienische Kaffeerösterei und die 1999 entstandene internationale Franchisekette „Testa Rossa caffèbar“. 

Im letzten Jahr zählte das Handelsunternehmen 1.288 Beschäftigte im In- und Ausland und erwirtschaftete einen Konzernumsatz von 532 Millionen Euro.  

31. Januar 2017 | AutorIn: Stefan Eckerrieder | Foto: Emanuel Kaser

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